Voneinander lernen, miteinander sprechen
Jochen Beppler, Wolfgang Jamelle, Henk Groener und Alfred Gislason nahmen am Austausch Teil. - Foto: Screenshot
03.04.2020 Schiedsrichter

Voneinander lernen, miteinander sprechen

Über 40 Teilnehmer bei erster großer Videokonferenz von DHB-Bundestrainern und DHB-Topschiedsrichtern - Themen waren Regelauslegungen und potenzielle Tests neuer IHF-Regeln

Oft sprechen Schiedsrichter und Trainer eher übereinander, aber es geht auch anders und miteinander: Der Deutsche Handballbund hat die aktuelle Corona-bedingte Spielpause dazu genutzt, um die DHB-Bundestrainer Alfred Gislason (Männer), Henk Groener (Frauen) und Jochen Beppler (Chef-Bundestrainer Nachwuchs) per Videokonferenz mit rund 40 deutschen Spitzenschiedsrichtern zusammenzubringen. Unter der Moderation von DHB-Sportvorstand Axel Kromer sowie DHB-Schiedsrichterchef Wolfgang Jamelle nahmen knapp die Hälfte aller DHB-Eliteschiedsrichter und Anschlusskader-Gespanne an dieser virtuellen Runde teil, um sich zu aktuellen Themen auszutauschen.

„Es bestand von Seiten der Schiedsrichter schon häufiger der Wunsch, dass Trainer zu ihren Treffen kämen, das war aus terminlichen Gründen leider nicht möglich. Nun, in einer Zeit, in der der DHB sehr stark konzeptionell arbeiten kann, haben wir beide Seiten zusammengebracht - und das Ergebnis war wirklich sehenswert. Wir haben beschlossen, diese Form der Videokonferenzen nun vierteljährlich fortzusetzen, dann immer mit einem Schwerpunktthema“, sagt Kromer. Die Trainer und Schiedsrichter werden dann zu diesen Themen Videomaterial aus Spielen zusammenstellen, die dann diskutiert werden. „Der Bedarf der intensiven Kommunikation ist von beiden Seiten da“, sagt Kromer: „Und der neue Kommunikationsweg hat ebenfalls stabil funktioniert.“

In der ersten, rund 75-minütigen Videokonferenz ging es vor allem um unterschiedliche Regelauslegungen in den Bundesligen im Vergleich zu internationalen Wettbewerben, spezifischen Dingen wie dem passiven Spiel oder dem Kreisläuferverhalten sowie um den Test von potenziellen künftigen IHF-Regeländerungen in Deutschland. Im Raum steht zum Beispiel eine neue Variante des Anwurfs sowie Reduzierung von sechs auf vier Pässen, wenn passives Spiel angezeigt wird.

Der für den Weltverband tätige Jochen Beppler erläuterte zudem die neuesten Erkenntnisse der Tagung aller IHF-Referenten in Ungarn: „Das Abwehrspiel wird auch zukünftig eine weitere Aufwertung erfahren, von der jene Spieler, Trainer und Schiedsrichter profitieren werden, die diese am schnellsten und besten adaptieren. Beispielhaft dafür sind die angedachten Regeländerungen des Weltverbandes im Bereich des Verhaltens zum Gegenspieler und des passiven Spiels.“

 „Warum erhielt die deutsche Männer-Nationalmannschaft bei den vergangenen beiden internationalen Turnieren mehr Zeitstrafen als andere Nationen?“, war ein weiteres Thema. Beppler und Kromer präsentierten dazu Zahlenmaterial. „Es war der Wunsch der Bundestrainer, dass in nationalen Wettbewerben eine ähnliche Linie gepfiffen wird wie international“, sagt Jamelle. Es gäbe teilweise unterschiedliche Auffassungen. Wenn diese identifiziert und umgesetzt würden, würde dies den Spielern die Sache erleichtern. Genau umgekehrt sieht Frauen-Bundestrainer Henk Groener die Lage: „Während in der Männer-Bundesliga mehr erlaubt ist, wird im internationalen Frauenhandball mehr Intensität und Kontaktfreudigkeit toleriert als in der HBF.“

Andere IHF-Forderungen, wie die Reduzierung der Gelben Karten sieht der DHB-Schiedsrichterchef allerdings kritisch: „Da ist nicht alles umsetzbar, aber generell wollen wir uns mehr anpassen.“ Jamelle findet, dass der Austausch mit den Bundestrainern „sehr sinnvoll“ gewesen sei: „Ich habe viele positive Rückmeldungen der Schiedsrichter erhalten, aber auch die Bundestrainer haben profitiert. Diese Möglichkeit wollen wir in Zukunft weiter nutzen.“ Zudem solle auch der direkte Austausch mit Vereinstrainern der Bundesligen in Workshops ausgebaut werden. „Unser Lehrwarte Jürgen Rieber und Kay Holm sowie Robert Schulze als Sprecher der DHB-Elitekader-Schiedsrichter werden auch dafür künftige Themen vorbereiten“, sagt Jamelle.

„Trainer und Schiedsrichter haben sich intensiv ausgetauscht und streben dabei gemeinsame Positionen an“, sagt Beppler und ergänzt: „Solche Austausche sind wichtig, um den DHB sowohl von sportlicher Seite der Nationalmannschaften als auch über Schiedsrichter-Nominierungen erfolgreich aufzustellen. Trainer und Schiedsrichter haben es in diesem Bereich gemeinsam in der Hand, dass die deutschen Spielerinnen und Spieler neue Tendenzen im Sinne des Erfolgs schnell adaptieren“

Dass solche Termine generell das Verständnis von Schiedsrichtern und Trainern fördern, findet Frauen-Bundestrainer Henk Groener: „Beide Seiten prägen das Spiel, daher sollten sich Schiedsrichter und Trainer öfter treffen, um sich besser zu verstehen und den nötigen Respekt füreinander mitzubringen, daher ist das eine sehr positive Geschichte gewesen. So lernen Schiedsrichter zum Beispiel mehr über die Spielauffassung von uns, und wir lernen, was Regelauslegung und Bestrafung betrifft.“

Als Vorbild nennt Groener Rugby, wo Schiedsrichter und Trainer „ein herausragendes Verhältnis“ hätten: „Im Handball ist es schon gut, aber auch bei uns lässt sich noch einiges verbessern.“

(BP)

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