Martina Hafner: „Gemeinsame Basis, um als Team erfolgreich in der Jugendarbeit zu sein“
Martina Hafner: „Gemeinsame Basis, um als Team erfolgreich in der Jugendarbeit zu sein“
Bereits Anfang des Jahres hat die HSG Konstanz eine neue Jugendgeschäftsstelle eröffnet. Martina Hafner, 42-jährige langjährige Jugendtrainerin und Organisatorin der HSG-Jugendcamps, hat die Leitung übernommen. Sie stammt aus Lindau und wohnt seit 1997 in Konstanz. Seitdem ist sie Mitglied des TV Konstanz. 2008 hat sie dabei als Trainerin der F-Jugend begonnen und bis 2012 dieselbe Mannschaft über die E- bis in die D-Jugend begleitet. Seit 2012 trainiert sie wieder die F-Jugend der HSG Konstanz. Überdies ist sie nunmehr seit drei Jahren stellvertretende Leiterin der Handballabteilung des TV Konstanz. HSG-Pressesprecher Andreas Joas unterhielt sich mit Martina Hafner über das Konzept und die Aufgaben der neuen Jugendgeschäftsstelle sowie die allgemeine Jugendarbeit und die Herausforderungen in diesem Bereich.
Sie haben sich bereit erklärt, die neu geschaffene Jugendgeschäftsstelle zu leiten. Was sind die Aufgaben, die die neue Geschäftsstelle übernehmen soll?
Hafner: Die Jugendgeschäftsstelle wurde eingerichtet, um sowohl intern als auch extern eine zentrale Anlaufstelle für alle Belange der Jugend zu besitzen. Intern bin ich Kontaktperson für unsere weiblichen und männlichen Jugendspieler, Koordinatorin für unsere Jugendtrainer, die Jugendmannschaften sowie für alle Helfer rund um unser Jugendtraining und unsere Jugendevents. Zudem bin ich für die Planung und Organisation unserer Jugendveranstaltungen wie Bezirksspiele und -spieltage, Turniere, Camps und die von der Stadt neu ins Leben gerufene verlässliche Ferienbetreuung zuständig. Dazu kommt noch die Kooperation mit den Schulen. Extern bin ich Ansprechpartnerin für interessierte Familien in allen Fragen rund um den Jugendhandball und den Verein. Ich kümmere mich um die Pressearbeit im Jugendbereich und bewerbe unsere eben erwähnten Jugendevents. Für die anderen Handballvereine im Bezirk bin ich im Jugendbereich die Ansprechpartnerin. Auch Sonderaufgaben, wie zum Beispiel die Organisation von Ersatzsportlehrern bei Lehrermangel, wie zuletzt in der Wallgutschule, übernehme ich.
Können Sie bitte das neue, hinter der Schaffung der neuen Stelle stehende Konzept erläutern, was möchte die HSG Konstanz erreichen?
Hafner: Wenn jeder allein vor sich hinarbeitet, kann zwar punktuell Gutes zustande kommen, aber so wie Handball ein Mannschaftssport ist, so braucht auch das Umfeld um diesen wunderbaren Sport eine gemeinsame Basis, um als Team in der Jugendarbeit erfolgreich zu sein. Die Jugendgeschäftsstelle koordiniert die verschiedenen Bereiche und Ansprechpartner innerhalb der Jugendarbeit, fördert und unterstützt diese Teamarbeit auch außerhalb des Spielfeldes. Die Jugendgeschäftsstelle ist somit eine zentrale Anlaufstelle innerhalb des Vereins und für die Öffentlichkeit. Hier laufen die Informationen zusammen, hier werden Aufgaben erledigt, die der einzelne Trainer oder Betreuer nicht auch noch leisten kann. Jeder weiß, dass er sich an die Jugendgeschäftsstelle wenden kann.
Was sind die Probleme, die zum Entschluss geführt haben, dass eine eigene Geschäftsstelle für den Jugendbereich geschaffen werden sollte?
