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„Mischung und Stimmung bei der HSG Konstanz sind ausgezeichnet“ - Kai Mittendorf im Interview

11.11.2015
11.11.2015 · Männer 3. Liga, 3. Liga, Staffel Süd · Von: pm verein

„Mischung und Stimmung bei der HSG Konstanz sind ausgezeichnet“ - Kai Mittendorf im Interview

16:4 Punkte, aktuell fünf Siege in Folge, dazu Spitzenreiter der 3. Liga und zuletzt den Vorsprung auf die Verfolger auf zwei Punkte ausgebaut: Die Euphorie auf der Tribüne und im Umfeld der HSG Konstanz ist riesengroß. Nicht zuletzt deshalb, weil auch das Oberliga-Perspektivteam nach dem dritten Aufstieg in den letzten fünf Jahren als Aufsteiger auch in der vierthöchsten Spielklasse mit 13:5 Punkten als Tabellendritter – nach Minuspunkten sogar auf Aufstiegsplatz zwei – ganz oben an der Tabellenspitze mitmischt.

Einer der ganz wichtigen Säulen und Leistungsträger als flexibler Allrounder und Abwehrspezialist – manchmal auch als Kreisläufer oder Mittelmann – in beiden Teams ist der gebürtige Konstanzer Kai Mittendorf. 23 Jahre alt, bei 1,88 Meter Größe 95 Kilogramm schwer und selten im Rampenlicht, aber unverzichtbar für das von der Abwehrarbeit lebende Team der HSG Konstanz – der Student der Sportwissenschaften an der Exzellenzuniversität Konstanz, zur Förderung des Spitzensports mit der HSG durch eine Kooperation verbunden, hat sich nach seinem Wechsel 2007 nach Konstanz in der HSG-Jugend prächtig entwickelt. Mehrere Meistertitel in den jeweils höchsten Ligen, die Teilnahme an der A-Jugend-Bundesliga und drei Aufstiege mit dem Perspektivteam konnte er bei der HSG feiern.

Im Interview mit HSG-Pressesprecher Andreas Joas gibt er vor dem Heimspiel am Samstag um 20 Uhr in der Schänzle-Sporthalle gegen den SV 64 Zweibrücken Auskunft über die Gründe für den Höhenflug beider HSG-Teams, das Erfolgsrezept der gefürchteten Konstanzer 6:0-Deckung sowie aufkommende Euphorie. Außerdem spricht er über die Qualitäten guter Abwehrspieler und warum ein Schweinebraten mit Knödeln im Winter auch glücklich machen kann.

Kai, reibst Du Dir angesichts des ersten Tabellenplatzes der ersten Mannschaft in der 3. Liga und des dritten Platzes des Oberliga-Perspektivteams beim Blick auf das Tableau momentan manchmal auch die Augen und hoffst, dass Dich bitte bloß niemand zwicken möge?

Natürlich ist es im Moment ein schönes Gefühl, auf die Tabellen beider Ligen zu sehen. Wir wissen aber alle, dass es schwieriger ist, sich an der Tabellenspitze zu halten, als der Weg dorthin. Wir müssen weiterhin konzentriert bleiben und dürfen uns jetzt auf keinen Fall zurücklehnen, da es sonst in einer so ausgeglichenen Liga sehr schnell gehen kann, dass sich das Tabellenbild wieder verändert.

Als tragende Säule in beiden Teams: Was sind die Gründe für den Höhenflug in 3. Liga und Oberliga?

In beiden Mannschaften ist die Mischung zwischen jungen, unbekümmerten, aber gleichzeitig auch älteren, erfahrenen Spielern sehr gut und sicher einer der Gründe, warum es in beiden Mannschaften so gut läuft. Außerdem profitiert die zweite Mannschaft natürlich sehr von den gemeinsamen Trainingseinheiten mit der ersten. Hinzu kommt, dass die Stimmung in beiden Teams ausgezeichnet ist und dadurch auch die Trainingseinheiten konzentriert durchgeführt und effizient genutzt werden.

