Thomas Koblenzer auf dem blauen NGZ-Sofa: "Wir wollen etwas bewegen!“
Thomas Koblenzer auf dem blauen NGZ-Sofa: "Wir wollen etwas bewegen!“
Der damalige Neusser Bürgermeister Herbert Napp war im Mai 2010 der erste Gast, der auf dem blauen NGZ-Sofa Platz nahm. Am vergangenen Mittwochabend stand nun Prof. Dr. iur. Thomas Koblenzer, Geschäftsführer Finanzen der nhv1 Handball Spielbetriebs- und Marketing GmbH, beim monatlichen Talk der Neuss-Grevenbroicher Zeitung Rede und Antwort und sprach mit NGZ-Redaktionsleiter Ludger Baten über spannende Themen wie die Tour de France 2017, die Sporthallenproblematik sowie das mittel- bis langfristige Ziel Zweitliga-Aufstieg des Neusser HV.
Vor rund 30 Gästen im Restaurant Essenz, Gesellschaftshaus der Bürgergesellschaft, äußerte sich Koblenzer zu…
…seinem Weg zum Handball:
Ich bin in Ferndorf aufgewachsen, einem durch und durch handballverrückten Dorf. Zu dem Verein pflegen wir auch vom NHV aus einen engen freundschaftlichen Kontakt. Dazu spielen meine beiden Kinder Handball. Da kam die intensive Bindung zu diesem Sport praktisch von ganz allein. …seinem Engagement beim Neusser HV: Meine Familie und ich sind vor einigen Jahren nach Neuss gezogen. Da wir zu diesem Zeitpunkt schon mit dem „Handball-Virus“ infiziert waren, kam folgerichtig irgendwann auch die Verbindung zum NHV zustande - auch weil meine Kinder dann schließlich dort Handball gespielt haben.
…der Gründung der nhv1 Handball Spielbetriebs- und Marketing GmbH:
Gleich zu Beginn meines Engagements haben wir gemerkt, dass das ganze Projekt eine Herkulesaufgabe ist. Um das Ganze auf stabile Beine zu stellen, haben wir schließlich die GmbH gegründet. Da ich durch meine Tätigkeit als Anwalt für Steuerrecht, mein wirtschaftswissenschaftliches Studium sowie meine unternehmerischen Tätigkeiten in der Vergangenheit über entsprechendes Know-how in diesem Bereich verfüge, habe ich schließlich nach enger Absprache mit den übrigen Beteiligten die Geschäftsführung der GmbH übernommen.
…seinen Ambitionen, seinem Antrieb und seine Rolle:
Im Prinzip habe ich bei diesem Projekt zwei Hüte auf. Ich bin Sponsor, aber ich sorge als Geschäftsführer Finanzen auch dafür, dass wir keine verrückten Dinge tun und alles seriös läuft. Ich bin also für das Wirtschaftlich-Rechtliche zuständig, die sportlichen Komponenten liegen derweil in den guten Händen meines Geschäftsführerkollegen René Witte und des Cheftrainers Ceven Klatt. Zudem habe ich auch eine Vision. Die Vision, einen Handball-Bundesligisten im Rheinland zu etablieren. Wenn man sich hier in der Region umschaut, ist es ein Trauerspiel, was in der Vergangenheit mit dem Bundesliga-Handball passiert ist. Das wollen wir mittel- bis langfristig ändern. Die Menschen beim NHV sind alle mit Herzblut und Leidenschaft dabei, dabei ist der Verein dennoch sehr familiär. Hier herrscht eine sehr vertrauensvolle Atmosphäre, bei der es Spaß macht, etwas zu bewegen. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Und wenn man dann noch merkt, dass die Konzepte nach und nach greifen, spornt das natürlich zusätzlich an. Insgesamt wollen wir die Sportregion durch unseren Handball wieder nach vorne bringen. Dazu mussten wir zunächst die erste Mannschaft auf ein konkurrenzfähiges Fundament stellen. Nun, und das war der eminent wichtige zweite Schritt, haben wir in den vergangenen Monaten den Jugendbereich aufgebaut. Praktisch als Basis für alles und unterteilt in Leistungs- und Breitensport. Das ist uns gut gelungen. In diesem Zusammenhang war die Bundesliga-Qualifikation unserer A-Jugend schon einmal ein tolles Zeichen. In der Vergangenheit sind viele Neusser Nachwuchsspieler beispielsweise zum ART Düsseldorf gewechselt, weil hier in Neuss die Perspektiven fehlten. Das wollten wir stoppen und mit einer starken ersten Mannschaft für eine Perspektive sorgen - das haben wir geschafft.
