MTV-Dramatik - Sophie Lütke rettet Spitzenreiter zwei Punkte
MTV-Dramatik - Sophie Lütke rettet Spitzenreiter zwei Punkte
Das war knapp. Der MTV Altlandsberg besiegt in der 3. Liga Ost die Gäste aus der Festspiel-Stadt – 24:23 (9:11) gegen HaSpo Bayreuth.
Auch wenn es mit großer Handball-Oper nichts wurde: So kann`s weitergehen, findet jedenfalls der Altlandsberger Anhang und verzeiht seinen grün-weißen Lieblingen so manche Dissonanz in der jüngsten Aufführung. Denn die Tabellenführung in der 3. Liga Ost wurde mit diesem Erfolg verteidigt. „Fack ju Wagner“, sagten sich die Gastgeber in Anlehnung an „Fack ju Göhte“, der herrlichen Kino-Klamotte mit Elyas M`Barack. Denn wer Weg in die Altlandsberger Erlengrund-Halle fand, dem wurde zumindest Dramatik ohne Ende geboten.
10:7 (27. Minute) und 11:8 (29.) führten die Gäste in der ersten Halbzeit. Siebenmal stand die Partie auf Remis. 15-mal führte diese oder jene Mannschaft mit einem Tor Differez. Nervlich auf den Tribünen und auf dem Spielfeld kaum auszuhalten. Richard Wagner, Ex-Weltmeister der Opern-Dramatik, hätte sicherlich seine helle Freude an einer solchen Szenerie gehabt.
Trainer Fabian Lüdke sah eher alles mit gemischten Gefühlen: „Als wir dann in der zweiten Halbzeit mehrmals mit drei Toren führten, dachte ich, wir können den vierten Treffer machen und endlich den Sack entspannt zubinden. Aber nichts war!“ 18:15, 19:16, 20:17 und 21:18 führte der MTV in dieser Phase. Und musste dann wieder mal bis zur letzten Sekunde zittern. „Ich glaube, ich muss auch noch Psychologie studieren, um meine Frauen zu verstehen“, stöhnte der 25-jährige Coach, der an der Berliner Humboldt-Uni die Fächer Sport und Arbeitslehre belegt. „Nur zwischen der fünften und der fünfzehnten Minute spielten wir das, was wir besprochen hatten.“
Jede Menge Beifall gab`s für die kämpferische Vorstellung dennoch. Den hatten sich einige auch echt verdient. Sylvia Kalina zum Beispiel, die auf den letzte Drücker von der Arbeit zum Spiel gehetzt kam, später eigewechselt wurde, die Abwehr stabilisierte und zwei tolle Tore zum Sieg beisteuerte. Zu den Stützen im Gebälk des Handball-Theaters gehörte ohne Zweifel auch Kristina Domann. Immer wieder haute sich die Torjägerin ins Angriffsgeschehen. Glänzte mit sechs Treffern und herrlichen Zuspielen. Und das obwohl „Krissi“ krankheitsbedingt in der vorigen Woche gar nicht trainieren konnte. Bravissimo! So wird der Sommer-Zugang (früher Frankfurter HC, Rödertal) immer mehr zu der Verstärkung, die sich der MTV erhofft hatte.
Aber das hinterließ Spuren. „Ich kann am Montag nicht trainieren“, stöhnte nach dem Schlusszeichen Viktória Várkonyi, die in der Kreismitte nicht die sensible Diva gab, sondern die unermüdlich fightende Amazone. „Ich bin fix und fertig. Noch nie vorher hatte ich 60 Minuten ohne Pause gespielt.“ Was die Beurteilung des Spiels betrifft, ging die Ungarin d’accord mit ihrem Trainer. Viktória: „Was mich ärgert: Wir gehen heraus, wollen zusammen spielen und dann probiert es jeder auf seine eigene Faust.“ Aber manchmal funktioniert sogar das auf eigene Faust nicht. Die rechte Rückraumposition fand am Sonntag praktisch kaum statt – diesmal agierten dort nur Statisten. Keine Würfe, kein Selbstvertrauen, Alibi-Abspiele Richtung Zentrum.
Hauptleittragende: die auf Rechtsaußen nahezu isolierte Lucyna Trzczak. In der vorigen Woche beim 26:21-Sieg über den Berliner TSC spielte sie noch die Hauptrolle, war neunfache Torschützin.
Ein Glück, dass Altlandsbergs Handball-Konstrukt kein Schweizer Uhrwerk ist. Wenn da ein Zahnrädchen nicht funktioniert, tickt gar nichts mehr. Doch wenn beim MTV Prinzessin Lucy oder andere nicht aufspielen können, wie sie möchten, dann schwingt eben eine andere das Zepter – nämlich Ihre Majestät, Königin Sophie von Altlandsberg. 10 Tore der Nummer 10 registrierte Co-Trainer Lukas Richter. Nicht 9, wie es im offiziellen Protokoll so ausgewiesen ist.
Sophie Lütke sorgte für eine Galavorstellung, deren Brillanz und Dramatik auch einen wie Altmeister Richard Wagner vom Regiepult gehauen hätte. Und in der tapferen Bayreuther Abwehr sorgte sie phasenweise für Gleichgewichtsstörungen. Bei manch einem auch für Sehstörungen? HaSpo-Trainer Thomas Hankel kritisierte jedenfalls die jungen Schiedsrichterinnen aus Mecklenburg-Vorpommern: „In der ersten Halbzeit haben sie sehr gut gepfiffen, dann verloren sie aber völlig die Linie.“ Der Coach lobte aber auch: „Es war ein sehr intensives, interessantes Spiel. Ein Unentschieden wäre gerechtfertigt gewesen. Eine solche Vorstellung beim Spitzenreiter, das war schon stark.“
Ohne Zweifel. HaSpo nutzte immer wieder die MTV-Fehler im Angriff, inszenierte schnelle und sehenswerte Konter und verwertete diese mit wurftechnisch exzellenten Abschlüssen vor allem von den Außenpositionen.
Noch ein Nachtrag zum ersten Akt des Spiels: Als beim 1:0 MTV-Keeperin Jennifer Höft, einer der Heldinnen des TSC-Sieges, mit Torschützin Loraine Hellriegel (insgesamt 6 Treffer) zusammenrasselte, musste man Schlimmes befürchten. Doch als dann Physio Jörg Heise nicht das Knie (Kreuzbandriss 2014) behandelte, war das die erste Entwarnung. Die zweite kam von Jenny nach dem Spiel: „Es hat nur den Fuß erwischt. Halb so schlimm. Ich dachte sogar, ich komme in der zweiten Halbzeit noch mal rein.“ Brauchte sie nicht. Das regelte diesmal alles die routinierte Kathrin Wiehle.
Vorhang zu mit einem eher besseren Gefühl. So schlecht war die Vorstellung niccht.
Altlandsberg: Höft, Wiehle; Berger, Lütke 10, Domann 6/2, Trzczak 1, Várkonyi 2, Fleck 2; Mandelkow 1, Wiechert, Kalina 2, Schönfelder, Münzer, Günther.
Bayreuth: Ebersberger; Hellriegel 6, Lehnert 1, Lindner, Kerling, Hall 4, Fischer 1, Lichtscheidel 1, Körber 3/2, Koppold 3/1, Friedrich 3, Küffner 1.