Auf in den Hexenkessel!
Das Team aus Montenegro bei der Heim-EM. - Foto: kolektiff / Anze Malovrh
06.11.2022 A-Frauen

Auf in den Hexenkessel!

Der nächste EM-Gegner Montenegro setzt auf seine stimmgewaltigen Fans und eine Mannschaft, die fast komplett bei Champions-League-Klubs spielt

Am Montag (18 Uhr, live auf sportdeutschland.tv) treffen in Podgorica die Sieger des ersten Spieltags der Gruppe D bei der Frauen-EM aufeinander – und gegen Gastgeber Montenegro geht es für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft nicht nur gegen 16 Spielerinnen, sondern gegen eine unglaubliche Stimmung in der Moraca-Arena. Am Samstagabend sorgten über 3000 Fans mit ihren Gesängen für absolute Gänsehaut-Momente und trieben Montenegro zum 30:23-Auftaktsieg gegen Spanien.

„Ich habe den Beginn des Spiels gegen Spanien gesehen, und ich habe noch nie eine solche Atmosphäre und Begeisterung im Frauen-Handball erlebt, das war wie in der Männer-Bundesliga“, sagte Bundestrainer Markus Gaugisch. Für ihn ist „Montenegro uns in Sachen Erfahrung voraus, aber wir wollen Druck machen“. Auch Montenegros Rückraumspielerin Djurdjina Jaukovic, vor der Gaugisch großen Respekt hat, gab zu: „Während der Hymne habe ich sogar geweint, das war so emotional. Jeder auf dem Feld hat diese Stimmung genossen. Wir wussten vom ersten Moment an, dass wir mit diesen Fans nicht verlieren können. Gegen Deutschland mit seinen starken Rückraumspielerinnen müssen wir nun aber mindestens so gut spielen wie gegen Spanien.“

Gerade wegen der Hexenkessel-Stimmung freut sich DHB-Kapitänin Emily Bölk auf das Duell am Montag, sagt aber auch: „Die Gefahr ist, dass man sich von einer solchen Atmosphäre einschüchtern lässt. Einige von uns haben schon in dieser Halle gespielt, Clara Woltering kann uns am besten erzählen wie es ist müssen uns mental vorbereiten, dass wir uns vor der Atmosphäre eher motivieren lassen als zu viel Respekt zu haben.“

Gegen den EM-Gastgeber hat die deutsche Mannschaft nur eines von vier bislang vier Spielen gewonnen – ein 27:20 bei der EM-Hauptrunde in Serbien, als Montenegro dennoch als Gruppensieger ins Halbfinale einzig und später sogar durch einen Finalsieg gegen Norwegen Europameister wurde. Die drei übrigen Partien (WM 2011, EM 2014 und Testspiel 2019) wurden verloren.

Montenegro hatte 2012 insgesamt sein überragendes Jahr, vor dem EM-Titel war man in London Olympia-Zweiter geworden, zudem gewann der montenegrinische Spitzenklub Buducnost Podgorica im gleichen Jahr den Champions-League-Titel – mit der aktuellen DHB-Frauen-Torwarttrainerin Clara Woltering zwischen den Pfosten. Danach war das Team, das seit 2020 von der sechsfachen Champions-League-Siegerin Bojana Popovic trainiert wird, immer nahe dran an Medaillen. 2014 wurde man EM-Vierter, 2017 WM-Sechster und 2021 WM-Fünfter. Zuletzt allerdings hakte es etwas: Bei der WM 2021 stand nur der 22. Platz zu Buche, bei den Olympischen Spielen von Tokio sprang immerhin noch Platz sechs heraus.

Stars in der Mannschaft sind Kapitänin Jovanka Radicevic sowie die Rückraumspielerinnen Djurdjina Jaukovic, Itana Grbic und Milena Raicevic, 13 der 18 nominierten Spielerinnen laufen für Champions-League-Klubs auf. Radicevic ist nicht nur EM-Rekordspielerin Montenegros mit 36 Einsätzen, sondern erzielte gegen Spanien auch ihren 175. EM-Treffer – sie kann bei der aktuellen EHF EURO die fünfte Spielerinnen überhaupt mit mehr als 200 EM-Toren werden.

Früher spielte fast die komplette Mannschaft beim zweifachen Champions-League-Sieger Buducnost Podgorica, dessen Heimarena die EM-Halle Moraca ist. Mittlerweile ist das Team aber auf ganz Europa verstreut. Im parallel zur EM-Qualifikation ausgetragenen EHF-EURO-CUP wurde Montenegro Zweiter hinter Europameister Norwegen.

Die deutsche Bilanz:

4 Spiele – 1 Sieg – 0 Remis – 3 Niederlagen – Tordifferenz 100:105

Die letzten drei Spiele:

  1. November 2019: Testspiel in Stuttgart 29:33
  2. Dezember 2014: EM-Hauptrunde in Zagreb/Kroatien 20:27
  3. Dezember 2012: EM-Hauptrunde in Novi Sad/Serbien 27:20
  4. Dezember 2011: WM-Vorrunde in Santos/Brasilien: 24:25

Größte Erfolge: Europameister 2012, Olympia-Zweiter 2012, EM-Vierter 2014, WM-Fünfter 2021

EM-Teilnahmen inklusive 2022: 7 (seit 2010 immer qualifiziert)

Qualifiziert für die EM 2022: Gastgeber

Trainerin: Bojana Popovic

 

(BP)

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