…dem Ziel Bundesliga-Aufstieg mit dem NHV:
Man kann sich sportlichen Erfolg nicht dauerhaft erkaufen. Neben der sportlichen Konkurrenzfähigkeit müssen auch die Strukturen des Vereins wachsen. Wir machen da einen Schritt nach dem anderen. Neben dem Aufbau des Jugendbereichs müssen wir die Begeisterung für diesen tollen Sport noch mehr in die Stadt bringen. Wir müssen heimische Unternehmen dazu bringen, sich zu engagieren und die Fan-Kultur weiter ausbauen. Die Menschen müssen bemerken, dass Handball ein toller Mannschaftssport mit Eventcharakter ist. Aus sportlicher Sicht müssen wir demütig und mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben. Wie schon gesagt: Ein Aufstieg hängt auch von Glück und vielen anderen Faktoren ab.
…dem Zusammenspiel der nhv1 GmbH und dem Neusser HV:
Die nhv1 ist eine Abteilung des Neusser HV, der auch die Lizenz trägt. Auf der einen Seite arbeiten in der GmbH „Profis“, während auf der anderen Seite der Verein von Ehrenamtlern sowie Spenden getragen wird. Im Grunde muss man die Spielbetriebsgesellschaft wie ein Unternehmen führen. Wir haben seit der Gründung der GmbH immer die Kommunikation mit dem Verein gesucht. Auf Dauer müssen wir es schaffen, wechselseitig voneinander zu profitieren - da sind wir auch auf einem sehr guten Weg. Ich habe das Gefühl, dass das Ganze mittlerweile ein harmonisches Miteinander ist. Sicher tut uns da auch der neue NHV-Vositzende Volker Staufert mit seiner großen Erfahrung gut. Grundsätzlich hat der Verein Strukturen, die der GmbH helfen, und umgekehrt. Wir machen uns mit Blick in die Zukunft viele Gedanken. So zum Beispiel auch, ob sich Fans, Förderer und Sponsoren mit Anteilen an dem Projekt beteiligen können. Aber das ist Zukunftsmusik.
…dem Menschen Thomas Koblenzer:
Ich bin sehr politisch denkend und eher extrovertiert, trage mein Herz meistens auf der Zunge. Daher habe ich mir auch schon das eine oder andere Mal eine blutige Nase geholt. Außerdem bin ich vielseitig interessiert, umtriebig und ich will Dinge bewegen. Daher wollte ich auch nie „nur“ Anwalt sein, sondern bin schon lange unternehmerisch tätig. Grundsätzlich verspüre ich als Anwalt auch keine nennenswerte Angst, mich auch mal mit sogenannten Großkopferten anzulegen, wenn es sein muss.
…dem Leben in Neuss:
Vor einigen Jahren, als meine Kinder noch kleiner waren, habe ich sicher mehr aktiv am Stadtleben teilgenommen. Mittlerweile ist das vor allem durch meinen Job, der mich sehr oft ins Ausland führt, schwierigerer geworden. Ich habe beispielsweise noch eine Kanzlei in Zürich und Klienten in verschiedenen Ländern, daher bin ich sehr oft unterwegs. Dennoch „bessere“ ich mich in Sachen „Leben in Neuss“ wieder etwas: Durch unsere Geschäftsstelle in der Münsterstraße sowie den Handball kann ich mittlerweile wieder öfter hier unterwegs sein.
…der Frage: „Ist Neuss eine Sportstadt?“:
Wenn man die reinen Zahlen nimmt, dann würde ich das schon sagen, ja. Immerhin sind im Rhein-Kreis rund 130 000 Menschen in Sportvereinen organisiert. In Neuss sind es deren 30 000, also etwa ein Fünftel der gesamten städtischen Bevölkerung. Ich denke, es gibt ein vielfältiges Angebot, allerdings stellt sich mir die Frage: Wie sehr lassen sich die Neusser Bürger begeistern? Diese Fähigkeit, sich von einem sportlichen Projekt begeistern zu lassen, ist in anderen Städten stärker ausgeprägt - zumindest gefühlt. Wir haben zwar viele tolle Sponsoren und Partner, aber in diesem Zusammenhang muss sich dennoch sicher auch das eine oder andere heimische Unternehmen fragen lassen, warum es nicht Neusser Vereine und Sportler unterstützt und sein Geld stattdessen woanders hingibt. Leistungssport kostet nun einmal auch Geld.
…dem Zuschauerpotenzial rund um den NHV:
Ich denke, dass die Leistung, die wir in den vergangenen Jahren gezeigt und die Arbeit, die wir in das Projekt gesteckt haben, insgesamt honoriert werden. Wenn man bedenkt, dass lediglich 50 Zuschauer bei den NHV-Spielen in der Hammfeldhalle waren, als mein Kollege René Witte vor einigen Jahren beim NHV anfing und wir nun bei Spitzenspielen 750 bis 780 Zuschauer in der Halle haben, ist das schon eine tolle Entwicklung. Zudem hat sich unser Schnitt zuletzt jährlich regelmäßig um etwa 50 Zuschauer erhöht. Wir müssen aktiv bleiben, dabei versuchen, die Neusser zu begeistern und die Fan-Kultur auszubauen. Ich glaube, wir sind auch da auf einem guten Weg. Dies hat nicht zuletzt die tolle Resonanz auf den „Pierburg-Cup“ gezeigt.
