Groener vor den WM-Play-Offs: Entscheidung fällt erst im Rückspiel
Am Wochenende war der Niederländer zu Gast beim Finalturnier um den DHB-Pokal in Stuttgart, wo zwölf der 16 von ihm nominierten Spielrinnen im Einsatz waren und der Thüringer HC nach einem dramatischen Finale (24:23) gegen die SG BBM Bietigheim den Titel gewann.
In diesem Interview äußert sich Groener zu den Schwerpunkten der Vorbereitung, dem Gegner Kroatien und der Rollenverteilung in seinem verjüngten Team.
Für viele Ihrer Spielerinnen ging es gleich vom DHB-Pokal-Finalturnier in den Nationalmannschafts-Lehrgang. Könnte das gerade für die, die den Pokal nicht gewonnen haben, zum Problem werden?
Henk Groener: Wir haben das eher so gesehen, dass wir unseren Lehrgang speziell nach Ruit bei Stuttgart gelegt haben, weil eben so viele Spielerinnen am Wochenende dort im Einsatz waren und wir so lange Reisen verhindern. Ich denke, auch die, die den Pokal nicht gewonnen haben, haben kein Problem damit, den Schalter umzulegen.
Wo werden beim Lehrgang vor den WM-Play-offs die Schwerpunkte liegen, wie werden sich die Spielerinnen auf den Gegner vorbereiten?
Henk Groener: Wir beschäftigen uns als Erstes immer mit uns, da ist in der Vorbereitung der Gegner erst einmal egal. Unser Motto lautet: Kroatien soll sich nach uns richten. Wir müssen das auffrischen, was wir uns vor zwei Monaten beim Lehrgang in Leer mit den Länderspielen und zuvor erarbeitet haben. Wir müssen schnell wieder zu unserem Spiel finden. Es geht vor allem um das Defensivspiel und das schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff.
Wie stark schätzen Sie Kroatien ein?
Henk Groener: Auch wenn Kroatien bei der EM 2018 in Frankreich alle drei Vorrundenspiele verloren hatte, ist es doch eine starke Mannschaft, mitten im Umbruch, in einer neuen Entwicklungsphase, ähnlich wie wir. Aber ich hoffe, wir können zeigen, dass wir bereits weiter sind als sie. Nachdem Spielerinnen wie Andrea Penezic nicht mehr fürs Nationalteam spielen, haben sie eine Mischung mit vielen jungen Spielerinnen und Routiniers wie Kreisläuferin Katarina Jezic. Wenn wir aber unser Niveau von der EM 2018 und den Spielen gegen die Niederlande auf die Platte bringen, schätze ich unsere Mannschaft stärker ein. Wir gehen hoffentlich gut vorbereitet in diese wichtigen Spiele. Was definitiv klar ist: Egal, wie das Hinspiel ausgeht, die Entscheidung fällt erst in Hamm. Nach 60 Minuten ist erst Halbzeit.
Die Bedeutung dieser Spiele in Koprivnica und Hamm ist enorm, schließlich geht es bei der WM ja auch um die Olympia-Qualifikation …
Henk Groener: Wer die Bedeutung der WM-Play-offs nicht erkannt hat, gehört auch nicht ins Nationalteam. Wir alle wollen zur WM. Jede Spielerin ist heiß, jede wird alles geben, da bin ich mir sehr sicher. Sie wollen gegen Kroatien zeigen, was sie draufhaben.
Sie sind seit rund eineinhalb Jahren im Amt, wie haben sich seither die Hierarchie und die Rollenverteilung im Nationalteam entwickelt?
Henk Groener: Das ist beides immer in Bewegung, weil sich ja auch die Besetzung häufig ändert. Im ersten halben Jahr war Anna Loerper noch dabei, dann kam Kim Naidzinavicius kurz zurück, ehe sie sich wieder verletzte. Jetzt ist unsere Kapitänin wieder an Bord. Wir bauen gerade am Gerüst der Mannschaft. Und weil viele junge Spielerinnen dazukamen und dazukommen kommen, ist die exakte Rollenverteilung auch noch im Gange. Das dauert in der Nationalmannschaft, wo man sich nur alle zwei Monate sieht, natürlich länger als im Verein, wo man jeden Tag zusammen trainiert.
Aber gerade im Rückraum hat sich doch eine Achse mit Stolle, Naidzinavicius, Bölk und Smits herauskristallisiert, oder?
Henk Groener: Auch diese Achse entwickelt sich immer weiter, denn auch diese Spielerinnen sind noch jung, das muss sich noch stabilisieren. Wir haben bei der EM gesehen, was schon gut läuft und was nicht. Da muss eben noch mehr Konstanz rein. Aber wir haben ein offenes System, was den Kader betrifft. Die Spielerinnen können sich im Verein, bei den Regionallehrgängen oder Länderspielen empfehlen. Das beste aktuelle Beispiel ist Jenny Behrend aus Oldenburg. Sie hat beim Lehrgang und den Länderspielen gegen die Niederlande überzeugt und bekommt nun erstmals in einem Pflichtspiel ihre Chance. Erfahrung kann man sich nicht kaufen, und ich will Spielerinnen haben, die mit 28, 30 Jahren 120 oder mehr Länderspiele absolviert haben.
Quelle: BP