Das Ende einer Ära
Seit dem 1. Oktober 1983 wirkte Gerald Glöde als Geschäftsführer des Handball-Verbandes Niedersachsen. Mit Ablauf des Monats Januar ist Schluss. Der 65-jährige verheiratete Vater von drei erwachsenen Kindern wechselt in den Ruhestand. Alleiniger Geschäftsführer ist ab dem 1. Februar Markus Ernst, der seit dem 1. Oktober für den Handball-Verband tätig ist.
Präsident Stefan Hüdepohl würdigt das Engagement des scheidenden Geschäftsführers. Der Präsident mit Blick auf die andauernde Corona-Pandemie und die aktuellen Kontaktbeschränkungen: „Die offizielle Verabschiedung holen wir in einem angemessenen Rahmen zu einem späteren Zeitpunkt nach; wenn wir es dürfen.“ Fakt sei: Gerald Glöde habe in den vergangenen knapp 40 Jahren zur positiven Entwicklung des Verbandes beigetragen, wie bisher kein anderer haupt- oder ehrenamtlicher Mitarbeiter. Der 65-Jährige hinterlasse ein mehr als gut bestelltes Feld.
Glöde selbst: „Wichtig ist, dass ein Team in dieselbe Richtung rudert, vertrauensvoll zusammenarbeitet, auf Augenhöhe handelt und sich gegenseitig wertschätzt. Dafür stand der Handball-Verband Niedersachsen – und dafür sollte er weiter stehen.“
Der scheidende Geschäftsführer stammt aus Südbaden; aus Oppenau in Baden-Württemberg, einer 5000-Seelen-Stadt im Schwarzwald. Er bewegte sich schon im Alter von neun Jahren beim TuS Oppenau mit Hand und Ball auf dem Parkett. „Nein, Schul-AGs gab es damals noch nicht“, sagt er. Geschätzt am Handball habe er immer dessen Vielseitigkeit. Am Gymnasium seiner Heimatstadt, heute ein Gymnasium mit Sportprofil, zählte er zu den besten Sportlern seines Jahrganges. Während der Abiturfeier nahm er neben dem Abschlusszeugnis die Alfred-Maul-Medaille für herausragende Leistungen im Schulfach Sport entgegen.
Gerald Glöde gilt als Netzwerker. Während des Studiums an der Sporthochschule und an der Universität Köln studierte er Sport und Geschichte, knüpfte unter anderem Kontakte zum 104-fachen Nationalspieler Joachim Deckarm, der 1979 bei einem Europapokal-Spiel des VfL Gummersbach in Ungarn schwer verunglückte. Kontakt pflegt er heute noch zu seinem ehemaligen Kommilitonen Johannes Krause. Der WDR-Redakteur veröffentlichte 2017 die ARD-Dokumentation „Handball – ein Jahrhundertsport“.
Während des Aufbaustudiums Sportrecht und Sportverwaltung in Bayreuth lernte er Professor Dr. Detlef Kuhlmann kennen. Kuhlmann ist heute Vorstand des Instituts für Sportwissenschaft an der Leibniz-Universität in Hannover und gilt als enger Vertrauter des scheidenden Geschäftsführers.
1983 trat Gerald Glöde die Nachfolge des bisherigen Geschäftsführers Otto Sturm an. Neben Präsident Herbert Bock nahm für den Verband Walter Kreienmeyer an den Auswahlgesprächen teil. Bock ist heute Ehrenpräsident des Handball-Verbandes Niedersachsen. Walter Kreienmeyer ist Ehrenmitglied.
