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EM-Bilanz von Henk Groener

08.01.2019

Mit etwas Abstand: Wie fällt Ihr EM-Fazit aus?
Henk Groener: Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden. Wir haben gegen Norwegen überrascht, stark gegen Spanien gespielt, gegen Rumänien und die Niederlande waren wir noch entfernt, gegen Tschechien haben wir einen deutlichen Rückstand umgebogen. Mit einem Sieg gegen Ungarn hätten wir dem Turnier noch mehr Glanz verleihen können, aber gerade diese Niederlage war unserer Unerfahrenheit geschuldet. Am Ende sollte es eben nicht mehr sein. Dieses Spiel passt auch ins Bild der Mannschaft, die ihr erstes großes Turnier spielte. Es war für alle Seiten, inklusive des neuen Trainerstabs, eine wichtige Erfahrung zu sehen, wie es gemeinsam funktioniert. Generell bin ich auch damit zufrieden, aber wir alle hätten gern noch mehr rausgeholt – dem stand aber die Niederlage gegen Ungarn entgegen. Somit war die EM eine wichtige Standortbestimmung, wir wissen, woran wir arbeiten müssen. Was für mich wichtig war: Wir haben viel gewechselt, deswegen waren wir im Vergleich zu anderen Mannschaften nicht so ausgepowert und verletzungsanfällig.

Ist die Weltspitze noch enger zusammengerückt?
Henk Groener: Die EM zeigte ein dichtes, sehr homogenes Feld. Unser Sieg gegen Norwegen hat dem Turnier eine ganz andere Dynamik gegeben, denn in der Hauptrunde spielte Norwegen anders auf. Hätten sie gegen uns gewonnen, wären sie mit Sicherheit ins Halbfinale eingezogen. So aber hatten die vier Halbfinalisten den Einzug in die Vorschlussrunde verdient, es waren die besten Mannschaften. Rumänien hatte eine Glanzleistung gegen Norwegen, danach haben sie mit und ohne Cristina Neagu nicht mehr so überzeugen können. Russland hat ein ganz starkes Turnier gespielt, und wenn im Endspiel der Olympiasieger auf den Weltmeister trifft, ist das ja auch sehr ordentlich. Wir sind mit Blick auf die Weltspitze zwar noch etwas entfernt, aber wir sind auf dem richtigen Weg, um mit diesen Spitzenmannschaften bald mithalten zu können.

Wie weit sind Sie mit Ihrer EM-Analyse schon?
Henk Groener: Wir sind mitten in der intensiven Analyse. Man muss alle Teile zusammen betrachten: Abwehr, Angriff, Tempospiel und Rückzugsverhalten. Man kann sich nur entwickeln, wenn man sich auf allen Ebenen entwickelt. Dazu gehören auch die mentale und emotionale Stärke, da müssen wir auch noch stabiler werden. Wenn man sich zum Beispiel die Niederlande oder Frankreich anschaut, die spielen seit Jahren zusammen, da müssen wir hinkommen, denn Erfahrung ist entscheidend.

In Sachen Atmosphäre und Teamgeist sah es aber fürs erste Turnier schon gut aus, oder?
Henk Groener: Die Mannschaft hat gerade für ihr Auftreten, aber auch ihre Spielweise, viele positive Rückmeldungen von den Gegnern bekommen. „Da kommt noch was in der Zukunft“, haben wir oft gehört. Und zudem haben wir schon bei unseren Heimspielen gegen Spanien, die Türkei, Polen und zweimal gegen Russland die Leute begeistern können. Das wollen wir noch ausbauen, einfach gesagt, ist unser Ziel, besseren Handball zu spielen, dann kommen die Erfolge von ganz allein.

Wann und wie werden Sie mit den Spielerinnen die EM-Analyse besprechen?
Henk Groener: Die Spielerinnen bekommen bald per Mail erst einmal eine Analyse, aber auch einige Fragen, wo sie ihre Rückmeldungen eintragen sollen. Im Februar haben wir wieder Regionallehrgänge, da werden wir die EM ebenfalls aufarbeiten. Und dann geht es schon mit der Vorbereitung auf die WM-Play-offs gegen Kroatien los. Wir haben die Kroatinnen ja bei der EM beobachtet, werden uns intensiv mit ihnen befassen – denn unser nächstes Ziel ist ganz klar bei der Weltmeisterschaft dabei zu sein. Bis dahin werden wir sehen, ob es Veränderungen im Kader gibt oder ob wir die Vorbereitung mit den gleichen Spielerinnen beginnen.

Zum Abschluss noch ein Wort zur All-Star-Nominierung von Alicia Stolle…
Henk Groener: Gratulation! Alicia kann sehr froh und stolz darüber sein. Sie hat sich gut präsentiert bei der EM, aber sie hat noch eine große Entwicklung vor sich.

Quelle: MP