Neuss: "Fühle mich rundum wohl" - Ivan Cosic im Interview
Neuss: "Fühle mich rundum wohl" - Ivan Cosic im Interview
Seit der Saison 2014/15 ist er fester Bestandteil des Drittliga-Teams des Neusser HV: Ivan Cosic. Der heute 29 Jahre alte Kroate wechselte dank des Kontakts zum ehemaligen NHV-Spieler Bruno Kozina aus der Neusser Partnerstadt Rijeka in den Rhein-Kreis und fühlt sich längst pudelwohl beim NHV. Handball spielt Cosic, der sich im Verein großer Beliebtheit erfreut und liebevoll Cos oder Helmut genannt wird, seitdem er 9 Jahre alt ist. Seinen ersten Profi-Vertrag erhielt er mit 17 Jahren bei seinem Heimatverein HK Zamet Rijeka, bevor er vor der ersten Drittliga-Spielzeit des NHV vom RK Buzet zum Team des damaligen Neusser Trainers René Witte stieß. Im Rahmen der neuen Rubrik „NHV-InTeam“, in der wir künftig in unregelmäßigen Abständen Spieler, Verantwortliche und Sponsoren vorstellen werden, spricht der 1,91 Meter große Rückraumspieler mit der NHV1-Redaktion unter anderem über seine „neue Heimat“, seine sportlichen Ziele und darüber, was ihn an der Berichterstattung der Presse zuletzt gestört hat.
Ivan, wie war es rückblickend damals für dich, alleine aus Kroatien ins bis dato noch fremde Deutschland nach Neuss zu kommen?
Ivan Cosic: Es hat damals schon etwas gedauert, so etwa drei Monate, bis ich mich heimisch gefühlt habe. Land, Mentalität, Menschen, Sprache, Wetter – hier ist einfach alles anders als zu Hause. Ich bin ein sehr offener und kommunikativer Mensch, da war es anfangs nicht einfach, nach dem Training in die Wohnung zu kommen und niemanden zum Reden zu haben. Aber das hat sich auch schnell geändert. Vor allem dank der Mannschaft und den anderen Menschen, die rund um den Verein tätig sind, habe ich alles schnell gebacken bekommen. Sozial und sportlich war eigentlich alles schon nach der ersten Woche super. Ob es die Jungs aus der Mannschaft, René (Witte, Anm. d. Autors), Ceven (Klatt), Rigo (Witte) oder all die anderen waren – sie haben mich mit offenen Armen empfangen. Wenn mir der Verein nicht so geholfen hätte, hätte das alles bestimmt nicht so toll funktioniert und ich würde mich heute nicht so rundum wohlfühlen. Dank des Deutsch-Kurses, den der NHV mir damals organisiert hat, konnte ich mich auch schnell verständigen. Das war wichtig. Mittlerweile habe ich hier auch privat viele Freunde gefunden. Wenn es möglich ist, möchte ich mich über dieses Gespräch auch gerne noch mal bei allen für ihre Unterstützung danken. Das ist nicht selbstverständlich und bedeutet mir viel.
Wie sehr fehlen dir hier denn deine Heimat, deine Familie und Freunde aus Kroatien?
Cosic: Natürlich fehlen mir meine Familie und Freunde von dort. Immerhin habe ich die besten Eltern der Welt (lacht). Heutzutage gibt es aber zum Glück ja Handys, soziale Netzwerke und andere Dinge – da kommt einem der Weg nach Hause nicht so weit vor und ich kann jeden Tag Kontakt nach Hause zu Familie und Freunden haben, wenn ich möchte. Was mir hier übrigens auch noch sehr fehlt, ist das Meer. Denn in Rijeka hatte ich das Meer jeden Tag in der Nähe. Das ist schon ein Unterschied.
Könntest du dir denn trotzdem vorstellen, noch länger in Neuss bzw. in Deutschland zu bleiben?
Cosic: Ich kann mir auf jeden Fall sehr gut vorstellen, auch in Zukunft in Deutschland bzw. Neuss zu bleiben. Hier habe ich neue Freunde gefunden und auch aus ökonomischer und beruflicher Sicht habe ich hier mehr Möglichkeiten als in Kroatien, wo es leider nicht so viele Optionen für jungen Menschen gibt.
…und wie sieht es mit deiner Zukunft beim NHV aus?
Cosic: Ich würde gerne auch über diese Saison hinaus in Neuss bleiben, weil ich mich hier sehr wohl fühle. Aber ich muss dazu in dieser Saison mit Leistung zeigen, dass ich auch künftig der richtige Spieler für den NHV bin. Daran arbeite ich jeden Tag.
Stichwort Arbeit: Mittlerweile hast du auch einen Job. Wie sieht derzeit ein normaler Tag in deinem Leben aus?
Cosic: Als ich zu Beginn nach Neuss gekommen bin, konnte ich noch nicht direkt arbeiten. Der NHV hat mich da zwar sehr unterstützt, aber die Ausbildungsunterlagen mussten noch für Deutschland bearbeitet werden. Das hat ein wenig gedauert. Zu der Zeit habe ich dann unter der Woche manchmal über zehn Trainingseinheiten gehabt. Mittlerweile arbeite ich als Elektromechaniker ganz normal bis 16 Uhr. Dann, wenn ich dann noch Zeit habe, fahre ich kurz nach Hause, wo ich die Tasche packe. Und dann geht’s auch schon bis abends zum Training.
