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Hagens Trainer Lars Hepp schaut auf die 2. Bundesliga, aber auch auf die E-Jugend

30.01.2014
30.01.2014 · 3. Liga, Männer 3. Liga, Staffel West · Von: WHP

Hagens Trainer Lars Hepp schaut auf die 2. Bundesliga, aber auch auf die E-Jugend

Seit etwas mehr als einem Jahr ist Lars Hepp nun als Trainer für den Handball-Drittligisten VfL Eintracht Hagen tätig. Und ein deutlicher Aufschwung ist bei der kompletten Eintracht nicht zu übersehen. Das Westfälische Handball-Portal sprach mit dem 35-jährigen A-Lizenz-Inhaber über die ersten Erfahrungen im neuen Verein, die aktuellen Geschehnisse sowie die Perspektive beim westfälischen Traditionsklub.

whp-online.de: Wie zufrieden sind Sie nach ziemlich genau einem Jahr als verantwortlicher Coach der ersten Mannschaft?
Lars Hepp: Das muss man sicherlich in zwei Zeitabschnitte unterteilen. Dass wir letztlich doch souverän die Klasse gehalten haben, damit kann man zufrieden sein. Dadurch gab es relativ früh eine gewisse Planungssicherheit. Natürlich wurde der damalige Kader durch die Nachverpflichtungen verstärkt, wenngleich wir auch mit Torhüter Marco Stange einen wichtigen Leistungsträger verloren haben. Jedoch sollte man nicht unterschätzen, dass wir damit auch ein zusammengewürfelter Haufen waren. Kein Ablauf, kein Laufweg stimmte, und wir haben mit Beginn der Rückrunde praktisch bei Null angefangen. Von daher ist die Bilanz aus der Restsaison positiv zu bewerten.

Und wie sieht es für die aktuelle Saison aus?
In der laufenden Saison hätten wir mit ein wenig Glück den einen oder anderen Punkt mehr holen können. Wir können langfristig den Ausfall unseres Rückraumspielers Lukas Tebbe nur schwer kompensieren. Trotzdem hatten wir gegen Dormagen zehn Sekunden vor Schluss Ballbesitz und die Möglichkeit auf den Sieg. Gegen Ferndorf haben wir in der 57. Minute noch mit drei Toren geführt und das Spiel leider verloren. Wenn ich dann noch bedenke, dass wir im Derby gegen Schalksmühle einen Punkt in der Schlussphase durch individuelle Fehler verschenkt haben, hatten wir durchaus die Möglichkeiten, noch weiter oben in der Tabelle zu stehen. Ich bin aber dennoch nicht unzufrieden, auch die Leistungstiefen wie aktuell gehören zu der Entwicklung, die einiges an Zeit benötigen wird, dazu. Mal eben so ganz vorne mitzuspielen, das geht nicht so einfach.

Aber Sie haben doch, als Sie noch Trainer beim TuS Wermelskirchen waren, großartigen Handball spielen lassen. Warum klappt das in Hagen noch nicht, obwohl die Spieler zum Teil doch dieselben sind?
Zum einen habe ich nur vier Spieler aus Wermelskirchen mitgenommen, und zum anderen bin ich erst seit einem Jahr in Hagen. In Wermelskirchen hatten wir, um diesen Zustand zu erreichen, deutlich mehr Zeit benötigt.

Die zweite Mannschaft führt aktuell sensationell die Oberliga an, auch noch nach der 36:38-Pleite vom Sonntag beim ASV Senden.
Für das bisherige Abschneiden unserer Reserve muss man einfach nur lobende Worte finden. Was Rainer Hantusch diese Saison mit der Mannschaft geleistet hat, ist einfach klasse. Sicherlich haben wir durch deutliche Verstärkungen aus der ersten Mannschaft in der vergangenen wie auch in dieser Saison für die nötige Unterstützung von oben gesorgt, um die Klasse zu halten beziehungsweise jetzt Tabellenführer zu sein. Aber genau das ist ja der Plan, den wir verfolgen. Unser Ziel ist es, die beiden Mannschaften eng mit einander zu verzahnen und Synergien zu schaffen, so dass in der Endlösung ein gleiches Spielsystem beziehungsweise die gleiche Philosophie entstehen kann. Letztendlich bewerten wir stets beide Mannschaften. Letztes Jahr hatten wir zu diesem Zeitpunkt zusammen weniger als 20 Punkte mit Erster und Zweiter geholt, in diesem Jahr haben wir schon mehr als 40 Zähler eingefahren. Das spricht eindeutig für sich.