Hafner: Zeit! Wer schon einmal im Verein tätig war, der weiß, was dort alles an Arbeit anfällt und wie wenig man doch als Einzelner schaffen kann. Kontakte zu Schulen, zu Eltern, zur Öffentlichkeit: All das sind sehr zeitintensive Aufgaben, die man nicht mal eben nebenher erledigen kann. Wer die Jugend gezielt fördern möchte, der braucht Zeit für sie. Unser Anliegen ist es, dass sich die Trainer voll und ganz auf das Training und die Ausbildung der Spieler konzentrieren können. Die Arbeit mit und für Kinder und Jugendliche ist eine große Aufgabe, nicht nur im Sport, und unser Ziel sind glückliche junge Menschen, die wir in der Sportart ihrer Wahl, nämlich dem Handballsport, bestmöglich und ihren Fähigkeiten entsprechend fördern wollen. Somit hält die Jugendgeschäftsstelle u.a. den Trainern den Rücken frei und übernimmt die anfallenden Verwaltungs- und Organisationsaufgaben, die im Verein und auf Bezirksebene sowie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit anfallen.
Angesichts des viel zitierten demographischen Wandels und der schier unbegrenzten Möglichkeiten zur Beschäftigung und Unterhaltung für die Kinder und Jugendlichen: Wie kann man als Sportverein im Kampf um Nachwuchssportler noch gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz punkten?
Hafner: Auch hier sehe ich weniger ein Konkurrenz-, eher schlicht ein Zeitproblem. Selbstverständlich möchten alle Freizeitanbieter Kinder und Jugendliche für sich gewinnen. Den Jugendlichen bleibt aber neben der Schule wenig freie Zeit und in der sollen oder wollen sie Musikunterricht, Ikebana-Kurse, freiwillige Feuerwehr und drei Sportarten unterbringen – überspitzt formuliert. Dann wollen sie noch auf Facebook präsent sein, fernsehen und sich mit Freunden treffen. Ja, nur wann das alles? Meine Erfahrung zeigt, dass man Gemeinschaft und Freundschaft gerade im Verein wunderbar erleben kann – und beim Handball auch noch verbunden mit gesunder körperlicher Betätigung. Wenn der junge Mensch dann dabei auch noch einer Leidenschaft nachgehen kann, dann sind wichtige Eckpfeiler der Persönlichkeitsentwicklung gut abgedeckt. Somit appelliere ich einfach an alle, Handball einmal auszuprobieren und diese Sportart zu entdecken. Wer es versucht hat, bleibt meist viele Jahre dabei. Somit verstehe ich unsere Werbung um den Handballsport nicht als Kampf, sondern als ein Angebot etwas auszuprobieren und selbst zu entscheiden, ob es zu einem passt. Unsere Aufgabe ist es, den Kindern und Jugendlichen genau dieses Angebot zu machen.
Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang den Trend zu Ganztagsschulen? Führt dieser nicht dazu, dass die Zeit für außerschulische Aktivitäten wie eine Vereinsmitgliedschaft nicht noch knapper wird?
Hafner: Eine meiner Aufgaben ist es, die Kooperation mit den Schulen voranzutreiben und so den Handballsport in den Schulalltag zu integrieren. Ich bin mit vielen Schulen in Konstanz in Kontakt und bin dort erfreulicherweise nur auf offene Ohren gestoßen. Auch die Schulen freuen sich über unser Bewegungsangebot, das die Kinder und Jugendlichen während eines langen, ansonsten im Sitzen verbrachten Schultages gerne annehmen. Nicht immer ist es jedoch möglich, eine Kooperation durchzuführen - was allerdings leider auch an der problematischen Hallensituation in Konstanz liegt.
Zurück zur HSG Konstanz, wie ist es hier um den Nachwuchs bestellt, d.h. wie viele Kinder und Jugendliche betreut die HSG Konstanz insgesamt und wie ist das sportliche Niveau in den Mannschaften?
Hafner: Von der F- bis zur A-Jugend, also bei den sechs bis 18-Jährigen, betreuen wir ca. 200 Spielerinnen und Spieler. Das sind meist zwischen 15 bis 18 Mannschaften pro Saison. In den unteren Jahrgängen, speziell in der E- und D-Jugend konnten wir in den letzten Jahren immer wieder Teams von der Kreisklasse in die Bezirksklasse aufsteigen sehen. Die männliche C-Jugend wird auch in diesem Jahr wieder in der Südbadenliga spielen. Die B-Jugend hat die Qualifikation für die Baden-Württemberg-Oberliga leider verpasst, die A-Jugend jedoch hat es in diesem Jahr zum zweiten Mal in die Jugendbundesliga geschafft. Ich denke, wir können daher von einer sehr erfolgreichen Jugendarbeit sprechen, was nicht zuletzt einer konsequenten Jugendförderung mit Leistungsorientierung und einer sehr guten Ausbildung unserer Trainer geschuldet ist.