Wie siehst du Deine sportliche Entwicklung in der vergangenen Spielzeit?
Cosic: Meine erste Saison hätte sicher besser laufen können. Ich hatte leider ein paar kleinere Verletzungen, aber das gehört dazu. Insgesamt bin ich mit dem ersten Jahr in einem fremden Land zufrieden. Wir wollten in der Liga bleiben und haben unser Ziel erreicht – das ist das Wichtigste. Wie lauten Deine Ziele für die laufende Saison – individuell, aber auch mit der Mannschaft? Cosic: Ich will weiter lernen und mich immer noch ein Stück weiterentwickeln – spielerisch, körperlich und mental. Ich bin ein kleiner Teil des Motors der Mannschaft und muss – genauso wie alle anderen -funktionieren, damit dieser Motor auch gut läuft. Ich will der Mannschaft helfen, wenn ich gebraucht werde, damit wir unsere Ziele noch erreichen können.
Derzeit läuft es bei Euch in der 3. Liga West ja leider nicht so ganz rund. Wie schätzt Du die Situation ein?
Cosic: Wir sind unerwartet in ein Tief geraten. Da müssen wir uns einfach gemeinsam Stück für Stück herauskämpfen. Das geht nur mit harter Arbeit, Tag für Tag. Ich bin zu 100 Prozent sicher, dass wir bald wieder erfolgreich sein werden. Denn wir sind eine sehr starke Mannschaft, wir haben im Moment „nur“ ein mentales Problem. Aber das wird bald gelöst sein.
Euer schwacher Saisonstart hat in der lokalen Presse extreme Kritik nach sich gezogen. Wie siehst du die Berichterstattung?
Cosic: Grundsätzlich ist Kritik in Ordnung, wenn sie konstruktiv und objektiv ist. Ich spiele schon sehr lange Handball, habe aber noch nie etwas über die Berichterstattung der Presse gesagt. Allerdings muss ich mittlerweile doch sagen, dass die Berichterstattung der NGZ in den vergangenen Wochen bei mir nicht so gut angekommen ist. Es ist schade, dass jemand so bewusst negativ und destruktiv schreibt – zumal wir ja auch in gewisser Weise abhängig von der Berichterstattung sind. So zum Beispiel gegenüber den Menschen, die nicht bei den Spielen und daher von der NGZ als Quelle abhängig sind. Da ist es immer schlecht, wenn bewusst ein schlechtes Bild vermittelt wird. So kommen Leute, die sich vielleicht mal unser Spiel anschauen wollen, vielleicht erst gar nicht zu den Spielen. Und das ist unglaublich schade. Vor allem, wenn man bedenkt, was für ein großes Projekt hier läuft und wie viel Mühe und Arbeit hier alle Beteiligten wie die Verantwortlichen und die Sponsoren reinstecken, um etwas Großes aufzubauen. Es scheint so, als wolle der Berichterstatter das Ganze bewusst bremsen – aus welchem Grund auch immer. Wie gesagt: Kritik ist grundsätzlich total in Ordnung, das Wie ist aber nicht immer in Ordnung. Schon in der vergangenen Saison gab es ja grundlos den einen oder anderen respektlosen, fast schon beleidigenden Artikel. Von da an wollte ich diese Zeitung eigentlich gar nicht mehr lesen…
Beeinflusst Dich diese Art der Berichterstattung in sportlicher Hinsicht?
Cosic: Mich als Sportler ärgert zwar die Art und Weise, aber es beeinflusst mich nicht. Und ich glaube, meinen Mitspielern geht es da ähnlich.
Wie kam der NGZ-Kommentar vom 12. Oktober bei dir an, in dem Du indirekt als „Importware“ (Zitat: „…der eigens zum Handballspielen aus Kroatien importierte Ivan Cosic saß 60 Minuten nur auf der Bank.“) bezeichnet worden bist?
Cosic: Am liebsten würde ich dazu gar keinen Kommentar abgeben. Nur so viel: Wir wissen alle, dass ausschließlich Waren importiert werden, und wir wissen auch, was eine Ware ist. Und wenn man als menschliches Wesen – indirekt oder direkt – als Ware bezeichnet wird, ist das grundsätzlich nicht in Ordnung. Vor allem, wenn man sieht, dass derjenige, der mich so bezeichnet hat, mich noch nicht einmal persönlich kennt und er nicht weiß, wie ich lebe und wie ich als Mensch bin. Zum Glück spielt der Autor keine wichtige Rolle in meinem Leben, sonst wäre ich darüber sicher wütend oder enttäuscht.
Dennoch kannst du doch sicher ein positives Zwischenfazit von deinen rund 1,5 Jahren in Neuss ziehen?
Cosic: Ja, klar. Ich bin dankbar, dass ich hier so viele tolle Menschen kennengelernt habe und Teil dieses schönen Projektes sein darf. Ich bin total zufrieden und glücklich hier, das ist am wichtigsten.