Die jungen Wilden von Montenegro
Die jungen Wilden von Montenegro
Die bekannteste und erfolgreichste Handballerin aus Montenegro hat ihre Hallenschuhe bekanntlich vor zwei Jahren an den Nagel gehängt. In ihrer Heimat ist sie eine Legende und den meisten handballbegeisterten Europäern ist sie ein Begriff. Die Rede ist von Bojana Popovic. Sie gewann unter anderem sechsmal die Champions League mit ihren Vereinen (Slagelse DT, Viborg HK und ŽRK Budućnost Podgorica) und Silber bei den Olympischen Spielen 2012 mit Montenegro.
Bei der Weltmeisterschaft in Deutschland ist sie zwar nicht auf der Bank, aber doch irgendwie dabei. "Ich trainiere in Podgorica die U17 und bin Co-Trainerin bei unserer ersten Mannschaft. Ich bin also nun als Trainerin viele Stunden in der Halle und muss viel reden", sagt sie heiser und lacht.
Das Gros der montenegrinischen Nationalmannschaft stellt das Team aus der Hauptstadt. "Wir haben ein paar Spielerinnen, die im Ausland spielen. Aber die Stammformation von Budućnost stellt auch die erste Sieben in der Nationalmannschaft. Unser Coach, Dragan Adžić, trainiert beide Teams. Wir bereiten die Mannschaft quasi in der Champions League auf die WM vor. Und die WM ist wiederum Vorbereitung für die Hauptrunde in der Champions League", sagt die 38-Jährige.
Das Ziel ist es, die Hauptrunde zu erreichen. "Wir haben viele Spielerinnen zwischen 19 und 21 Jahren. Sie sollen bei der WM so viele Spiele, wie möglich spielen und lernen, sowohl zu verlieren als auch zu gewinnen, aber auch solch ein Event erleben", erläutert Popovic die Strategie, die Richtung Olympische Spiele 2020 ausgerichtet ist. "Wir müssen geduldig sein. Letztes Jahr haben wir nach einer durchwachsenen Saison in der Champions League den Umbruch vollzogen und sozusagen bei Null angefangen. Wir wollen nun ein junges Team langsam aufbauen, dass sowohl in der Champions League mithalten kann, aber auch als Nationalteam um Titel mitspielt", so die ehemalige Weltklassehandballerin.
Die Taktik für die junge Mannschaft ist schon klar. "Es ist am einfachsten, jungen Handballerinnen beizubringen, wie man in der Abwehr deckt. Wir wollen eine gute, harte Abwehr spielen. Deswegen ist es unsere erste Aufgabe, die Defensive zu verbessern. Außerdem wollen wir mit viel Tempo nach vorn arbeiten. Kontertore sind die einfachsten Tore. Genauso wichtig ist aber das Zurücklaufen, um einfache Gegentore zu verhindern. Wenn wir es schaffen, eine solide Abwehr zu spielen und ein gutes Rückzugsverhalten haben, dann können wir uns mehr Fehler im Angriff erlauben. Denn das passiert bei jungen Spielerinnen, und das ist auch in Ordnung", sagt Popovic.
Im Moment büffelt sie neben den vielen Stunden in der Halle zusätzlich für ihren Trainerschein. "Ab 2021 braucht man selbst einen Trainerschein, um auf der Bank zu coachen. Es reicht nicht, wenn jemand mit einer Lizenz dabei ist. Aber das Lernen macht mir Spaß, auch wenn ich etwas müder bin als sonst. Und vielleicht bin ich ja in der Zukunft auch wieder bei der Nationalmannschaft dabei", schmunzelt die zweifache Mutter.
Einen richtigen Star hat Montenegro übrigens nicht im Team. Aber die mit 27 Jahren erfahrenste Spielerinnen Milena Raičević (ehemals Knecevic), die mit Popovic bei den Olympischen Spielen Silber gewann, wird wohl am meisten gefordert sein, wenn es darum geht, die jungen Wilden in Richtung Sieg zu navigieren.