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Zwei Kapitäne, zwei Gründe zu feiern

25.10.2019

Sie führen die DHB-Nationalmannschaften beim morgigen Tag des Handballs in Hannover mit den Länderspielen gegen Kroatien als Kapitäne aufs Feld - und sie gehen auch abseits der Spiele als Führungspersönlichkeiten voran: Kim Naidzinavicius (28) und Uwe Gensheimer (noch 32). Auch in ihren Klubs SG BBM Bietigheim und Rhein-Neckar Löwen sind die Rückraumspielerin und der Linksaußen Spielführer. Und beide stehen vor einer wegweisenden Saison, an deren Ende der gemeinsame Olympia-Trip nach Tokio stehen soll. Wie sie den Weg dorthin sehen, was ihnen die Kapitänsrolle bedeutet und vieles mehr verraten Kim Naidzinavicius und Uwe Gensheimer in diesem Doppel-Interview.

Ist ein Tag des Handball mehr als „nur“ ein normales Länderspiel?
Kim Naidzinavicius: Ja klar, das sind besondere Veranstaltung für uns, wenn wir gemeinsame Länderspiele mit den Männern haben, alleine schon wegen der viel größeren Kulisse im Vergleich zu normalen Länderspielen. Aber auch die Fans erwartet mit einem solchen Doppelpack und dem Rahmenprogramm natürlich etwas Besonderes.
Uwe Gensheimer: Genau. Der Tag des Handballs ist etwas Größeres als ein normales Länderspiel. Die Verbindung mit dem Frauenländerspiel hat man nicht alle Tage, dazu gibt es etliche Aktionen für die Fans in der Halle. Für uns ist es natürlich wichtig, dass wir unsere Leistung bringen und uns einspielen mit Blick auf die Europameisterschaft.

Normalerweise sorgen die Spielpläne ja dafür, dass sich die Nationalspieler und Nationalspielerinnen nicht sehen. Lernt man sich bei solchen Veranstaltungen auch besser kennen?
Kim Naidzinavicius: Ich denke, es ist generell gut für das Gemeinschaftsgefühl der Nationalmannschaften, wenn man sich trifft. Man trifft sich, kann sich austauschen und voneinander lernen, wie man sich zum Beispiel auf Spiele vorbereitet. Das ist schon sehr gut.

Sie beiden haben morgen etwas zu Feiern – der eine Geburtstag, die andere ihr 100. Länderspiel. Wie groß ist diese spezielle Vorfreude?
Uwe Gensheimer: Bei meinem 33. Geburtstag morgen werde ich die größte Geburtstagsparty haben, die ich je geschmissen habe. Danke, DHB für die vielen Gäste! Ich bin gespannt, ob sich die Fans etwas einfallen lassen. Für mich ist es aber nicht das erste Mal, dass ich bei einem Lehrgang Geburtstag feiern darf oder muss, das bin ich gewohnt. Aber so viele Gäste hatte ich noch nie.
Kim Naidzinavicius: Die Zahl hat natürlich eine große Bedeutung, aber eigentlich wollte ich diese Marke früher schaffen, aber da kamen ja bekanntlich einige Verletzungen dazwischen. Aber dadurch ist die Vorfreude sogar noch größer.

Wie sehen Sie das generelle Interesse an Handball in Deutschland nach der Männer-Heim-WM im Januar?
Uwe Gensheimer: Das Turnier war für uns Spieler natürlich ein absoluter Höhepunkt - und ich denke, wir haben ganz Deutschland an den Fernsehschirmen und in den Hallen fesseln können, auch weil wir als Truppe ein tolles Bild abgegeben haben. Wir bekamen ja auch die Fernsehquoten mit, und jeder Spieler erhielt nach der WM sehr viele Rückmeldungen. Das waren nicht nur Handballfans, die sich für uns und die WM interessierten, wir haben viele neue Zuschauer gewinnen können.

Welche Bedeutung hat das heutige Spiel gegen Kroatien auf dem Weg zur EM - und als Start in die Olympia-Saison?
Uwe Gensheimer: Im Januar haben wir nur eine Woche direkte Vorbereitung auf die Europameisterschaft, deswegen ist diese Woche mit den beiden Testspielen gegen Kroatien für uns als Mannschaft besonders wichtig. Christian Prokop hat eine sehr detaillierte WM-Analyse gemacht und war bei jedem Spieler in den Vereinen, um individuelle Hausaufgaben zu stellen. Und die wollen wir nun gegen einen starken Gegner als Team gemeinschaftlich umsetzen – mit dem Rückenwind des 26:25-Siegs in Zagreb.

