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Elitekader, Spezialistenlehrgänge und internationale Tendenzen: Jochen Beppler im Interview

31.10.2018
31.10.2018 · Home, Nationalteams, Juniorinnen Nationalteam, Jugend männlich Nationalteam, Jugend weiblich Nationalteam, Junioren Nationalteam · Von: bp

Elitekader, Spezialistenlehrgänge und internationale Tendenzen: Jochen Beppler im Interview

Wo steht der deutsche Nachwuchs? Wo wird der Deutsche Handballbund in Sachen Talentförderung künftig Akzente setzen? Was beinhaltet das neue Athletikkonzept? Zu all‘ diesen und noch vielen weiteren Fragen äußert sich Jochen Beppler, Chef-Bundestrainer Nachwuchs des DHB, in diesem zweiteiligen Interview. Im ersten Teil geht es um die Bilanz des Sommers und den Konsequenzen, die aus den Turnieranalysen gezogen wurden. 

Sie waren im Sommer mit den DHB-Auswahlen bei insgesamt drei Nachwuchsturnieren. Wie fällt Ihre jeweilige Bilanz aus?
Jochen Beppler: Die weibliche U20 hatte bei der WM in Ungarn in einer dichten Vorrundengruppe einige knappe Niederlagen kassiert. Die fehlende Konstanz stand einer besseren Platzierung als Rang 13 im Weg. Die Kader-Nominierung von Henk Groener für die Frauen-Länderspiele gegen Russland im Oktober hat jedoch gezeigt, dass es in diesem Team einige Talente mit Perspektive gibt.

Die männliche U20 hatte im Vorfeld der EM in Slowenien unglaublich viel zu kompensieren gehabt. Sie hat während der EM eine hervorragende Mannschaftsleistung hingelegt, da war wirklich das Team der Star, denn in jeder Partie haben andere Spieler die Führungsrolle übernommen, dadurch waren wir nur schwer auszurechnen. So kam mit der Bronzemedaille erneut ein überragendes Ergebnis heraus.

Gleiches gilt auch für die weibliche U18, die in Polen WM-Fünfter wurde. Sie hat ihre starke Vorstellung von der mit Gold gekrönten EM 2017 bestätigen können. Die Viertelfinalniederlage gegen Korea, als zwei Sekunden zum Halbfinaleinzug fehlten, war natürlich ganz bitter. 2017 waren sie europäische Spitze, bei diesem Turnier waren drei europäische Mannschaften und die Koreanerinnen stärker als wir, das zeigt, wie stark in diesen Jahrgängen die Entwicklung geht. Unter anderem Julia Weise und Maxi Mühlner haben ihr tolles Potenzial für die Zukunft unter Beweis gestellt.

Die männliche U18 hat bei der EM in Kroatien eine sehr souveräne Vorrunde hingelegt, dann aber in der Hauptrunde gegen die beiden späteren Finalisten Schweden und Island verloren. Beide Teams wären schlagbar gewesen, so aber verpasste die Mannschaft das Ziel Halbfinale.

Zudem hat die männliche B-Jugend zwei Vergleiche mit Frankreich gewonnen, das waren sehr gute Spiele.

Wenn man alle vier Turniere zusammennimmt, hat als einzige Nation nur Ungarn zwei Medaillen gewonnen. Ist die Spitze auch im Nachwuchs breiter geworden?
Jochen Beppler: Definitiv sind die europäische und die Weltspitze immer breiter geworden. Es zeigt aber auch die unterschiedlichen Entwicklungsschübe der Nationen. Schaut man sich zum Beispiel die dänischen Junioren an, die sind von Bronze im Vorjahr auf Rang 12 abgerutscht.

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang eine möglichst frühe Zentralisierung der Mannschaften, wie es andere europäische Nationen praktizieren?
Jochen Beppler: Frankreich, Ungarn und die Niederlande haben diese Nachwuchszentren und sind damit sehr erfolgreich. Ungarn und die Niederlande zunächst nur für den weiblichen Nachwuchs und nun auch für die Jungs. Wir beobachten diese Strukturen natürlich genau. Wir als DHB müssen nicht zwangsläufig alles zentralisieren, aber entsprechende Strukturen sind hilfreich für die Leistungsentwicklung der Spielerinnen und Spieler und ihre Entwicklung. Dazu zählen bei uns zum Beispiel der Elitekader, die um zahlreiche Spielerinnen aufgestockte Sportfördergruppe der Bundeswehr in Warendorf oder unser neues Modell der Spezialisten-Lehrgänge. 

Was muss man darunter verstehen?
Jochen Beppler: Wir hatten im Frühherbst erstmals einen Torhüterlehrgang, mit Jungs und Mädels aus allen Altersstufen unserer Nachwuchs-Nationalmannschaften. Dort konnten wir ganz gezielt fördern und trainieren. So etwas ist sicherlich nicht für alle Positionen möglich und muss auch nicht zwangsläufig immer männliche und weibliche Auswahlspieler beinhalten. Aber man könnte zum Beispiel entsprechende Spieler von den Junioren, der A-Jugend und einen U17-Nationalspieler gemeinsam individuell und mannschaftsübergreifend schulen. Es geht ja immer auch um die Spielphilosophie. 2019 ist zudem geplant, einen Lehrgang mit dem kompletten Elitekader - männlich und weiblich -durchzuführen. Dazu werden auch beide A-Bundestrainer kommen. Das alles zeigt, dass wir dem Trend anderer Nationen zu mehr Zentralisierung auf unsere Art begegnen. Die Resonanz auf den Torwartlehrgang war zum Beispiel sehr gut, darauf können wir aufbauen.