Wie gelingt es der HSG – entgegen dem allgemeinen Trend – so viele Kinder und Jugendliche für den Handballsport zu begeistern?
Hafner: Das geht nur über Präsenz, über Öffentlichkeitsarbeit, die bereits in den Grundschulen beginnt. Die HSG hat ihren Platz im Stadtbild, sie engagiert sich, sie hilft bei öffentlichen Events, sie ist Ansprechpartner in vielen Belangen. Konstanz hat dabei den großen Vorteil, eine sehr erfolgreiche erste Herrenmannschaft zu haben, die weit über die Region hinaus bekannt ist. Dies macht auch die Kinder und Jugendlichen neugierig. Wer sind diese Jungs, die samstagabends in der Schänzle-Halle dem Handball in der 3. Bundesliga nachjagen? Diese Neugier wollen wir hervorkitzeln – immer wieder aufs Neue. Ich denke, dabei sind wir recht erfolgreich.
Wie sind Sie zum Handball, zur HSG und hier zu Ihrer Herzensangelegenheit, der Jugendarbeit gelangt?
Hafner: Ich bin beim TSV Lindau/Bodensee groß geworden und habe 15 Jahre Handball gespielt. Zwischendurch habe ich ausbildungsbedingt einen Abstecher nach Haunstetten/Augsburg gemacht, um am Ball zu bleiben. Mein Herzblut hängt an diesem Sport und das verdanke ich einer unvergesslichen Zeit in meiner Heimatstadt. Mit 17 Jahren habe ich als Trainerin angefangen, D- und C-Mädchen trainiert. Zur HSG kam ich 2007, als mein Sohn von einem Freund zum Handball mitgenommen wurde. Er war sofort Feuer und Flamme und ich selbst habe dadurch „meine“ Sportart nach einigen Jahren Abstinenz wiederentdeckt.
Ihr Engagement ist sicherlich nicht selbstverständlich, was sind Ihre Gründe dafür, dass Sie enorm viel Zeit und Herzblut in den Jugendbereich der HSG Konstanz investieren?
Hafner: Wie schon gesagt: Bereits mit 17 Jahren habe ich als Handballtrainerin angefangen und schon immer gerne mit Kindern, egal ob im Sport, in der Freizeit oder im Bereich der Schülernachhilfe, gearbeitet. In die Vereinsarbeit konnte ich zudem schon als Kind hineinschnuppern und mithelfen, da mein Vater sowohl als Fußballer als auch später als Präsident eines Sportkegelclubs sehr aktiv war. Natürlich ist es einfach, gerade die Sportart so intensiv zu unterstützen, die einem selbst am meisten gefällt und die man selbst erlebt hat. Ich bin der HSG dankbar dafür, dass ich mich hier einbringen und helfen kann, die Jugendarbeit zu fördern und den Verein zu unterstützen.
Was wünschen bzw. was erhoffen Sie sich für die Jugendhandballer der HSG Konstanz?
Hafner: Ich wünsche mir, dass der Handballsport in Deutschland immer eine gute Rolle spielt, dass er in der Öffentlichkeit - angefangen in den Schulen - so präsent ist, dass man darüber stolpert und diesen Sport nicht nur als Alternative, sondern als echte Konkurrenz zum unangefochtenen Hauptsport Fußball wahrnehmen kann. Um das zu erreichen, müssen wir der Jugend diesen Sport gezielt anbieten und schmackhaft machen. Wir müssen in der Öffentlichkeit präsent sein und die Leidenschaft für den Handball wecken. Für die Jugendhandballer speziell wünsche ich mir, dass sie immer Spaß an dieser Sportart haben werden und diese Zeit als einen wunderbaren Lebensabschnitt in einer Gemeinschaft erleben. Dass sie lernen, dass man gemeinsam etwas erreichen kann, aber auch gemeinsam Niederlagen einstecken und akzeptieren muss. Ich wünsche mir, dass Talente gefördert werden und Engagement und Leistungsbereitschaft belohnt werden. Aber auch, dass diese Sportart als Mannschaftssport verstanden wird, wo der Einzelne nur im Team bestehen kann.