Gegen den Gastgeber um Gold
Die deutsche U19-Nationalmannschaft bei der Nationalhymne. - Foto: Kolektiff Images
21.08.2021 U18/19m

Gegen den Gastgeber um Gold

Bei der U19-Europameisterschaft will die DHB-Auswahl am Sonntag gegen Kroatien Revanche für die Finalniederlage beim EYOF 2019 nehmen - Kromer: „Unglaublicher Teamgeist“

Sonntag, 17 Uhr, Showdown in Varazdin: Die deutsche U19 trifft im Finale der Europameisterschaft auf Gastgeber Kroatien. Gold oder Silber - das ist die Frage für die Mannschaft des Trainerduos Martin Heuberger und Klaus-Dieter Petersen. Dreimal - 2004, 2006 und zuletzt 2014 - hat eine deutsche U20-Nationalmannschaft EM-Gold gewonnen, 2016 gab es Silber 2018 Bronze. Blickt man auf die U18 gab 2008 und 2014 Gold, 2018 Bronze. Eine U19-EM gab es noch nie - und ist den corona-bedingten Absagen der Nachwuchsturniere im Jahr 2020 (Europameisterschaften für den männlichen Bereich) und 2021 (Weltmeisterschaften) geschuldet. Kurzfristig hatte die EHF gemeinsam mit dem kroatischen Verband das Turnier ausgerichtet, um den europäischen Mannschaften die Chance auf ein Turnier zu geben.

Nun also im Finale! Die DHB-Auswahl zog als einziges ungeschlagenes Turnierteam ins Endspiel ein, hat fünf der sechs bisherigen Partien gewonnen, unter anderem das 26:23 am letzten Hauptrundenspieltag gegen Kroatien (die einzige Niederlage für den Gastgeber), daneben gab es ein Remis in der Vorrunde gegen Dänemark. Am Freitagabend setzte sich die deutsche Mannschaft in einem wahren Krimi mit 31:30 gegen Spanien im Halbfinale durch, die Kroaten gewannen das zweite Halbfinale mit 26:22 gegen Slowenien.

Die letzte Goldmedaille im männlichen Nachwuchsbereich gewannen Spieler wie Paul Drux und Fabian Wiede bei der U20-EM 2014, nun haben Renars Uscins, Tim Freihöfer oder David Späth die Chance auf den nächsten Titel für den DHB. Tim Freihöfer, der gegen Spanien das goldene Tor zum 31:30 im Halbfinale Sekunden vor Schluss per Siebenmeter erzielt hatte, hatte am Samstag schon einmal Grund zum Feiern: die Mannschaft überreichte ihm beim Frühstück den Kuchen zum 19. Geburtstag.

„Wie Tim den Siebenmeter reinmacht, war erstaunlich cool, das zeigte die große Erfahrung, die er schon hat, er war absolut stressresistent“, lobte Bundestrainer Heuberger den Berliner - und der muss gegen Kroatien ganz besonders auf die Zähne beißen: Denn Freihöfer setzte die lange Liste von Verletzungen fort und zog sich im Halbfinale einen Riss der Fingerstrecksehne an der Wurfhand zu. Wie im Rest des Halbfinales wird er am Sonntag mit Tape spielen. „Bei einem solchen Spiel kann man die Schmerzen vergessen“, sagt Heuberger, der ein ganz einfaches Ziel für Sonntag formuliert hat: „Wir wollen ungeschlagen wieder abreisen.“

Dass dies gegen die Gastgeber - und dann auch erstmals gegen Zuschauer - nicht einfach wird, weiß der Bundestrainer: „Das ist eine Riesenaufgabe für die Jungs, aber Zuschauer sind nach so langer Zeit leerer Hallen hoffentlich ein Ansporn für sie. Wir müssen die Kräfte dosieren, sind auf alle taktischen Varianten unseres Gegners vorbereitet“, sagt Heuberger.

„Die Mannschaft wird sicher nicht den Fehler machen und im Kopf haben, dass sie gegen die Kroaten in der Hauptrunde gewonnen haben. Das Finale wird ein ganz anderes Spiel“, weiß auch Axel Kromer. Der Sportvorstand des DHB und frühere Co-Trainer der Junioren- und A-Nationalmannschaft ist insgesamt beeindruckt von den Auftritten der U19: „Trotz der vielen widrigen Umstände wie den Verletzungen von Fynn Nicolaus und Niclas Heitkamp oder einigen Absagen im Vorfeld zeigt diese Mannschaft einen unglaublichen Teamgeist. Diese abgezockte Spielweise und die hohe Passqualität sind unglaublich. Die Mannschaft wird ins Finale gehen, um alles zu geben, und wirkt auch mental sehr stabil.“

Das sieht Jochen Beppler, der Chef-Nachwuchs-Bundestrainer des DHB, der am Sonntag beim Finale vor Ort sein wird, ähnlich. Er kennt viele Spieler von deren ersten großen Turnier, dem EYOF 2019 in Baku (Aserbaidschan). „Die Konstellation damals war ähnlich, wir hatten zahlreiche Verletzungen, aber die Jungs sind ihren Weg gegangen, haben einen unglaublichen Zusammenhalt und Teamgeist entwickelt und mit einer unglaublichen Begeisterung gespielt. Sie haben allen Widrigkeiten getrotzt und sind ins Finale eingezogen“, erinnert sich Beppler. Dort war just Kroatien der Gegner, und trotz neun Toren des heutigen Geburtstagskinds Tim Freihöfer verlor die deutsche Mannschaft unglücklich mit 28:29. „Das ist ein ganz besonderer Jahrgang, dessen Entwicklung sicher noch nicht vorbei ist, gerade mit Blick auf die Heim-Weltmeisterschaft der Junioren im Jahr 2023“, sieht Beppler eine tolle Zukunft für diese Mannschaft.

Zunächst aber wollen sie diese Goldmedaille gewinnen. Die Vorbereitung ist nicht groß anders als auf die vorherigen Spiele: Nach einer Besprechung und Physiobehandlung steht am Samstag ein leichtes Training auf dem Programm, danach folgt ein Spaziergang um an der frischen Luft die Köpfe freizubekommen, abends rundet die Taktikbesprechung die Vorbereitung ab. „Wir haben Respekt vor Kroatien, aber sie haben auch Respekt vor uns. Wir gehen davon aus, dass sie ihre klassische 6:0-Abwehr spielen, aber auch für offensivere Varianten haben wir die personellen Alternativen. Unsere Jungs werden mit Spaß ins Finale gehen.“

Die bisherigen Medaillen des DHB-Nachwuchses: 

U18-Europameisterschaften: Gold 2008, 2012, Silber 2003, Bronze 2016

U19-Weltmeisterschaften: Silber 2019, Bronze 2013

U20-Europameisterschaften: Gold 2004, 2006, 2014, Silber 2008, 2016, Bronze 2018

U21-Weltmeisterschaften: Gold 2009, 2011, Silber 1983, 2007, Bronze 2015

(BP)

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