Durch starke Aufholjagd noch einen Punkt erobert
Durch starke Aufholjagd noch einen Punkt erobert
Irres Handballspiel in der Östringer Stadthalle: Der HC Oppenweiler/Backnang lag beim Tabellenzweiten Rhein-Neckar Löwen II schon mit sieben Toren hinten, holte mit einem famosen Schlussspurt zum 31:31 aber noch einen Punkt, an den nach 45 Minuten wohl keiner mehr geglaubt hatte. Im Abstiegskampf war der Zähler wichtig, denn auch die Konkurrenz hat gepunktet. Der HCOB verbleibt auf Tabellenplatz 13, knapp über dem Strich.
Nach einer Dreiviertelstunde hätte wohl keiner auch noch einen Pfifferling auf die Gäste gesetzt. Zu dominant war der Nachwuchs des Deutschen Meisters bis dahin aufgetreten, zu viele Missgeschicke waren den Gästen aus dem Murrtal passiert. Die Abwehr fand keinen rechten Zugriff gegen die individuell starken Werfer der Rhein-Neckar Löwen. Im Angriff taten sich die HCOB-Handballer ohne Tobias Hold (Grippe) schwer, scheiterten zu oft am guten Keeper Lukas Bauer, der unter anderem zwei Siebenmeter von Benjamin Röhrle abwehrte.
Der HCOB geriet zu Beginn mit 1:5 ins Hintertreffen, hatte bis dahin schon drei Pfostentreffer zu verzeichnen. Dann wurde es ein wenig besser, trotzdem wuchs der Rückstand auf 5:11 an. Kämpferisch waren die Gäste auf der Höhe, sie vermieden zumindest ein weiteres Anwachsen des Rückstandes, kamen vor der Pause auch ein wenig besser in die Partie. Tom Kuhnle erzielte wichtige Tore, dann sorgte Chris Hellerich 20 Sekunden vor der Sirene für das 16:12. Allerdings folgte der nächste Nackenschlag umgehend: Ruben Sigle bekam seine dritte Zeitstrafe, für ihn war das Spiel beendet.
Nach dem Seitenwechsel wurde es auch nicht markant besser. Die Murrtaler hatten Torchancen, ließen aber zu viel liegen. Die Junglöwen waren zielstrebiger, setzten sich wieder ab. Sie führten in der 44. Minute mit sieben Toren (25:18) und waren auch kurz darauf, als HCOB-Trainer Matthias Heineke zur Auszeit bat, souverän mit 26:20 vorne. Die Gäste stellten deshalb die Abwehr um, wollten die Junglöwen durch eine offensivere Abwehr zu mehr Fehlern zwingen.
Diese Taktik ging auf. Die Hausherren leisteten sich Ballverluste, der HCOB konterte. Die Einheimischen setzten deshalb – wie im Hinspiel – auf den siebten Feldspieler, um die Abwehr nach hinten zu drücken, doch die Abwehrspieler des HC Oppenweiler/Backnang provozierten weitere technische Fehler bei den Gastgebern. Kevin Wolf warf zweimal hintereinander aus der eigenen Hälfte ins verwaiste Tor der Heimmannschaft, es stand nur noch 24:26 – auch psychologisch hatten die Murrtaler nun Oberwasser. Sie legten nach, erzielten auch ein fünftes und sechstes Tor in Serie, beim 26:26 war wieder alles offen.
Die Begegnung war längst aufregend und dramatisch. Die Rhein-Neckar Löwen II legten dreimal vor, der HCOB glich durch gutes Zusammenspiel mit Kreisläufer Philipp Schöbinger umgehend aus. Dann hätten die Gastgeber wieder mit zwei Toren in Führung gehen können, doch die Schiedsrichter pfiffen einen Siebenmeter von Tim Ganz ab, er war abgesprungen. Zurecht, aber zuvor war die gleiche Wurfausführung vier Mal akzeptiert wurden. Kein Wunder, dass die Hektik zunahm.
Fast schon Wirrwarr herrschte, als das Kampfgericht sehr ungeschickt bei einem freien Torwurf von Kevin Wolf ins Spiel hupte, um im Zusammenhang mit dem Nicht-Siebenmetertor etwas mit den Schiedsrichtern zu besprechen. Die HCOB-Handballer waren sauer, weil Wolfs Treffer nicht zählte. Die Einheimischen waren wenig erfreut, dass die Schiedsrichter nach der Regel nun einen Siebenmeter aussprechen mussten. Philipp Maurer nutzte ihn zum 29:29.
Derselbe Spieler sorgte kurz darauf, ebenfalls per Siebenmeter, sogar für die erste Gästeführung. Flügelspieler Ganz glich, nun unstrittig, zum 30:30 aus. Auf der Gegenseite setzte sich Kevin Wolf durch, 31:30 für den HCOB. Die Einheimischen rannten an, scheiterten aber dreimal an Sven Grathwohl im Tor der Gäste. Der HCOB hatte die Chance zur Zwei-Tore-Führung, fand aber keine Lücke. David Szilagyi musste es in Zeitspielnot aus der Distanz probieren, der Wurf ging drüber. So kamen die Rhein-Neckar Löwen kurz vor dem Ende zur erneuten Ausgleichschance. Wieder Siebenmeter, wieder Tim Ganz, wieder die gleiche Wurfausführung – doch dieses Mal gaben die Schiedsrichter den Treffer. Es war das 31:31, und dabei blieb es. Aus HCOB-Sicht angesichts des Sieben-Tore-Rückstandes schlussendlich eine erfreuliche Punkteteilung, auch wenn es ganz am Ende sogar zwei Zähler hätten sein können.