Sitz des Handball-Verbandes Niedersachsen war Anfang der 80-er Jahre das Gebäude Maschstraße 20 in Hannover. In den beiden Räumen im Dachgeschoss wirkten neben dem Geschäftsführer zwei Teilzeitbeschäftigte im Sekretariat. 2021 sind neben dem Geschäftsführer zwei Mitarbeiterinnen im Sekretariat, eine Mitarbeiterin für die Buchhaltung, drei Referenten und zwei Landestrainer für den Verband tätig; zusätzlich zwei Absolventen eines Freiwilligen Sozialen Jahres und ein Absolvent des Bundesfreiwilligendienstes. „Die Aufgaben wurden in den vergangenen vier Jahrzehnten immer komplexer“, so Glöde. „Die kannst Du heute nicht mehr allein bewältigen, wenn du dich als moderner Dienstleister behaupten willst.“
Neben der Personalentwicklung legte der Wahl-Hannoveraner ein Hauptaugenmerk seines Wirkens auf die Digitalisierung der Organisations- und Verwaltungsabläufe des Verbandes. Neben Verbandsadministrator Dieter Hummes gilt Gerald Glöde als Motor der Einführung und Weiterentwicklung der Kommunikations- und Informationsplattform nuLiga im Handballsport. Elf weitere Landesverbände im Deutschen Handballbund nutzen heute die Plattform, die Haupt- und Ehrenamt zur Pflege der Spieldaten dient, aber auch dem Bescheid- und Seminarwesen. „Eine echte Erfolgsgeschichte“, sagt Glöde, nicht zuletzt mit Blick auf die Einführung des elektronischen Spielberichtes und des digitalen Spielausweises.
Als „Erfolgsgeschichte“ erwies sich genauso der Beschluss des Verbandstages im Jahr 2001, gemeinsam mit dem damaligen Sportkreis Hannover-Land die Immobilie Maschstraße 20 zu kaufen; zum Kaufpreis von zwei Millionen Mark. Eigentümer war seit 1949 der Landessportbund Niedersachsen, der den Neubau eines Verwaltungsgebäudes am Ferdinand-Wilhelm-Fricke-Weg anstrebte. Sportkreis Hannover-Land und Handball-Verband gründeten für den Kauf und die Verwaltung der Immobilie die Grundstücksgesellschaft Maschstraße 20 GbR. Neben dem damaligen Vizepräsidenten Finanzen, Wolfgang Gremmel, heute Ehrenmitglied des Handball-Verbandes Niedersachsen, gilt auch hier Gerald Glöde als Triebfeder in der Ideenfindung und Umsetzung.
Der scheidende Geschäftsführer selbst bezeichnet die Auflösung der Handball-Kreise und Handball-Bezirke sowie die Einführung der Regionen im Jahr 2007 als einen der wichtigsten Meilensteine, die der Handball-Verband Niedersachsen in den vergangenen 40 Jahren passiert habe. „Nicht nur Sportverbände haben nachgezogen“, erklärt Glöde. „Das war damals auf jeden Fall der richtige Schritt, um den Verband auf Dauer weiterentwickeln zu können.“
Er blicke gerne auf nahezu 40 Jahre Engagement für den Handball in Niedersachsen, aber auch über die Landesgrenzen hinaus zurück. Wenn der 65-Jährige von der Handball-Weltmeisterschaft der Männer im Jahr 2007 in Deutschland spricht, die er als Leiter des örtlichen Organisationskomitees in Halle / Westfalen begleitete, glänzen seine Augen.
Auch jedes Länderspiel in Hannover, dass der Verband im Auftrag des Deutschen Handballbundes ausgerichtet hat, „um unseren Sport in der Diaspora bekannter zu machen“, sei ein Erlebnis für sich gewesen. „Wir hatten immer volle Hallen.“
Seinem Nachfolger Markus Ernst und allen anderen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern des Handball-Verbandes Niedersachsen empfiehlt der scheidende Geschäftsführer, nicht nachzulassen, den Handballsport weiterzuentwickeln und die Arbeit der Dach- und Spitzenverbände kritisch zu begleiten. „Der Verband hatte immer ein gutes Standing. Uns das muss auch so bleiben.“
Ein offenes und vertrauensvolles Miteinander sei wichtig: „Wenn sich jeder nur ein Stück weit zurücknimmt, und tatsächlich die Sache in den Vordergrund stellt, gehen wir alle gemeinsam einen Schritt weiter.“
(PM HVN)