Kennen Sie die Oberliga so gut, dass Sie einen Tipp für die Meisterschaft abgeben können? Wird es der Soester TV machen?
Mich persönlich würde es für den Soester TV und für Dirk Lohse freuen. Zumal die Soester meine Demo-Mannschaft bei meiner A-Linzenz waren.

Wie sieht es aktuell mit der Kaderplanung aus?
In erster Linie ist das die Zuständigkeit des Sportlichen Leiters Andreas Griesel. Aber wir befinden uns mit unseren Spielern im Austausch und führen darüber hinaus weitere Gespräche, um die Mannschaft sinnvoll zu verstärken. Eines ist aktuell äußerst positiv zu erkennen, dass sich viele Spieler von außerhalb für ein Engagement beim VfL Eintracht Hagen interessieren. Und das - anders als in der Vergangenheit - in erster Linie aus sportlichen Gesichtspunkten. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Wochen mehrfach Vollzug melden können. Einige Spieler der ersten Mannschaft haben außerdem mehrjährige Verträge.

Allerdings pfeifen schon die Spatzen von den Dächern, dass Jens Reinarz, immerhin ein ehemaliger Bundesliga-Spieler, vom Leichlinger TV zur neuen Saison zum VfL Eintracht wechseln wird. Pfeifen Sie mit? Oder sogar noch lauter?
Wir befinden uns vielen, sehr positiven Gesprächen, und zwar mit absolut aussichtsreichen Kandidaten. Aber bislang ist nichts unterschrieben, und es gibt nichts zu melden. An Spekulationen wollen und werden wir uns nicht beteiligen.

Aktuell gibt es gerade bei der zweiten Mannschaft einige Abgänge, darunter sind junge und talentierte Spieler. Wie konnte es dazu kommen?
Hierfür sind die Gründe sehr vielschichtig. Ein Grund ist sicherlich, dass wir durch den Erfolg in der laufenden Saison die Begehrlichkeiten für unsere Spieler bei anderen Vereinen geweckt haben. Andererseits können und wollen wir den Preiskampf nicht mitmachen, den andere Vereine eröffnet haben. Ich würde mir da auch ein anderes Verhalten der Klubs untereinander wünschen. Wenn uns ein Spieler sagt, er möchte weniger Aufwand betreiben, aber mehr Aufwandsentschädigung erhalten, dann passt das nicht. Ebenso wenig kann ich verstehen, dass Spieler mit Anfang 20 zu einem unterklassigen Verein wechseln, nur weil sie dort mehr Geld versprochen bekommen. Und das bei einem wirtschaftlichen Niveau, das in Hagen absolut in Ordnung ist. In der Vergangenheit ist dieses Niveau deutlich überzogen worden. In einigen Fällen stimmt bei uns die Verhältnismäßigkeit zwischen 3. Liga und Oberliga nicht, und wir wollen hier wieder eine Gesundung erreichen.

Das heißt?
Die Spieler müssen selber entscheiden, ob die mittlerweile erhöhte sportliche Attraktivität oder das Monetäre wichtiger sind. In den Vereinen, in denen ich vorher tätig war, haben junge Spieler nicht annähernd diese Größenordnung erhalten. Dass es sich bei den den VfL verlassenden Akteuren teilweise um Spieler aus der Region handelt, ist zwar ärgerlich, aber eben unter den genannten Gesichtspunkten nicht änderbar. Wir in Hagen verfolgen seit einem Jahr klare Prinzipien. Jörg Brodowski als Geschäftsführer des wirtschaftlichen Trägers, Andreas Griesel als Sportlicher Leiter, Christian Kampmann als Verantwortlicher für die Reserve und das Trainergespann Hantusch/Hepp denken und handeln hier mit gleichem Maßstab und absolutem Einklang. Ein Spieler mit Talent sollte in der Regel alles dafür tun, in der ersten Mannschaft Fuß fassen zu wollen, und diese Plattform ist bei uns mit aller Unterstützung definitiv gegeben. Aber Einsatz und Bereitschaft dieser Jungs stimmen hier in keinster Weise mit der sportlichen Ausrichtung überein. Einige Spieler haben sich nun für einen anderen Weg entschieden. Wir bleiben bei unserer Politik geradlinig und standhaft.

