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20190104_Beppler Interview

07.01.2019

Sie waren im Sommer mit den DHB-Auswahlen bei insgesamt drei Nachwuchsturnieren. Wie fällt Ihre jeweilige Bilanz aus?
Jochen Beppler: Die weibliche U20 hatte bei der WM in Ungarn in einer dichten Vorrundengruppe einige knappe Niederlagen kassiert. Die fehlende Konstanz stand einer besseren Platzierung als Rang 13 im Weg. Die Kader-Nominierung von Henk Groener für die Frauen-Länderspiele gegen Russland im Oktober hat jedoch gezeigt, dass es in diesem Team einige Talente mit Perspektive gibt. Die männliche U20 hatte im Vorfeld der EM in Slowenien unglaublich viel zu kompensieren gehabt. Sie hat während der EM eine hervorragende Mannschaftsleistung hingelegt, da war wirklich das Team der Star, denn in jeder Partie haben andere Spieler die Führungsrolle übernommen, dadurch waren wir nur schwer auszurechnen. So kam mit der Bronzemedaille erneut ein überragendes Ergebnis heraus. Gleiches gilt auch für die weibliche U18, die in Polen WM-Fünfter wurde. Sie hat ihre starke Vorstellung von der mit Gold gekrönten EM 2017 bestätigen können. Die Viertelfinalniederlage gegen Korea, als zwei Sekunden zum Halbfinaleinzug fehlten, war natürlich ganz bitter. 2017 waren sie europäische Spitze, bei diesem Turnier waren drei europäische Mannschaften und die Koreanerinnen stärker als wir, das zeigt, wie stark in diesen Jahrgängen die Entwicklung geht. Unter anderem Julia Weise und Maxi Mühlner haben ihr tolles Potenzial für die Zukunft unter Beweis gestellt. Die männliche U18 hat bei der EM in Kroatien eine sehr souveräne Vorrunde hingelegt, dann aber in der Hauptrunde gegen die beiden späteren Finalisten Schweden und Island verloren. Beide Teams wären schlagbar gewesen, so aber verpasste die Mannschaft das Ziel Halbfinale. Zudem hat die männliche B-Jugend zwei Vergleiche mit Frankreich gewonnen, das waren sehr gute Spiele.

Wenn man alle vier Turniere zusammennimmt, hat als einzige Nation nur Ungarn zwei Medaillen gewonnen. Ist die Spitze auch im Nachwuchs breiter geworden?
Jochen Beppler: Definitiv sind die europäische und die Weltspitze immer breiter geworden. Es zeigt aber auch die unterschiedlichen Entwicklungsschübe der Nationen. Schaut man sich zum Beispiel die dänischen Junioren an, die sind von Bronze im Vorjahr auf Rang 12 abgerutscht.

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang eine möglichst frühe Zentralisierung der Mannschaften, wie es andere europäische Nationen praktizieren?
Jochen Beppler: Frankreich, Ungarn und die Niederlande haben diese Nachwuchszentren und sind damit sehr erfolgreich. Ungarn und die Niederlande zunächst nur für den weiblichen Nachwuchs und nun auch für die Jungs. Wir beobachten diese Strukturen natürlich genau. Wir als DHB müssen nicht zwangsläufig alles zentralisieren, aber entsprechende Strukturen sind hilfreich für die Leistungsentwicklung der Spielerinnen und Spieler und ihre Entwicklung. Dazu zählen bei uns zum Beispiel der Elitekader, die um zahlreiche Spielerinnen aufgestockte Sportfördergruppe der Bundeswehr in Warendorf oder unser neues Modell der Spezialisten-Lehrgänge. 

Was muss man darunter verstehen?
Jochen Beppler: Wir hatten im Frühherbst erstmals einen Torhüterlehrgang, mit Jungs und Mädels aus allen Altersstufen unserer Nachwuchs-Nationalmannschaften. Dort konnten wir ganz gezielt fördern und trainieren. So etwas ist sicherlich nicht für alle Positionen möglich und muss auch nicht zwangsläufig immer männliche und weibliche Auswahlspieler beinhalten. Aber man könnte zum Beispiel entsprechende Spieler von den Junioren, der A-Jugend und einen U17-Nationalspieler gemeinsam individuell und mannschaftsübergreifend schulen. Es geht ja immer auch um die Spielphilosophie. 2019 ist zudem geplant, einen Lehrgang mit dem kompletten Elitekader - männlich und weiblich -durchzuführen. Dazu werden auch beide A-Bundestrainer kommen. Das alles zeigt, dass wir dem Trend anderer Nationen zu mehr Zentralisierung auf unsere Art begegnen. Die Resonanz auf den Torwartlehrgang war zum Beispiel sehr gut, darauf können wir aufbauen.