Was hat sich seit dem Start von Henk Groener als Bundestrainer im Frühjahr 2018 im deutschen Team geändert?
Kim Naidzinavicius: Wir hatten einen Riesenumbruch, viele Routiniers haben aufgehört, Henk musste also eine komplett neue Mannschaft aufbauen. Seine Philosophie ist eine ganz andere als wir sie zuvor hatten: Er legt großen Wert auf Selbstverantwortung, die Spielerinnen sollen Lösungen selbst entwickeln, um sie besser zu lernen. Bei allem Leistungsgedanken haben die Spielerinnen viele Freiheiten.

Für die DHB-Frauen geht es im Dezember zur WM in Japan - sind die aktuellen Länderspiele gegen Kroatien so etwas wieder Startschuss zum letzten Teil der Vorbereitung?
Kim Naidzinavicius: Ich denke, diesen Startschuss hatten wir schon im September bei den beiden erfolgreichen EM-Qualifikationsspielen gegen Weißrussland und im Kosovo. Die Zeit zur Vorbereitung ist auch bei uns knapp, deswegen muss man jedes Spiel, jeden Lehrgangstag auch nutzen. Und nach den Spielen gegen Kroatien folgt ja auch nur noch ein Testspiel, bevor wir nach Japan reisen. Das heißt, die Bedeutung ist enorm. Und nach dem 21:21, als wir nicht gezeigt haben, was wir wirklich können, haben wir einiges gutzumachen.

Während die Männer in bekannten Handballstädten spielen, steht für die Frauen Japan auf dem Programm. Bereitet man sich anders auf ein Event außerhalb Europas vor?
Kim Naidzinavicius: Es ist sicherlich mal schön, andere Orte kennenzulernen und nicht nur in Dänemark, Frankreich und Rumänien zu spielen. Das wird sicherlich etwas anderes. Aber wir haben uns schon mit den Jungs ausgetauscht, die ja vergangenes Jahr schon in Japan waren. Ich persönlich habe mich noch nicht intensiver auf Japan vorbereitet, das ist eher eine rein sportliche Sache - und wird angesichts der Vorrundengegner schwer genug. Unser Ziel ist ein Ticket für die Olympia-Qualifikation, das Uwe und Co. ja schon haben, aber erst einmal müssen wir uns mit möglichst vielen Punkten für die Hauptrunde qualifizieren.

Olympia ist ein gutes Stichwort: Die Spielzeit 2019/20 könnte mit Europameisterschaft und im Falle der Qualifikation mit Olympia zur Supersaison werden - wie sicher sind Sie, dass die DHB-Männer in Tokio am Start ist?
Uwe Gensheimer: Die Saison ist extrem motivierend, aber wir wissen auch, dass sie im Optimalfall extrem lang und anstrengend wird. Wir werden alles dafür tun, um den Höhepunkt Olympia zu erleben. Bei der EURO wollen wir ein erfolgreiches Ergebnis erzielen - schließlich bucht der Europameister ja schon das Tokio-Ticket. Ansonsten haben wir die Chance bei einem Qualiturnier im April - und ich hoffe, dass Deutschland einer der Ausrichter wird.  

Wie wichtig wäre eine Olympiateilnahme - am besten mit beiden Teams - generell für den deutschen Handball?
Uwe Gensheimer: Sehr wichtig, speziell, was auch das öffentliche Interesse betrifft. Aber es kann so viel passieren: Im Handball entscheidet manchmal eine einzige Aktion über Erfolg und Misserfolg, da ist nicht alles planbar. Unser generelles Ziel ist bei jedem Turnier das Halbfinale. Und schon der Weg dahin ist immer ein sehr schwerer.

Was bedeutet es Ihnen, Kapitän der Nationalmannschaft zu sein?
Kim Naidzinavicius: Ich freue mich, dass ich nach meinen beiden langen Verletzungsausfällen 2018 und 2019 überhaupt wieder dabei bin, und dass ich so schnell den Anschluss geschafft habe. Ich bin in jedem Spiel extrem stolz, wenn ich die Mannschaft als Kapitänin aufs Feld führen kann. Ich übernehme gerne Verantwortung, auch weil ich eine der Spielerinnen mit den meisten Länderspielen bin. Es macht mir einfach Spaß voranzugehen und die jüngeren Spielerinnen an die Hand zu nehmen.
Uwe Gensheimer: Das ist auch für mich eine sehr große Ehre. Ich habe bei der Nominierung gesehen dass ich mittlerweile der älteste Spieler in der aktuellen Nationalmannschaft bin. In den vielen Jahren habe ich viel Erfahrung gesammelt, die will ich nun an die jüngeren Spieler weitergeben.

 

Die Männer-Nationalmannschaft trifft ab 14.30 Uhr auf Kroatien (live in der ARD), die Frauen-Nationalmannschaft duelliert sich ab 17.30 Uhr mit einer kroatischen Auswahl (im Livestream der Sportschau).

(BP)