Und nehmen die Abgänge deshalb in Kauf?
Ich persönlich finde es sehr schade, dass uns im vergangenen Jahr einige talentierte Spieler verlassen haben und das auch nach dieser Saison erneut der Fall sein wird. Ich hätte gerne mit diesen Jungs zusammengearbeitet. Als Beispiel nehmen wir einen Nachwuchsspieler, dem ich gerne die Möglichkeit auf den Einstieg in die 3. Liga ermöglicht hätte. Es stand zur Debatte, im Drittliga-Team die Vorbereitung mitzumachen, erste Erfahrungen in diesem Leistungsbereich zu sammeln und sich über diesen Weg anzubieten. Wenn es für den Spieler dann aber in erster Linie darum geht, durch den erhöhten Aufwand ja mehr Geld bekommen zu müssen, dann hat sich dieses Thema bereits im Vorfeld für mich erledigt. Diesen Weg werde ich so nicht mitgehen.

Die Verhältnisse haben sich stark verändert?
Ja, leider. Die Prioritäten haben sich klar verschoben. Ich kann bei vielen jüngeren Spielern keinen wirklichen Ehrgeiz mehr erkennen, eine sportliche Herausforderung anzunehmen. Zumeist wird der Weg des geringsten Widerstandes gegangen. Bei mir hat noch nie ein junger Spieler mehr als zwei Partien hintereinander komplett abgesessen. Und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Für jeden steht die Tür ganz weit offen, nur für gewisse Komfort-Zonen ist bei uns kein Platz mehr, weder im Kader der ersten noch in der zweiten Mannschaft.?Aus diesem Grund kann ich die Abgänge - auch wenn ich es mir anders gewünscht hätte - durchaus verkraften, und mein Blick geht klar nach vorn.

Was meinen Sie mit dem Verhalten der Vereine untereinander?
Ich finde es super, dass wir mit unserer 2. Mannschaft so viele Nachbarschaftsduelle in der Oberliga haben. Das macht einen gewissen Reiz aus, das sollten wir auch weiterhin fördern und nutzen. Zudem freue ich mich, wenn die Nachbarn wie Volmetal, Gevelsberg oder Menden in der Liga bleiben oder wie Menden kurz- bis mittelfristig an das Tor zur 3. Liga klopfen. Ich finde, es gibt nichts Schlimmeres, als dem Nachbarn den Misserfolg zu wünschen oder sich über schlechte Nachrichten zu freuen. Alle können doch miteinander gut funktionieren!?Generell wäre es aber einfacher, wenn die Vereine offener miteinander umgingen und sich von den Spielern nicht gegeneinander ausspielen ließen. Der im Fokus stehende Spieler kann sich in aller Ruhe zurücklehnen und zusehen, wie sich die Vereine gegenseitig überbieten. Der lachende Dritte ist der Spieler, und das darf nicht sein! Damit wird eine Entwicklung eingeschlagen, die ich sehr, sehr kritisch sehe. Wenn sich die Vereine besser absprechen und an Vereinbarungen halten würden, dann hätten alle was davon, und auch das Gehaltsniveau würde nicht ausufern. Zu oft wird der Rahmen gesprengt. Es sollte wieder der sportliche Gedanke in den Vordergrund rücken.

Wie sehen denn die Prinzipien in Hagen aus?
Jeder Spieler hat einen gewissen Wert, da muss man gar nicht drumherum reden. Allerdings haben wir diesbezüglich einen anderen Weg eingeschlagen. Zum einen gibt es die sportliche Komponente, die sicherlich an erster Stelle steht und zu bewerten ist. Dazu betrachten wir ganz genau, wie sich der Spieler mit dem Verein identifiziert und sich auch in anderen Bereichen einbringt. Das, was wir vorleben, muss von jedem Spieler mitgetragen werden. Und hier machen wir gerade unsere ganz eigenen Erfahrungen und handeln dementsprechend. In gewissen Fällen ist das nach außen nicht immer nachzuvollziehen, doch wir stehen zu unseren Entscheidungen. Ich möchte außerdem hinzufügen, das wir gegenüber den Spielern auch fair sein müssen und wollen. Ich werde einem 18-jährigen Kreisläufer nicht die Hoffnung machen, über größere Spielanteile zu verfügen, wenn ich auf dieser Position über mehrere Alternativen verfüge, die zurzeit noch deutlich stärker und selbst erst zwischen 20 und 23 Jahren sind. Dann soll er sich lieber woanders entwickeln und möglicherweise in ein bis zwei Jahren als gereifter Spieler zu uns zurückkehren.

