Michael Jankowski hilft Neuseeländern
Michael Jankowski hilft Neuseeländern
Trainer der Bundesliga-A-Jugend der JSG NSM-Nettelstedt, Trainer der zweiten Mannschaft des TuS Nettelstedt, Schiedsrichter und nicht zuletzt Unternehmer. Michael Jankowski hat viel um die Ohren, muss sich seine Zeit gut einteilen. Vor allem, weil der B-Lizenzinhaber von Gütersloh für den Handball in den Mühlenkreis pendeln muss. Einfache Strecke rund sechzig Minuten. Zeit zum Ausspannen wäre in den Sommermonaten, wenn der Handball nicht durch die Sporthallen fliegt. Nicht so für den 37-jährigen, der auch einen großen Teil seines Sommerurlaubs mit Handball verbringt. Und zwar am anderen Ende der Welt. Als Entwicklungshelfer in Sachen Handball in Neuseeland.
„Im Alter von 14 habe ich angefangen zu reisen. Mein Ziel war es, so viel wie möglich von der Welt zu sehen“, sagt der Globetrotter, der bereits alle fünf Kontinente des Planeten bereist hat.
In den vergangenen sechs Jahren ging es dann fast ausschließlich nach Neuseeland. „Zum Ski fahren“, wie Jankowski erklärt. Denn auf der Südhalbkugel herrscht in europäischen Sommermonaten eben Winter. Zu diesem Zweck ging es auch das erste Mal auf die Insel. Da noch ohne handballerischen Hintergrund. „Rainer Zimmer, Mein damaliger Co-Trainer beim TV Bissendorf-Holte, hatte in Neuseeland schon etwas gemacht und meinte, wenn ich da bin, könnte ich ja auch etwas machen.“ Schnell war der Kontakt hergestellt. „Es wurden dann Ideen ausgetauscht und die die angebotene Hilfe wurde dankend angenommen.“ Zum ersten persönlichen Kontakt kam es in Wellington, der Hauptstadt und mit fünf Klubs neben der Metropole Auckland so etwas wie die Handballhochburg des Landes. „Ich habe dort in einem Hotel direkt neben einem Sport-Komplex gewohnt und bin dann einfach mal da rein gegangen. Zu meinem Erstaunen habe ich gesehen, dass dort Handball gespielt wurde“, beschreibt Jankowski den ersten Kontakt. „Die Menschen sind unglaublich offen und kontaktfreudig. Von daher hat sich alles weitere dann einfach so ergeben.“
In diesem Jahr besuchte der B-Lizenzinhaber, in dem Land, in dem Rugby gefolgt von Baseball und Netball die unangefochtene Sportart Nummer eins ist, die Hauptstadt Wellington, leitete eine Trainingseinheit, bildete Trainer fort und betrieb einen regen Austausch, wie man am besten helfen könne. Doch wer spielt in Neuseeland überhaupt Handball? „Zum einen sind es ehemalige Rugby-Spieler und dann vor allem Austauschschüler und ausländische Studenten oder Migranten, die aus Handall-affinen Ländern kommen. Vornehmlich sind das Deutsche und Franzosen. Aber es wird versucht, den Sport weiter nach vorne zu bringen. An einigen Colleges ist es bisweilen Pflichtsport geworden. Das Training wird dann von den Vereinen geleitet.“
Weshalb der Sport größtenteils außerhalb eines Vereinswesens organisiert ist, ist einfach. „Die College-Sporthallen sind beinahe die einzigen, in denen es ein Handball-oder Handball-ähnliches Feld gibt. Die Vereine, die einem College angeschlossen sind, können die Hallen dann kostenfrei nutzen. Ansonsten zahlen die Klubs horrende Hallengebühren. Teilweise bis zu 120 Dollar pro Stunde“, berichtet Jankowski von den alltäglichen Problemen. „Außerdem haben viele Spielfelder nicht die üblichen Handballmaße.“ Doch nicht nur an geeigneten Spielfeldern mangelt es. „Man bekommt dort auch keine Ausrüstung. Das müssen die alles übers Internet bestellen. Manchmal wird von einem Spieler, der in Europa Urlaub macht, etwas mitgebracht.“
