Halle: Von den EM-Helden lernen
Halle: Von den EM-Helden lernen
„Irgendwelche Verletzungen, die in den Spielbericht eingetragen werden müssen?", fragte Trainer Steffen Thiede seine Spielerinnen wenige Minuten nach der Schlusssirene. „Ein gebrochenes Herz", lautete Josephine Löbigs Antwort, vorgetragen mit einem gequälten Lächeln.
Zumindest ihren Humor hatte die Hallerin also nicht verloren, so sehr die 23:26-Heimniederlage der HSG Union ’92 gegen den MTV Altlandsberg sie und ihre Mitspielerinnen auch schmerzte. 19:14 führte der heimische Drittligist nach starker Offensivleistung zur Pause, knickte dann aber aufgrund mangelnder personeller Optionen kräftemäßig und schließlich auch mental ein.
"Da sieht man, was mit grenzenlosem Glauben möglich ist"
So dauerte es etwas, ehe sich die Spielerinnen gesammelt hatten und sich bereit fühlten, mit ihren Anhängern und den Altlandsbergerinnen in der Halle das Finale anzuschauen. Nach und nach trudelten sie in den Raum hinter der Cafeteria ein, in dem das Spiel auf einer Leinwand gezeigt wurde. Waren es anfangs vornehmlich die siegreichen Gäste aus Brandenburg, die Deutschlands bärenstarke Vorstellung lautstark bejubelten, besserte der näherrückende Titelgewinn die Laune der niedergeschlagenen Hallerinnen mehr und mehr auf. Erstes Indiz hierfür war der kollektiv mit gespielter Entrüstung vorgebrachte Ausruf „Oh nein!" bei der TV-Einblendung, die "Lindenstraße" müsse leider ausfallen.
Als die DHB-Helden schließlich gesiegt und den Titel gewonnen hatten, jubelten auch die Spielerinnen der Union. „Das ist ein schöner Abschluss nach einem doch enttäuschenden Verlauf unseres Spiels", meinte HSG-Vorsitzender Ernst-August Stüssel, während Steffen Thiede Parallelen zur eigenen Situation fand. „Da sieht man, was mit grenzenlosem Glauben möglich ist", sagte Halles Coach und lobte Bundestrainer Dagur Sigurdsson dafür, „wie er seinen jungen Spielern Vertrauen vermittelt. Ich hoffe, dass sich die Bundesliga-Trainer davon eine Scheibe abschneiden". Edda Sommer schließlich, Halles erfahrenste Spielerin, nimmt vom deutschen EM-Gewinn mit Blick auf den eigenen, am Sonntag zu kleinen Kader mit, „dass man an diejenigen glauben muss, die da sind und das Beste daraus machen muss".
Die eigene Leistung in der ersten Halbzeit und der EM-Triumph hatten ihr offenkundig frischen Mut für den Abstiegskampf eingeflößt. „Wir werden Spiele gewinnen und die Klasse halten", versicherte Edda Sommer und lieferte damit den Beweis: Das Haller Kämpferherz ist schon nicht mehr gebrochen, es schlägt längst wieder laut und deutlich.