Analyse der WM beginnt
Emily Bölk schlurfte mit hängenden Schultern zur Abfahrt. Tiefe Augenringe zeugten von einer kurzen Nacht und dem großen Frust über den erneut geplatzten Medaillentraum, als sich die Kapitänin der deutschen Handballerinnen hinten im Teambus verkroch. Die WM in Spanien endete für die DHB-Frauen am Dienstagabend im Viertelfinale mit der 21:26-Niederlage gegen die Gastgeberinnen abrupt.
„Es ist sehr schade, muss man wirklich sagen. Wir hätten es wirklich packen können“, sagte Bölk wehmütig. Und auch Bundestrainer Henk Groener konnte und wollte seine Enttäuschung nicht verbergen. „So nüchtern bin ich nicht, natürlich ist es enttäuschend“, sagte Groener, bevor er sich höflich vom Hotelpersonal in Barcelona verabschiedete.
Heimreise statt Halbfinale hieß es am Mittwoch für Bölk und Co. Wieder hatten sie auf das erste Edelmetall seit WM-Bronze 2007 gehofft - wieder ging es im entscheidenden Moment schief. Das Aus im Viertelfinale gegen Gastgeber Spanien bedeutete auch im vierten Anlauf mit Groener die vierte verpasste Chance. Zu selten kam das deutsche Team an sein Leistungsmaximum.
„Wir waren nicht weit von den Spanierinnen entfernt. Deshalb kann man viel Positives mitnehmen“, sagte Bölk. „Wir hatten ein super closes Team bei diesem Turnier“, so Bölk: „Es hat für das Viertelfinale gereicht, das hat der deutsche Frauen-Handball lange nicht mehr gesehen.!
Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handballbundes, betonte am Tag nach der Niederlage gegen Gastgeber Spanien, dass die Trainerfrage „nicht unser Problem“ sei. „Wo hat der Trainer einen Fehler gemacht? Unser Problem ist, dass wir die Qualität haben, die wir jetzt haben (…) Wir müssen die Strukturen schaffen, die andere Länder haben.“ Ziel sei es, bis zur Heim-WM 2025 „eine konkurrenzfähige Mannschaft“ zu haben.
Groener war nach einer mit dem Aus im Achtelfinale enttäuschenden Heim-WM 2017 zum DHB gestoßen mit dem klaren Auftrag, das Team Schritt für Schritt in Richtung der Weltspitze zu entwickeln und „mittelfristig ganz oben angreifen“ (Sportvorstand Axel Kromer) zu wollen. Für ganz oben hat es bislang allerdings nicht gereicht. Zu den ersehnten Medaillenspielen fehlte am Ende auch in Spanien der entscheidende Schritt.
„Wir sind mit einem jungen Team auf einem guten Weg“, analysierte Kromer am Mittwoch, stellte jedoch auch fest: „Wir sind in der erweiterten Spitze, haben aber erneut nicht geschafft ins Halbfinale zu kommen.“ Ähnlich äußerte sich Michelmann: „Die ersten fünf Spiele haben gezeigt, dass wir zu den Top acht der Welt gehören. Die letzten beiden haben aber auch gezeigt, dass wir noch nicht zu den Top vier zählen.“
Anfang März stehen die nächsten Länderspiele auf dem Programm: In der Qualifikation für die EHF EURO 2022 geht es zweimal gegen die Niederlande. Der Weltmeister von 2019 hatte in der Hauptrunde der aktuellen WM gegen Norwegen und Schweden das Nachsehen und verpasste das Viertelfinale.
(SID)