„Die Stimmung ist das Wichtigste“: Rekordnationalspielerin Grit Jurack über Frauenhandball und die WM 2017
„Die Stimmung ist das Wichtigste“: Rekordnationalspielerin Grit Jurack über Frauenhandball und die WM 2017
Das DHB-Frauenforum 2014 stand unter dem Motto „Auf den Weg zur WM 2017“. Anwesend in Kassel war auch die deutsche Rekordnationalspielerin Grit Jurack, die von Bernhard Bauer zur Botschafterin für die WM 2017 ernannt wurde. „Es wäre fatal, wenn wir eine Persönlichkeit wie Grit Jurack nicht zum Wohle des Handballs einsetzen würden“, kommentierte der DHB-Präsident diese Entscheidung.
Im Interview am Rande des Frauenforums sprach Jurack über den Stellenwert und die unterschiedliche Wahrnehmung des Frauenhandballs in Deutschland und Dänemark und verriet, wie für sie eine gelungene WM 2017 aussähe.
Frau Jurack, als Sie 2001 nach Dänemark gingen, waren Sie mit diesem Schritt ins Ausland eine Pionierin im weiblichen Bereich. Dänemark war damals schon viel professioneller aufgestellt. Was können wir von Dänemark – die 2015 die Frauen-WM ausrichten und 2019 unser Partnerland bei der Männer-WM sind – lernen?
Das besondere an Dänemark ist, dass der Frauenhandball dort einen ganz anderen Stellenwert hat als in Deutschland. Von den 40 Spielen, die wir zum Beispiel mit Viborg zur Champions-League-Zeiten in einer Saison hatten, wurden 25 im Fernsehen übertragen. Wir waren bekannt und deshalb war es für die Sponsoren einfacher, sich für eine Unterstützung zu entscheiden.
Wie hat der Frauenhandball in Dänemark so groß werden können? In Deutschland gelingt es ja trotz des guten Abschneidens der Nationalmannschaft nicht.
Nach dem ersten Olympiasieg 1996 sind die Medien eingesprungen und haben den Frauenhandball gepusht. Da war es einfacher, so groß zu werden. In Ikast haben wir zweimal am Tag trainiert; es hat riesigen Spaß gemacht, dass man das Hobby dort zum Beruf machen konnte. Da die Medien einfach Lust haben, Frauenhandball zu zeigen, weiß dort jeder, was Handball ist. Deshalb gehört Dänemark mit seinen gerade einmal fünf Millionen Einwohnern seit Jahren zur Weltspitze – weil dort einfach jeder Handball spielt.
Warum ist es Ihrer Meinung nach in Deutschland so schwer, den Frauenhandball ins Licht der breiten Öffentlichkeit zu rücken?
Der Unterschied in der Wahrnehmung ist einfach sehr groß. Man muss es einfach schaffen, dass unsere Nationalmannschaft und unsere Sportart positiv kolportiert werden. Es war häufig so, dass Leute zu einem Länderspiel von uns gekommen sind und dann gesagt haben: Mensch, das ist ja schöner als Männerhandball. Genau da offenbart sich aber das Problem: Du musst die Leute erstmal in die Hallen kriegen, denn man kann nicht immer nur Freikarten verschenken. Das entscheidende ist: Wenn man Erfolg hat, geht es los. In Norwegen können die Handballerinnen nicht auf die Straße gehen, ohne Autogramme zu schreiben, in Dänemark wird jede Nationalspielerin von vor zwanzig Jahren erkannt – das ist unglaublich. Wir waren ja schon einmal nahe dran, sind 2007 Dritter geworden – aber das reicht nicht, um im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine Chance zu haben.
2017 richtet Deutschland die Frauen-WM aus, das war auch Thema beim Frauenforum, wo Sie an diesem Wochenende zu Gast waren. Die letzte Frauen-WM in Deutschland fand vor zwanzig Jahren statt: 1997 waren Sie als Spielerin dabei. Wie sind Ihre Erinnerungen daran?
Als erstes verbindet man natürlich diesen furchtbaren Anschlag damit, zwei Dänen wurden von einem besoffenen Deutschen abgestochen. Sportlich gesehen war es aber schon cool, in Berlin in der Max-Schmeling-Halle zu spielen. Auf die junge Spielerin, die ich damals war, hat das Eindruck gemacht.
Wenn Sie sich zum Abschluss vorstellen, wir wären schon im Jahr 2017 – wie sieht für Sie die gelungene Frauen-WM aus?
Abgesehen davon, dass wir Gold gewonnen haben? (lacht) Nein, im Ernst: Als wir damals in Frankreich Bronze gewonnen haben, war es für mich immer das schönste, dass die Hallen voll waren. Das ist für die Spielerinnen einfach ein gutes Gefühl. Da ist es dir als Spielerin dann auch egal, ob im Hotel am Spielort zwei oder drei Handtücher im Zimmer hängen oder ob man in den fünften Stock hochsteigen muss – die Stimmung ist das Wichtigste.