…der Hallenproblematik in Neuss:
Natürlich reicht die Hammfeldhalle momentan vom Platz her schon noch aus. Allerdings darf man nicht vergessen, dass wir diese in der dritten Liga überhaupt nur mit einer Sondergenehmigung für Schulsporthallen nutzen dürfen. Bezüglich der Sicherheitsstandards, der Catering-Möglichkeiten sowie einiger weiterer Komponenten ist die Hammfeldhalle für Spitzenhandball denkbar ungeeignet. Man stelle sich vor, wir würden tatsächlich einmal den Aufstieg schaffen und könnten ihn nicht wahrnehmen, weil eine geeignete Halle fehlt - ein Horrorszenario. Eine vernünftige Sporthalle inklusive entsprechendem Umfeld ist unabdingbar, um dauerhaft nach oben zukommen. Neubau oder Aus- bzw. Umbau? Wir spielen Möglichkeiten durch, prüfen Optionen und lassen derzeit eine Machbarkeitsstudie durchführen. Einer muss ja die Initiative in dieser Sache ergreifen. Grundsätzlich wäre eine Eissporthalle, die nach skandinavischem Vorbild auch als Handballhalle genutzt werden kann, sicher eine ideale Lösung. Auch die Lage der Neusser Eishalle wäre dabei natürlich ideal. Allerdings gibt es in Neuss ja grundsätzlich eine Hallenproblematik. Losgelöst vom Handball muss sich die Stadt diesem Thema annehmen. Vielleicht können wir mit unserem sportlichen Erfolg da einen kleinen Denkanstoß geben.
… einer Kooperation mit dem TSV Bayer Dormagen:
Vor etwa zwei Jahren haben wir beim TSV mal wegen einer Zusammenarbeit im Jugendbereich angeklopft - und haben da auf Granit gebissen. Dabei wäre gerade in diesem Bereich eine Kooperation sinnvoll. Allerdings wollen wir ja auf der anderen Seite auch in Neuss für Neuss etwas aufbauen. Dennoch sollte man für Gespräche jedweder Art immer offen sein.
…der Tour de France 2017:
Über Volker Staufert, Jutta und David Zülow bin ich bei der diesjährigen Tour de Neuss erst mit diesem Thema in Berührung gekommen. Wenn man die Chance hat, dieses Mega-Sportevent durch Neuss zu führen, muss man das einfach machen. Da waren wir uns von der Initiative Neuss on Tour alle einig. Das ist eine tolle Chance für die Stadt und wir wollen Neuss dabei helfen, sie zu nutzen. Auch hier wollen wir einfach etwas bewegen.
…dem Saisonstart des Neusser HV gegen die SG Ratingen:
Ich bin froh, dass wir gewonnen haben. Man muss immer vorsichtig sein - vor allem wenn - man wie wir nach den guten Leistungen beim „Pierburg-Cup“ - so hochgejubelt wird. Das erste Saisonspiel ist immer kompliziert, dazu hat mit Daniel Pankofer unser Leitwolf verletzungsbedingt kaum spielen können. Auch andere Spieler waren angeschlagen. Dass das Team dennoch kühlen Kopf bewahrt und die zwei Punkte geholt hat, kann für Selbstvertrauen sorgen.
…dem anstehenden Derby beim TV Korschenbroich:
Der TVK hat beim Top-Favoriten Eintracht Hagen am ersten Spieltag nur mit 34:35 verloren. Sie werden sicher auch mit breiter Brust ins Spiel gehen. Ich hoffe, dass uns viele Fans unterstützen und dass wir unsere Leistung abrufen können. Wir müssen uns sicher nicht verstecken, haben mit Ceven Klatt einen tollen Trainer, der das Team schon jetzt weiterentwickelt hat. Mein Tipp: Der TVK wirft nicht mehr als 25 Tore und wir machen eines mehr - mindestens.
…dem Saisonziel des Neusser HV:
Auch wenn uns einige Außenstehende belächeln: Es wäre wirklich eine ordentliche Saison, wenn wir mit dem sechsten Platz die DHB-Pokal-Qualifikation wiederholen und unser Minimalziel erreichen könnten. Wenn es bei uns läuft und alles passt, ist auch noch mehr drin. Aber mit Eintracht Hagen, Bayer Dormagen, dem Leichlinger TV und der HSG Krefeld gibt es in diesem Jahr unheimlich starke Konkurrenz. Natürlich haben wir eine starke Mannschaft, aber wir sind seriös und denken, dass wir noch etwas Zeit brauchen, um ganz oben anzugreifen. Ich sehe Hagen vom Gesamtpaket her als den Topfavoriten.