Handball gilt als ehrlicher, dynamischer und emotionaler Sport. Die Sportart ist körperbetont, aber vor allem fair soll es dabei zugehen. Teamgeist und ein respektvoller Umgang miteinander stehen an erster Stelle. Dies ist nun auch wieder in den auf allen Ebenen in die Saison gestarteten Handball-Ligen zu erleben. Ob das Image des Handballs zu den Motiven und Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen passt, untersuchen nun die Deutsche Sporthochschule Köln und die Pädagogische Hochschule Weingarten in einem gemeinsamen Forschungsprojekt, das in Kooperation mit dem Deutschen Handballbund aufgesetzt wurde.
„Mit den Maßnahmen der Mitgliederentwicklung verfolgen wir das Ziel, Kinder und Jugendliche für den Handballsport zu begeistern. Um hierbei Erfolg zu haben, muss sich unsere Arbeit an deren Bedürfnissen und Motiven ausrichten. Das Forschungsprojekt hat das Potenzial aufzuzeigen, an welchen Stellen wir besser – also zielgruppenspezifischer – handeln können.“, sagt Martin Goepfert, DHB-Vorstand Mitglieder des Deutschen Handballbundes.
Mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche spielen in Deutschland Handball im Verein. Trotzdem beobachtet der DHB insgesamt in den letzten Jahren einen Rückgang bei den jungen Mitgliedern. Warum fühlen sich möglicherweise weniger Kinder und Jugendliche durch den Handballsport angesprochen? Antworten auf diese Frage suchen Univ.-Prof. Dr. Jens Kleinert und Dr. Martin Boss vom Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln in Kooperation mit Prof. Dr. Stefan König von der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Die Forscher gehen davon aus, dass das Bild, das sich Kinder und Jugendliche vom Handball machen, nicht zu ihren Bewegungs- und Sportmotiven passt. Diese fehlende Motiv-Image-Passung sei die Grundlage für fehlendes Interesse.
Bis März 2026 werden die beiden Hochschulen sowohl Interviews mit Kindern und Jugendlichen führen als auch schriftliche Befragungen umsetzen. Dabei will die Forschungsgruppe auch Unterschiede finden, zum Beispiel abhängig vom Alter und Geschlecht. „Wir gehen davon aus, dass sich sowohl Mädchen und Jungen als auch Kinder und Jugendliche unterscheiden, nämlich vor allem darin, wie Image und Motive ausgeprägt sind, aber auch darin, wie das Image entsteht“, beschreibt Prof. Jens Kleinert eine der Thesen. Neugierig sind die Forscher vor allem darauf zu erfahren, wie soziale Medien zur Entwicklung des Handballimages beitragen und welchen Einfluss Bezugsgruppen wie Gleichaltrige bzw. Peer Groups oder Familie haben.
Das Forschungsprojekt, das vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft mit einer Gesamtsumme von 179.000 Euro gefördert wird, wurde in enger Kooperation mit dem Deutschen Handballbund vorbereitet. Der DHB wird außerdem den Zugang zu den Vereinen erleichtern; auch ehemalige Handballspieler*innen werden befragt, ebenso Personen, die nie Handball gespielt haben. „Uns ist wichtig, gerade auch die Wahrnehmung und die Einstellungen derjenigen Kinder und Jugendlichen zu erfassen, die mit dem Handballspielen bislang nichts zu tun hatten. Denn gerade diese Gruppe ist für den DHB als zukünftige Mitglieder interessant“, erklärt Prof. Stefan König von der PH Weingarten.
Entscheidend ist für die Forschungsgruppe der Transfer der eigenen Erkenntnisse. Daher wollen die Wissenschaftler auch Handlungsempfehlungen für den DHB entwickeln, in denen Strategien und konkrete Maßnahmen zur Motivation von Kindern und Jugendlichen dargestellt werden. Solche Motivationsstrategien sollen sowohl geeignete Kanäle und Bezugsgruppen berücksichtigen als auch konkrete Inhalte beschreiben, die näher am Fühlen, Denken und Leben von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet sind.