Beton für die Abwehr, Power für den Angriff: Mit zwei Neuen gegen Kroatien
Beton für die Abwehr, Power für den Angriff: Mit zwei Neuen gegen Kroatien
Frischer Beton für die Abwehr, neue Power für den Angriff: Bundestrainer Dagur Sigurdsson setzte sein berühmtes Pokerface auf, als er binnen 17 Stunden seinen zweiten WM-Joker aus dem Ärmel zog. Nach Weltmeister Holger Glandorf beorderte der Isländer für die heiße Turnierphase überraschend auch Europameister Hendrik Pekeler nach Frankreich.
„Damit hoffe ich, dass wir den endgültigen Feinschliff und die nötige Balance in der Mannschaft haben. Beide werden uns sofort helfen”, sagte Sigurdsson. Schließlich gehe es „jetzt in die entscheidende Phase”. Sigurdsson grinste. Schon im Finale um den Gruppensieg gegen Kroatien am Freitag (17.45 Uhr/handball.dkb.de) sind die beiden Nachrücker dabei. Glandorf nimmt den letzten freien 16. Platz im Kader ein, Pekeler ersetzt Linksaußen Rune Dahmke, der das deutsche Lager in Rouen am Donnerstag verließ.
Mit der Nominierung Pekelers ist Sigurdsson ein kleiner Coup gelungen. Während die Anreise des „begnadeten Handballers” Glandorf (O-Ton Julius Kühn) hinter den Kulissen längst besprochen war, erhielt der „überragende Abwehrspieler” Pekeler (O-Ton Patrick Wiencek) den Einsatzbefehl kurzfristig. Nach seiner im Dezember selbst auferlegten Nationalmannschaftspause weilte der Kreisläufer noch bis vergangenen Samstag mit seiner Frau im Urlaub auf Mauritius. Im Handball-Training ist Pekeler erst wieder seit Dienstag.
„Die Freude ist schon groß”, sagte Pekeler der Rhein-Neckar-Zeitung, der wegen eines Zugausfalls im Gegensatz zu Glandorf (Anreise im Flieger) das Abschlusstraining am Donnerstagabend verpasste: „Als ich die Spiele im Internet verfolgt habe, hat es bei mir in den Fingern gezwickt. Das Halbfinale ist das Ziel.”
Glandorf versuchte unterdessen, die enorme Erwartungshaltung zu dämpfen. "Es wäre ein Fehler, zu sagen, Hendrik oder ich sind jetzt die Heilsbringer", sagte der nachnominierte Weltmeister von 2007, als er am Donnerstag um kurz vor Vier das deutsche Teamhotel in Rouen erreichte: "Wir kommen beide, um die Mannschaft zu unterstützen. Sie hat es bisher hervorragend gemacht. Es läuft super." Nun warte "harte Arbeit und damit legen wir morgen gleich los."
Tatsächlich steht für das deutsche Team am Freitag die erste große WM-Prüfung an. Gegen Kroatien geht es um den Gruppensieg - und damit die vermeintlich leichtere (Katar statt Ägypten) Aufgabe im Achtelfinale. Zudem würde es mit Platz eins am Sonntag im nahegelegenen Paris (120 Kilometer) weitergehen, als Zweiter drohen durch den Umzug ins fast 900 Kilometer entfernte Montpellier deutlich größere Reisestrapazen.
Und so sprach Sigurdsson vom ersten Spiel mit „Endspiel-Charakter”. Nun gehe es wieder bei null los. „Jetzt fängt die K.o.-Phase an. Jetzt kommen diese Endspiele”, sagte er: „Wir haben in den letzten paar Turnieren, glaube ich, gezeigt, dass wir das ganz gut meistern können.” DHB-Vizepräsident Bob Hanning mahnt: „Es geht jetzt darum, maximale Fokussierung zu kriegen und richtig Gas zu geben.” Die Mannschaft wolle „das Spiel nutzen, um das Gefühl für das Turnier zu kriegen”.
Das wird schwer genug. Die Kroaten um Superstar Domagoj Duvnjak sind in Top-Form und hatten im bisherigen Turnierverlauf bislang kaum Mühe, gewannen alle vier Spiele souverän. „Sie sind schon sehr abhängig von Dule. Deswegen wird es wichtig sein, ihn auszuschalten”, sagte Kreisläufer Wiencek, Duvnjaks Teamkollege beim THW Kiel.
Dies gelang in der Vergangenheit eher schlecht als recht: Seit elf Jahren wartet das DHB-Team auf einen Sieg gegen die Osteuropäer. „Wir haben letztes Jahr auch nach zwölf Jahren wieder die Europameisterschaft gewonnen”, sagte Keeper Andreas Wolff, „insofern sind wir mittlerweile, glaube ich, ganz gut, Serien zu durchbrechen”.
Dabei helfen sollen die beiden Neuen. Von Glandorf verspricht sich Coach Sigurdsson Entlastung für Kai Häfner, den bislang einzigen Linkshänder im deutschen Rückraum. Mit Pekeler ist nun auch das Erfolgsduo im Mittelblock wieder vereint. Zusammen mit Abwehrchef Finn Lemke hatte Pekeler entscheidenden Anteil am EM-Triumph und gehörte auch bei Olympia-Bronze in Rio zu den Stützen im Team.
„Es haben nicht viele Teams solch einen Luxus, in dieser Phase des Turniers zwei Spieler mit so einem Kaliber nachzunominieren”, sagte Rückraumspieler Kühn: „Sie werden einige neue Impulse setzen.”