Welche weiteren Konsequenzen zieht der DHB in seiner Talentförderung aus den Analysen der vergangenen Nachwuchs-Turniere?
Jochen Beppler: Ein ganz wichtiges Standbein ist unter anderem das Athletikkonzept, das bis Februar komplett überarbeitet wird. Darin sind in unterschiedlichsten Stufen die nötigen Kompetenzen für alle Leistungsniveaus und für viele verschiedene Übungen genau aufgelistet und aufgegliedert. Grundsätzlich gibt es die gleichen Inhalte für alle, von der Bezirksliga bis zur Jugend-Nationalmannschaft, aber eben in unterschiedlicher Progression und Intensität.

Intensität ist ein wichtiges Stichwort. Was macht der DHB künftig, um für mehr Wettkampfhärte bei den Spielerinnen und Spielern im Nachwuchsbereich zu sorgen?
Jochen Beppler: Wir wollen künftig noch häufiger gegen die Besten testen. So kommt es zum Beispiel am 13./14. November in Berlin zu zusätzlichen Testspielen der Jugend-Nationalmannschaft gegen Spanien. Die Juniorinnen werden zu Testspielen nach Ungarn reisen, im Gegenzug werden wir beim internationalen Jugendturnier in Lübeck auch ein Turnier für weibliche Nationalmannschaften anbieten. Wir haben die Turniere im Sommer dazu genutzt, unsere Kontakte nach Ungarn und Dänemark zu intensivieren. Vor allem in solchen Spielen werden unsere Entwicklungspotenziale aufgezeigt, wir vergleichen uns mit starken Gegnern und wir können zudem von anderen lernen. Aber gerade im männlichen Bereich sind zusätzliche Maßnahmen gar nicht so einfach mit den unterschiedlichen Spielplänen in Einklang zu bringen.

In diesem Sommer wechselten zwei DHB-Nachwuchs-Nationalspieler, Jannek Klein und Juri Knorr, zum FC Barcelona. Wie stehen Sie zu solchen Wechseln ins Ausland?
Jochen Beppler: Es ist etwas Besonderes, das hatten wir in Deutschland noch nicht so oft. Auch wenn Barcelona natürlich weiter weg ist, werden wir eine enge Verbindung zu beiden und ihren Trainer halten. Wolfgang Sommerfeld wird noch in diesem Jahr nach Barcelona reisen, um sie zu treffen und zu beobachten. Für die Spieler ist ein solcher Wechsel natürlich eine unglaublich wichtige Erfahrung, die sie über den Handball hinaus weiterbringen wird. Ein solcher Schritt beweist ja auch, dass beide den Weg in den Leistungssport eingeschlagen haben. Das Beispiel zeigt zudem, dass im Handball immer mehr international gescoutet und rekrutiert wird.

International geht es auch beim IHF/DHB-Trainersymposium zu, dass im Vorfeld der Männer-WM in München stattfindet. Was ist das Ziel dieser Veranstaltung?
Jochen Beppler: Das Motto „developing great handball players all over the world“ hat sowohl den Fokus, Spieler weiterzuentwickeln, aber eben auch einen übergreifenden, weltweiten Ansatz. Uns liegen beispielsweise schon sehr viele Anmeldungen von Trainer aus Asien vor. Es geht darum, einen Beitrag zu leisten, Handball zu einem global erfolgreichen Sport zu entwickeln und dazu muss man eben überall Spieler erfolgreich ausbilden. Als Referenten haben wir unter anderem Xavi Pascual vom FC Barcelona oder Dagur Sigurdsson gewinnen können. Wir werden zudem den deutschen und den dänischen Weg der Nachwuchsförderung aufzeigen. Für uns als DHB geht es natürlich auch darum, uns in der internationalen Handballfamilie zu positionieren und für unsere Sportart auch in diesem Bereich Verantwortung zu übernehmen.

Quelle: BP