Die Spielfeld-Problematik ist der größte Hemmschuh bei der Organisation der Spieltage, zu denen die Teams oftmals mit dem Flugzeug anreisen. Beim Training weniger. Die finden dann, wenn der Gütersloher nach Neuseeland kommt, gemeinsam mit Frauen- Männer- und Jugendteams statt. „Das muss man sich folgendermaßen vorstellen. Ich zeige den Trainern eine möglichst breite Palette an Übungen. Das spielerische Niveau der einzelnen Akteure ist sehr unterschiedlich. Deshalb zeige ich manchmal nur einfache Passübungen oder trainiere Eins-gegen-Eins-Situation und gebe Hilfestellungen. Für eine spezielle Trainingseinheit ist gar keine Zeit. Nach dem Training erkläre ich den Coaches, worin der Sinn in den einzelnen Übungen liegt. Die saugen einfach alles auf und alle sind unglaublich ehrgeizig. Wer glaubt, das ist nur „just for fun“, liegt grundlegend falsch. Die wollen sich richtig verbessern und gehen die Sache mit dem nötigen Ernst an. Die freuen sich, dass man ihnen in der Praxis Dinge zeigt. Vom Weltverband, der auch das ein oder andere Entwicklungsprogramm betreibt, bekommt man ein Playbook mit allerhand Theorie drin und das war es dann auch schon.“ Viele Gasttrainer scheitern übrigens an ihren überzogenen Erwartungen an die Mannschaften. „Ich kann da ja nicht hinkommen und denen sagen: Dein Entscheidungsverhalten ist Käse. Dann gucken die dich an und fragen: Was bist Du denn für einer?“
Das spielerische Niveau der höchsten Liga vergleicht Jankowski durchaus bei einigen Akteuren mit dem der dritten Ligen. „Das hängt natürlich stark davon ab, welche Teams gegeneinander spielen und welche Teams zu den in Turnierform organisierten Spieltagen anreisen. Denn oftmals reisen die Teams mit dem Flieger an. „Das geht natürlich – neben den Hallengebühren – ordentlich ins Geld.“ Auckland City, das Top Team der Insel zum Beispiel siegte in einem Vergleich mit der australischen Nationalmannschaft mit zehn Toren Unterschied. „Die neuseeländische Nationalmannschaft verliert aber gegen die „Aussies“. Denn die Einwanderer dürfen natürlich nicht für die Auswahl spielen und wenn sie die Staatsbürgerschaft haben, dann auch erst nach ein paar Jahren.“ Damit die Landesauswahl den Erzrivalen mittelfristig auf Augenhöhe begegnet, „wird derzeit eine Junioren-Nationalmannschaft zusammengestellt.“
Die neu gebildete Nachwuchsnationalmannschaft spielt dann in einer vom Handball-Weltverband organisierten Ozeanien-Meisterschaft gegen die Fidschi-Inseln, Neukaledonien, Samoa und Tahiti und natürlich Australien. Das wird dann auch landesweit im Fernsehen übertragen, um weiter Werbung zu machen.“ Denn gerade die Vergleiche mit Australien elektrisiert die knapp 4,5 Millionen Neuseeländer. „Das ist eine riesige Rivalität. Selbst zu einem Tischtennis-Länderspiel zwischen den beiden wäre die Halle gefüllt. Tischtennis ist dann egal. Aber es geht gegen Australien.“ Die Anfrage, das Team drei Wochen lang zu unterstützen, liegt Jankowski übrigens vor. Doch der Trainer von der JSG NSM-Nettelstedt kann auf es auf Grund seiner Selbständigkeit in diesem Jahr nicht einrichten, die Neuseeländer bei diesem Turnier zu unterstützen. Härtester Gegner werden die Fidschi-Inseln und Neukaledonien sein. „Aufgrund dessen, das die beide eine französische Kolonie waren, haben die eine gewisse Tradition und sind führend in Ozeanien, verfügen aber nicht über Verbandsstrukturen. Deshalb sind Teilnahmen an offiziellen, internationalen Titelkämpfen nicht möglich.
Vielleicht gelingt das den Neuseeländern. Die Grundsteine sind gelegt, der Verband entwickelt sich. „Was noch fehlt, ist, dass Akteure zeitlich begrenzt nach Europa kommen und sich hier weiter entwickeln. Hilfreich wären dann vielleicht organisierte Austausche, so ähnlich wie es mit „work-and-travel“ funktioniert.“