Gerade das Perspektivteam schlägt sich nach dem dritten Aufstieg in den letzten fünf Jahren als Neuling mit einem Durchschnittsalter von nur 20,8 Jahren als mit Abstand jüngstes Team der Liga auch in der vierthöchsten Spielklasse sensationell. Wie ist die Akklimatisierung im Haifischbecken Oberliga mit so vielen ehemaligen Zweit- und Drittligisten derart schnell gelungen?

Dadurch, dass die Mannschaft so jung ist, ist sicher die Unbekümmertheit ein Faktor. Außerdem ist durch die drei Meisterschaften das Selbstbewusstsein stetig gewachsen und jeder in der Mannschaft weiß, dass wir einen sehr guten und ansehnlichen Handball spielen können und uns vor keinem Gegner in der Liga verstecken müssen.

Wo liegen denn die Unterschiede zwischen 3. Liga und Oberliga?

Unterschiede sind auf jeden Fall in der Intensität und Taktik zu spüren.

Zurück zur 3. Liga. Ihr habt am Samstag mit einem hart erkämpften Sieg in Herrenberg die Tabellenführung weiter ausgebaut. Auch hier: wie ist der Umbruch nach einigen Karriereenden zur letzten Saison so schnell und so erfolgreich möglich gewesen?

Nach den ganzen Abgängen zum Ende der letzten Saison war jedem klar, dass jeder für sich nochmal etwas mehr Verantwortung übernehmen muss. Natürlich sind aber auch die ganzen sehr guten Neuzugänge, die alle schnell in die Mannschaft gefunden haben, ein Grund für den erfolgreichen Saisonstart.

Auf der Tribüne und im Umfeld der HSG habt Ihr mit Euren begeisternden Auftritten und dem Sprung an die Tabellenspitze für reichlich Euphorie gesorgt. Wie nehmt Ihr das wahr und wie schafft man den Spagat zwischen Euphorie und Begeisterung einerseits, aber auch voller Konzentration und Fokussierung immer nur auf das nächste Spiel in einer wahnsinnig ausgeglichenen Liga andererseits?

Wir befassen uns gar nicht mit der ganzen Euphorie und Begeisterung, die gerade um uns herum stattfindet, sondern beschäftigen uns gleich im ersten Training der Woche wieder mit dem kommenden Gegner. Die Saison ist gerade einmal zu einem Drittel gespielt und in den noch ausstehenden Spieltagen in der so ausgeglichenen Liga kann noch sehr viel passieren.

Ein weiterer Gradmesser wird das Duell mit dem SV 64 Zweibrücken am Samstag um 20 Uhr in der „Schänzle-Hölle“. Auf was müsst Ihr Euch gegen die ebenfalls sehr junge und talentierte Mannschaft einstellen, die in der letzten Saison Tabellensiebter in der 3. Liga West wurde?

Das Spiel gegen Zweibrücken wird sicher wieder ein schweres Stück Arbeit und man darf sich keinesfalls von der aktuellen Tabellensituation blenden lassen. Zweibrücken hat bereits gegen Nußloch gewonnen und auch sonst waren die Spiele immer sehr eng und fielen häufig nur ganz knapp zu Ungunsten der Zweibrücker aus. Es wird sicher wieder ein spannendes Spiel auf uns zukommen, das uns alles abverlangen wird.

Es herrscht bei Fans und Mannschaft gleichermaßen immer eine ganz besondere Vorfreude auf die Heimspiele. Was macht die mit im Schnitt über 800 Fans pro Partie besuchte „Schänzle-Hölle“ aus?

Alle Heimspiele sind immer ein großes Erlebnis, darauf freut man sich einfach. Die Stimmung in der „Schänzle-Hölle“ ist in der 3. Liga schon etwas Einmaliges und ist mit Sicherheit auch ein wichtiger Grund dafür, warum wir zu Hause so schwer zu besiegen sind.

Du kamst bislang regelmäßig in beiden Teams zum Einsatz. So hast Du schon in jungen Jahren einen enormen Erfahrungsschatz gewonnen, den man Deinem Spiel anmerkt. Wie geht man allerdings mit der physischen und psychischen Doppelbelastung um? Oder ist das in Deinem Alter gar kein Thema?