Gibt es ein konkretes Beispiel?
Dazu hatten wir jetzt jüngst einen Fall, wo ein Spieler Einsatzzeiten garantiert bekommen hat. Auch davon distanziere ich mich ganz klar, das entspricht nicht unseren Prinzipien und hat nichts mit einer fairen Behandlung unter den Spielern zu tun. Wenn ein Verein also so einen Köder auswirft, ist das sicher sein gutes Recht. Wir machen das eben nicht und nehmen einen solchen Abgang, der auf den ersten Moment als ärgerlich und vermeidbar erscheint, in Kauf.

Was meinen Sie damit?
Wir haben ganz tolle Jugendmannschaften im Verein, in denen gerade einiges auf den Weg gebracht worden ist. Zum Beispiel befinden sich von der C- bis zur E-Jugend eine ganze Menge talentierter Handballer, die stolz sind, bei der Eintracht zu spielen. Ich lasse mich gerne in einiger Zeit an diesen Aussagen bewerten, aber hier kann man wieder was aufbauen. Kinder, die den Traum haben, irgendwann in der ersten Mannschaft zu spielen. Das möchte ich fördern und alles dafür tun, dass diese talentierten Jungs alle Unterstützung erhalten.?Es wird gerade ein Zusammenhalt geschaffen, der bald wieder richtige Früchte tragen kann. So feuern uns zum Beispiel diese Jungs bei den Spielen an, dafür besuchen meine Spieler mal ein Handball-Camp der Kleinen. Sicherlich ein absoluter Höhepunkt wird über Ostern kommen, wenn wir nach Dänemark auf ein internationales Jugendturnier fahren werden. Und interessanter Weise fahren einige Spieler aus der ersten Mannschaft als Betreuer mit. Das sind für mich die Zeichen, die wir brauchen. Da sind sämtliche Egoismen fern!

Stichwort Jugendarbeit.
Dass wir in der Jugendarbeit noch Nachholbedarf haben, ist offensichtlich, wird aber von mir nicht weiter kommentiert, da es sich um Entwicklungen handelt, die deutlich in der Vergangenheit begründet liegen. Mit Jörn Ilper haben wir aber einen sehr kompetenten Jugendkoordinator gewonnen, der hier mittelfristig Ergebnisse produzieren wird. Ich würde auch gerne in der nächsten Saison sechs A-Jugendliche in die erste oder zweite Mannschaft einbauen! Damit müssen wir halt aktuell noch ein paar Jahre warten und uns leider mit Kräften von außerhalb weiterhelfen.?Aber auch in diesem Punkt verfolgen wir klare Vorstellungen. Und solche Spieler - die zwischen 19 und 23 Jahren jung sind - wie Julian Renninger, Peer Pütz, Hendrik Halfmann, Lars Henkels, Markus Sonnenberg, Pascal Schreiber und Johannes Sonnenberg sprechen alle für die neue Philosophie und einen anderen Charakter:?Zu allererst stehen die Sache, der Verein und das Projekt. Hier aufzuführen, wie vielen Spielern wir von außerhalb auch abgesagt haben, weil sich die Interessen nicht mit unseren vereinbaren ließen, würde den Rahmen sprengen.

Wie soll die Zukunft der Eintracht gestaltet sein?
Wir wollen mit der ersten Mannschaft in den nächsten Jahren um den Aufstieg in die 2. Bundesliga mitspielen. Ob das dann letztlich gelingt, hängt wie immer von vielen Faktoren ab. Die zweite Mannschaft soll möglichst mit vielen jungen Spielern eine gute Rolle in der Oberliga einnehmen. Mut macht uns, dass mittlerweile viele Spieler - wie bereits erwähnt - auf uns zukommen, die gerne bei der Eintracht spielen