Eine Entscheidung gegen die 2. Liga und für die kürzeren Wege
Eine Entscheidung gegen die 2. Liga und für die kürzeren Wege
Dieses Paar hat sich in der vergangenen Saison regelmäßig ein Sonderlob verdient: für seine überragende Leistung im Innenblock der 6:0-Deckung des TuS Ferndorf, des souveränen Aufsteigers in die 2. Bundesliga. Bennet Johnen und Heider Thomas, die beiden 26-Jährigen, haben sich auch nicht auseinanderreißen lassen und tragen in der neuen Saison beide das Trikot des Neusser HV in der 3. Liga West.
Mit ihnen scheint nicht nur reichlich Qualität, sondern auch sehr viel gute Laune in die Hammfeldhalle zu kommen. Aber mit den Zweitliga-Aufsteigern – der dritte Neue vom TuS Ferndorf ist Linkshänder Niklas Weis – und den anderen Zugängen steigen auch die Erwartungen? „Wir dürfen uns selbst keinen Druck machen, denn der wird von außen sowieso schon genug erzeugt“, sagt Bennet Johnen im Gespräch mit nhv1.de. Dennoch „sollte der Weg des NHV mittelfristig in die 2. Liga gehen“, erklärt Heider Thomas. „Dafür werden im Moment auch die Strukturen geschaffen, soweit ich das bis jetzt einschätzen kann. An allen Ecken und Enden wird für den Klub gewerkelt. Hier passiert gerade was.“ So dass der Neusser HV schon in der Saison 2015/16 um Titel und Aufstieg spielen wird? „Favorit in dieser Saison ist wohl mit leichtem Abstand die HSG Krefeld“, meint Heider Thomas. „Die Liga ist aber so ausgeglichen, dass die Mannschaft Meister werden wird, die es über die Saison hinweg am besten schafft, Konzentration und Stimmung hochzuhalten.“
Wenn René Witte, der Trainer des Neusser HV, über sein kräftiges neues Duo spricht, nennt er Bennet Johnen, den 110-Kilo-Kreisläufer, und Heider Thomas, den 105-Kilo-Rückraum-Mann, Abwehr-Tiere. Aber wie sind sie überhaupt zu solchen geworden? „Unsere Einstellung zum und die Idee vom Abwehrspiel ist die gleiche“, sagt Heider Thomas. „Wir sind beide sehr faire Abwehrspieler, kommen mit wenigen Fouls aus und gucken viel Video. Der Wissensvorsprung über die Bewegungen des Gegners macht oft den Unterschied aus. Inzwischen haben wir ein sehr gutes Verständnis für die Bewegungen des anderen entwickelt. Passiert ein Fehler, genügt oft ein Blick, damit dieser Fehler kein zweites Mal passiert.“ Da gibt es allerdings noch etwas. Nämlich? „Heider und ich verstehen uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb sehr gut“, erklärt Bennet Johnen. „Das Vertrauensverhältnis ist ein wesentliches Element im Abwehrspiel. Ich weiß, dass ich mich voll und ganz auf ihn verlassen kann.“
Kennen- und wohl auch lieben gelernt haben sich Bennet Johnen und Heider Thomas schon als Gegner, und zwar in den Trikots von Borussia Mönchengladbach und Bayer Uerdingen. „Unsere damaligen Trainer waren befreundet, und deshalb haben wir gefühlt 700 Testspiele gegeneinander gehabt“, sagt der neue NHV-Kreisläufer. Gemeinsam landeten sie dann im Sommer 2012 im Nordsiegerland beim TuS Ferndorf, um ein Jahr später aus der 2. Liga abzusteigen sowie dann mit Trainer Erik Wudtke 2014 die Vizemeisterschaft sowie 2015 den Titel in der 3. Liga West zu erringen. „Heider“, erklärt Bennet Johnen, „stellt sich voll in den Dienst der Mannschaft und will immer das Beste herausholen. Er ist ein akribischer Arbeiter und Gerechtigkeitsfanatiker – womit er andere schon mal auf die Palme bringen kann. Kurz gesagt: Er ist ein super Typ, für den ich meine Hand ins Feuer legen würde.“
Kein Wunder, dass dies andersherum genauso wäre. „Das kann ich nur zurückgeben“, sagt Heider Thomas, dem NHV-Kapitän Thomas Bahn sogar angeboten hat, ihm das Trikot mit der Nummer 10 zu überlassen. „Bennet ist robust. Manche würden vielleicht sagen: ein bisschen dick. Trotzdem ist er nicht nur ein guter Abwehrspieler, sondern auch ein erstaunlich beweglicher Kreisläufer mit einem guten Handgelenk, was den Torwurf betrifft.“
Davon werden sich die Neusser Handball-Fans in Zukunft häufig ein Bild machen können. Ein Bild, das die Anhänger des TuS Ferndorf, die ihren anderen Top-Kreisläufer Moritz Barkow an Mitaufsteiger Wilhelmshavener HV verloren haben, gerne weiterhin in ihrer Sporthalle Kreuztal gesehen hätten. „Die 2. Liga ist natürlich verlockend, und der Schritt weg vom TuS Ferndorf war auch nicht leicht“, sagt Bennet Johnen. „Das Problem am TuS ist einfach die Entfernung. Bei mir spielt das Studium dabei eine entscheidende Rolle, da mein Studiengang 2017 ausläuft und ich bis dahin alle Prüfungen samt meiner Staatsexamensarbeit abgelegt haben muss. Und da die Fahrt nach Ferndorf von Köln aus knapp zwei Stunden, die nach Neuss jedoch nur gut 30 Minuten dauert, liegt da das Plus klar beim NHV.“
Eine Kilometer-Entscheidung war es letztlich auch für Heider Thomas. „Die Fahrtzeit war bei mir ebenfalls ein wichtiger Faktor: 230 Kilometer pro Training und Spiel – und das Ganze fünfmal die Woche“, erzählt er. „Die Doktorarbeit macht eben nicht so große Fortschritte, wenn man jeden Tag vier Stunden auf der Autobahn verbringt. Von Düsseldorf bis Neuss habe ich es jetzt nicht mehr weit.“ Aber nicht nur das. „Der TuS Ferndorf konnte mir“, sagt Heider Thomas, „ebenso wie den anderen Abgängen kein Angebot unterbreiten, das den immens hohen Aufwand künftig noch gerechtfertigt hätte.“ Und deshalb hatte sich der herausragende Innenblock der 3. Liga West der Saison 2014/15 schon frühzeitig nach Alternativen umgesehen – und hat eine solche zum Glück für den Neusser HV und dessen Trainer René Witte in der Hammfeldhalle gefunden.