Der letzte Schritt: Frankreichs Altstars greifen nach dem WM-Titel
Der letzte Schritt: Frankreichs Altstars greifen nach dem WM-Titel
Nikola Karabatic holte sich erst ein dickes Küsschen von Freundin Geraldine ab, dann drückte der Handball-Superstar seinen kleinen Sohn Alek ganz fest an sich. Um ihn herum: Ausnahmezustand in Blau-Weiß-Rot.
„Wir spielen in einer unglaublichen Atmosphäre und haben das Gefühl, es passiert etwas Großartiges”, sagte Karabatic nach dem Einzug Frankreichs ins Finale der Weltmeisterschaft: „Wir bringen 200 Prozent auf dem Spielfeld, um etwas zurückzugeben.”
Nur noch einen Schritt ist der große Favorit nach dem souveränen 31:25 (15:12)-Sieg im Halbfinale gegen Slowenien vom ganz großen Coup im eigenen Wohnzimmer entfernt. Der sechste Titel am Sonntag (17.30 Uhr/handball.dkb.de) gegen Norwegen wäre für „Les Experts” ein ganz besonderer: Der goldene Schlusspunkt einer Generation von Ausnahmenkönnern, zu denen auch die früheren Bundesliga-Spieler Thierry Omeyer und Daniel Narcisse gehören.
Frankreich geht mit größtmöglichem Selbstvertrauen und der Power einer ganzen Nation im Rücken in das letzte Duell auf der Mission Gold. „Es ist wirklich etwas Außergewöhnliches, die WM in Frankreich zu spielen”, sagte Luc Abalo: „Ich spiele seit zwölf Jahren für unser Team, und so etwas habe ich noch nicht erlebt.” Das Finale werden mehr als 15.000 Fans in der Halle in Paris und rund zehn Millionen Zuschauer vor den TV-Geräten verfolgen. Eine angemessene Bühne für den Abschied einiger Topstars.
Mit dem Ende des Heim-Turniers wird mit einer Flut von Rücktritten gerechnet, viele Stars der Franzosen sind in die Jahre gekommen. Keeper Omeyer, der seit mehr als 17 Jahren das französische Tor hütet und auch bei der WM starke Leistungen zeigte, zählt inzwischen 40 Lenze. Für den langjährigen Kieler geht es um den fünften Triumph bei Weltmeisterschaften - noch nie hat er ein WM-Finale verloren.
Rückraumspieler Narcisse ist 37 Jahre alt, auch Karabatic (32) hat wie Luc Abalo (32) und Michael Guigou (34) die 30 längst überschritten. Mit all diesen Ausnahmekönnern dominiert Frankreich seit vielen Jahren das Geschehen im Welt-Handball, 26 Goldmedaillen sind im aktuellen Kader vereint. Seit 2006 gewann die Équipe drei WM-Titel, drei Europameisterschaften und zweimal Gold bei Olympia. Die Silbermedaille von Rio ist in der Reihe der Erfolge fast als Ausrutscher zu werten.
Karabatic, Narcisse und Omeyer sind noch immer absolute Leader im Team - und doch hat sich ihre Rolle verändert. Mit Spielern wie Nedim Remili (21), Valentin Porte (26) und Flensburgs Kentin Mahé (25) ist die nächste Generation von Weltklasse-Profis herangereift. Im Halbfinale stand Vincent Gerard (30) anstelle von Omeyer im Tor. Und wurde anschließend als bester Spieler des Matches ausgezeichnet.
„Die Rotation hat uns ermöglicht, auch spät im Turnier noch frisch zu sein”, stellte Trainer Didier Dinart nach dem Halbfinale zufrieden fest: „Jetzt müssen wir uns erholen.” Denn am Sonntag zählt für Frankreich nur ein Sieg.