„Es läuft, weil die Pferde neben mir viel Platz schaffen“: Matthias Stocker, Spielmacher der HSG Konstanz, im Interview
„Es läuft, weil die Pferde neben mir viel Platz schaffen“: Matthias Stocker, Spielmacher der HSG Konstanz, im Interview
Zwei Spiele, zehn Tore, dazu noch einmal vier im DHB-Pokal in Coburg. Matthias Stocker zeigt sich in der noch jungen Saison 2015/16 von seiner besten Seite – und ist im Moment zweitbester HSG-Torschütze. Dabei ist er nur 1,78 Meter groß und eigentlich für die Spieleröffnung und die feinen Pässe zuständig. Auch das gelingt ihm in Perfektion. Sowohl im ersten Spiel in Teningen (6 Tore), als auch im spektakulären Heimspiel gegen Haßloch (4 Tore) glänzte er mit sehenswerten Anspielen. Und beide Male setzte er den grandiosen Schlusspunkt unter zwei sehr erfolgreiche Auftritte der HSG Konstanz, die nun von der Tabellenspitze der 3. Liga Süd grüßt. Ganz locker aus dem Handgelenk leitete er jeweils einen perfekten Kempa-Trick ein. Die HSG-Fans standen zweimal Kopf.
Der kleinste auf dem Spielfeld trumpft gerade ganz groß auf, nachdem der 27-jährige Mittelmann schon schwere Wochen hinter sich hat. Schon einmal war er in Konstanz unter Vertrag, kam allerdings aufgrund großen Verletzungspechs nur auf zwei Einsätze in der Saison 2011/12. Zuvor, in einer phänomenalen Saison mit 135 Toren in 21 Spielen für die Bundesligareserve des HBW Balingen-Weilstetten II – also gut 6,5 Toren pro Partie – lag er auf dem fünften Platz des Gesamt-Torschützenklassements der 3. Liga. Doch dann schlug das Verletzungspech gnadenlos zu. Was folgte, waren Operationen an Knie und Sprunggelenk. Und anschließend sogar einige Wochen im Rollstuhl und die Ungewissheit, ob er jemals wieder wird Handball spielen können. Bei seinem Heimatverein HSG Rietheim-Weilheim kämpfte er sich mit viel Geduld und Schweiß, unbändigem Willen und einem großen Ziel – der Rückkehr in den Leistungssport – zurück.
Nun scheint er stärker als je zuvor. Mit HSG-Pressesprecher Andreas Joas unterhielt der gebürtige Spaichinger sich über seine starke Form, den furiosen Saisonstart und das „unglaubliche Programm“ der HSG Konstanz in den nächsten Wochen.
Es läuft: zehn Tore plus viele herrliche Anspiele, dazu lobte dich Cheftrainer Daniel Eblen unlängst für eine „überragende Leistung“.
(lacht) Ja, es läuft wirklich. Ich bin endlich verletzungsfrei und fühle mich körperlich wieder sehr gut. Das hilft und gibt mir ein gutes Gefühl – genauso wie die Unterstützung, die mir das Team gibt. Gerade die Pferde Mathias Riedel und Michael Oehler neben mir haben viel Platz für mich geschaffen. Für mich war eigentlich das gute Spiel in Coburg so etwas wie der Türöffner, wo ich gesehen habe, dass es bei mir wieder gut laufen kann. Ich genieße das gerade sehr, denn man weiß nie, was morgen passiert.
38:24-Kantersieg zuletzt gegen Haßloch, Traumstart mit 4:0 Punkten und 67:47 Toren, dazu Tabellenführer der 3. Liga Süd. Was sind die Gründe für das abgebrannte Handball-Feuerwerk voller Spielwitz, Tempo und Einsatz?
Gegen Haßloch haben wir ein richtig geiles Spiel abgeliefert. Anfangs hat uns die schnelle Mitte noch ein paar Probleme bereitet, obwohl wir selbst einen guten Angriff gespielt haben. Als wir in der Abwehr langsam besseren Zugriff auf unsere Gegenspieler bekommen haben, ist es klar für uns gelaufen. Es war entscheidend, dass wir gegen alle Deckungsvarianten der Haßlocher immer eine Lösung gefunden haben. 23 Tore in der ersten Halbzeit sind sicher auch ein deutliches Zeichen für unsere starke Offensivleistung. Die Breite im Kader hat es uns erlaubt, über die komplette Spielzeit richtig Gas zu geben.
In der zweiten Hälfte waren sogar die Chancen dazu da, noch höher zu gewinnen. Ist es menschlich, dass man in so einer Situation dennoch etwas Tempo herausnimmt?
Wir hatten uns in der Pause schon vorgenommen, die Konzentration hochzuhalten. Jeder Sportler weiß aber auch, dass es angesichts einer derartigen Ausgangslage sehr schwierig ist, die Konsequenz bis zum Ende durchzuhalten. Wir hatten auch unsere kurze Auszeit und haben etwas leichtsinnig ein paar Chancen liegen gelassen. Man darf aber nicht vergessen, dass wir auch Hälfte zwei mit vier Toren für uns entschieden haben. Das muss man in dieser Art und Weise erst einmal hinbekommen.
Ihr habt die Zuschauer in der „Schänzle-Hölle“ formlich von den Sitzen gerissen. Hast du mit diesem begeisternden Auftakt gerechnet?
Das ist natürlich ein Start nach Maß, der natürlich besonders Spaß macht, wenn man sich ansieht, wie wir die beiden Siege erspielt haben. Wir haben in den nächsten Wochen allerdings ein unglaubliches Programm vor uns. Wir müssen sehen, dass wir weiter solche Leistungen abrufen, dann können wir jedes Team schlagen. Sollte uns das dann dennoch nicht gelingen, dann war der Gegner einfach besser, das muss man dann auch akzeptieren. Das Wichtigste ist aber, Konstanz in unsere Leistungen reinzubringen und diese Form zu konservieren.
Du hast es angedeutet. Die Aufgaben in einer starken, ausgeglichenen 3. Liga werden nicht einfacher. Die nächsten Gegner heißen Nußloch, Kornwestheim und Heilbronn. Der aktuelle Vizemeister, das beste Rückrundenteam der letzten Spielzeit und ein Team, das weit vorne erwartet wird…
Die deutliche Niederlage für Nußloch im letzten Spiel nach zwei Erfolgen zum Saisonstart macht die Sache für uns sicher nicht einfacher. Die werden richtig heiß auf Wiedergutmachung sein und mit dem Messer zwischen den Zähnen auflaufen. Wir sind in fremder Halle sicher der Außenseiter, wenn auch nicht der komplette. Wir wissen alle, was wir können und müssen uns so anstellen wie zuletzt und versuchen, so etwas wie in den beiden letzten Partien herauszuhauen.
Ich habe gehört, nach Erfolgen wirst du – ganz abergläubisch – auf ein festes Ritual zurückgreifen, damit es so erfolgreich für euch weitergeht. Was steht also am Samstag an?
Immer wenn wir gewonnen haben, esse ich am nächsten Spieltag das Gleiche zu Mittag wie in der vorherigen Woche. (lacht) Und bis jetzt habe ich damit ja auch alles richtig gemacht.
Fragen: Andreas Joas