Rhein-Neckar Löwen II: Pascal Boudgoust, Lucas Bauer (Tor), Martin Schmiedt, Patrick Zweigner, Luca Braun (4), Lukas Wichmann, Luca Schmidt, Sebastian Trost (1), Lars Röller (3), Mattes Meyer, Pascal Kirchenbauer (7), Tim Ganz (9/5), Rico Keller (4), Maximilian Kessler (3). – Trainer: André Bechtold und Michel Abt.
HC Oppenweiler/Backnang: Thomas Fink, Sven Grathwohl (Tor), Florian Schöbinger (3), Benjamin Röhrle, Ruben Sigle (2), David Szilagyi (1), Chris Hellerich (3), Kevin Wolf (5), Philipp Schöbinger (3), Tom Kuhnle (6), Florian Frank, Philipp Maurer (7/5), Felix Raff, Lukas Köder (1). – Trainer: Matthias Heineke.
Schiedsrichter: Gleb Sakovski (Velbert) und Christian Schneider (Wuppertal).
Zuschauer: 400.
Siebenmeter: 5/7 : 5/7 (Ganz scheiterten an Fink und springt beim Wurf ab – Röhrle scheitert zweimal an Bauer).
Zeitstrafen: 6:12 Minuten (Röller/zweimal, Trainer Bechtold – Sigle/dreimal, Wolf, F. Schöbinger, Kuhnle).
Disqualifikationen: Sigle (30./dritte Hinausstellung).
Spielverlauf: 5:1, 11:5, 14:8, 16:12 – 22:15, 26:20, 26:26, 29:30, 31:31.
„Wir sind volles Risiko gegangen“ - Systemumstellung nach 45 Minuten erweist sich als erfolgsbringend
Die Handballspiele des HC Oppenweiler/Backnang sind seit Wochen an Dramatik nicht zu überbieten. Das 31:31 bei den Rhein-Neckar Löwen II reihte sich nahtlos an die nervenaufreibenden Spiele gegen Pfullingen und Horkheim an.
Trainer Matthias Heineke sagte nach dem Match: „Wir waren zwischendurch sieben Tore hinten, da ist ein Unentschieden am Ende natürlich überragend.“ Bei seiner Spielanalyse trennte er die Partie in zwei Phasen: „Wir sind mit den ersten 45 Minuten überhaupt nicht zufrieden. Wir haben in der Abwehr keinen Zugriff gefunden und sind nicht ins Tempospiel gelaufen. Bis dahin lief alles für die Rhein-Neckar Löwen. Wir sind dann volles Risiko gegangen und unsere offene Abwehr hat gefruchtet. Man hat dann auch gemerkt, wie unser Gegner verunsichert wurde. In dieser Phase haben wir es dann auch im Angriff super gelöst.“ Ganz am Schluss blieb die klassische Frage, ob er die Punkteteilung denn als akzeptabel empfand. Heinekes Antwort: „Wenn ich die letzten zwei Minuten anschaue, wäre vielleicht sogar mehr möglich gewesen, allerdings empfinde ich den Ausgang aufgrund der ersten 45 Minuten doch als gerecht.“
Michel Abt, der Trainer der Rhein-Neckar Löwen II, ärgerte sich nach Spielende über den zu einem durchaus spielausgangsrelevanten Zeitpunkt – nämlich wenige Minuten vor dem Ende – zurückgepfiffenen Siebenmeter von Tim Ganz: „Ich frag mich natürlich schon, warum ein Spieler, wenn er mehrfach den Siebenmeter gleich wirft, nicht schon den ersten abgepfiffen bekommt, warum dann kurz vor Schluss.“ Natürlich ärgerte sich Abt über das aus der Hand gegebenen Spiel, aber er sagte auch: „Trotzdem bin ich stolz auf meine Mannschaft, wir haben einen Punkt.“ Was ihn an diesem Tag auch freuen durfte: Mit Rico Keller mischte einer seiner Spieler am Nachmittag ziemlich ausgiebig im Champions-League-Spiel des Profiteams gegen HBC Nantes mit.
Der HCOB verteidigte durch den Punkt in Östringen den 13. Platz. Während die beiden Abstiegskonkurrenten TuS 04 Dansenberg und TV Neuhausen/Erms siegten, unterlagen der TV Hochdorf und die SG Köndringen/Teningen – unterm Strich bleibt vor allem die Erkenntnis, dass das Rennen um den Ligaverbleib extrem spannend ist und bleibt. Für den HCOB steht am kommenden Samstag (20 Uhr, Gemeindehalle) der Vergleich mit der SG Köndringen/Teningen auf dem Programm, also mit einem unmittelbaren Rivalen.