Letztes Jahr, als die zweite Mannschaft noch nicht in der Oberliga gespielt hat, war es häufig kein Problem mit der Doppelbelastung. In dieser Saison ist schon ein Unterschied zu spüren, wenn ich am Sonntagabend nach zwei Spielen zur Ruhe komme. (lacht) Es wird aber in dieser Saison auch gut zwischen erster und zweiter Mannschaft rotiert, sodass eine Doppelbelastung nur noch selten zustande kommt.

Von Deinen Mitspielern wirst Du als unfassbar kluger Spieler beschrieben, der als einer der besten Abwehrspieler der Liga gilt: woher kommt die enorme Cleverness mit 23 Jahren, die Du schon seit Jahren, seit dem direkten Übergang vom Jugend- in den Aktivenbereich, in der Abwehr an den Tag legst?

Natürlich helfen die vielen Spiele, welche ich in beiden Aktivenmannschaften gemacht habe, um sich weiterzuentwickeln. Aber viel wichtiger war für mich die Zeit, als ich bereits in der A-Jugend bei der ersten Mannschaft mittrainieren konnte und sehr viel von den erfahrenen Spielern wie zum Beispiel Matthias Faißt gelernt habe.

Siehst Du Parallelen zwischen Dir und Oliver Roggisch, meist weniger im Blickpunkt, weil vornehmlich nur in der Abwehr eingesetzt, aber enorm zupackend und wertvoll für das Team, zumal in einem, das von seiner guten Abwehrarbeit lebt?

Einen Roggisch-Vergleich würde ich jetzt nicht ziehen, da unsere Charaktere und Spielweise schon sehr unterschiedlich sind. (lacht) Mir macht das Arbeiten in der Abwehr einfach verdammt viel Spaß und ein verhindertes Tor in der Abwehr ist in meinen Augen genauso wichtig wie ein erzieltes im Angriff.

Stimmt, Du bist abseits des Spielfeldes eher ruhig und zurückhaltend, während der Spiele aber dafür umso kompromissloser, selbstbewusst und hältst die Fäden in der Deckung gekonnt zusammen. Trifft dieser Eindruck zu?

Ja, zum Teil schon. Ich bin neben dem Spielfeld eher ein ruhigerer Typ, der nicht unbedingt im Fokus stehen muss, aber ganz genau weiß was er will und es im Spiel auch zeigen kann. (lächelt)

Was macht denn einen guten Abwehrspieler überhaupt aus?

Er muss sich im Vorfeld des Spiels gut mit der gegnerischen Mannschaft und seinen Gegenspielern befassen. Ebenso ist die Kommunikation mit den Mitspielern einer der wichtigsten Punkte und es muss einem einfach Spaß machen.

Du als Abwehrexperte: Worin siehst Du das Erfolgsrezept der Konstanzer 6:0-Abwehr begründet, das dazu führt, dass in der 3. Liga die drittwenigsten Gegentreffer und in der Oberliga – zwar mit einem Spiel weniger – die wenigsten Gegentore aller Teams zu Buche stehen?

In Konstanz wird schon im Jugendbereich großer Wert auf die Abwehr gelegt und die 6:0-Formation bereits in der A-Jugend gespielt, sodass die Umstellungen von Mannschaft zu Mannschaft nur sehr gering sind. Die 6:0-Abwehr in Konstanz ist so schwer zu überwinden, da jeder seinem Mitspieler hilft, wir sehr kompakt zusammenstehen und viel miteinander reden.

Du sagst selbst über Dich, dass Du ohne Handball durchdrehen würdest und nicht ohne große, deftige Mahlzeiten kannst. Was bedeutet dieser Sport für Dich und womit kann man Dich am Essenstisch so richtig glücklich machen?

Da ich Handball jetzt schon seit 17 Jahren ohne größere verletzungsbedingte Unterbrechungen spiele, gehört es einfach zu meinem Leben dazu und gibt mir immer einen Ausgleich zum Alltag. Im Sommer gibt es natürlich nichts Besseres, als frisch gegrilltes Fleisch mit reichlich Beilagen. Jetzt im Winter bin ich zum Beispiel auch mit einem leckeren Schweinebraten mit Knödeln glücklich zu bekommen. (grinst)