Johannes Golla (rechts). - Foto: Marco Wolf
Johannes Golla (rechts) mit Torwart Andreas Wolff und Julian Köster. - Foto: Marco Wolf

Knifflige Situation, glücklicher Punkt

08.05.2025 | Männer

 

Kapitän Johannes Golla über das Remis in der Schweiz und das letzte EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei

Einerseits ein wenig Freude über den vorzeitig erreichten Gruppensieg in der Qualifikation zur EHF EURO 2026, andererseits größerer Ärger über das 32:32 gegen die Schweiz im Züricher Hallenstadion – das Spiel am Mittwochabend hinterließ nicht nur bei Johannes Golla sehr gemischte Gefühle. Der Kapitän der deutschen Handball-Nationalmannschaft analysiert die Partie von Mittwochabend und blickt voraus auf den Abschluss der EM-Qualifikation. Am Sonntag trifft das Team von Bundestrainer Alfred Gislason in der Porsche-Arena Stuttgart auf die Türkei; das Spiel beginnt um 18 Uhr und wird von der ARD via sportschau.de im Livestream übertragen.

32:32, im letzten Moment das Remis und den Gruppensieg in der EM-Qualifikation geholt – wie ist das Spiel gegen die Schweiz damit einzuordnen?
Golla: Man könnte sagen, wir haben alles gemacht, was wir nötig war – aber so leicht ist es natürlich nicht. Abgesehen von den letzten zehn Minuten kann ich dem Spiel nicht viel Gutes abgewinnen. Es war nicht in Ordnung von uns, wie wir über weite Strecken gespielt haben, weil wir die Zweikämpfe überhaupt nicht so annehmen, dass wir den Gegner vor Probleme stellen. Wir verlieren jeden Zweikampf, die Schweizer können abrollen bis nach außen, und wir helfen unseren Torhütern gar nicht. Wir konnten uns noch bei Andi Wolff bedanken, dass wir in der ersten Halbzeit im Spiel bleiben.

Und vorn?
Golla: Da machen wir gerade in der ersten Hälfte viel zu viele technische Fehler. Man muss auch riesigen Respekt an Nikola Portner aussprechen, dass er ein starkes Spiel macht. Trotzdem wollen und müssen wir das selbst natürlich besser machen. Alles in allem war das 50 Minuten lang nicht das, was wir uns vorstellen. Und das müssen wir in Zukunft viel besser lösen. 

Für die Schweiz war es ein sehr besonderes Spiel. Warum hat auf deutscher Seite über weite Strecken die Emotionalität gefehlt?
Golla: Das Hallenstadion Zürich war eine tolle Arena mit vielen Fans. Wir wissen selbst, wie Heimspiele beflügeln können, wie viel Spaß es macht, vor so einer Kulisse zu spielen. Und man hat auch gemerkt, dass es für die Schweiz gegen uns um alles ging. Trotzdem war es unser Ziel, mindestens mit der gleichen Intensität zu Werke zu gehen und uns nicht beeindrucken zu lassen. Jetzt müssen wir feststellen, dass wir 50 Minuten lang nicht das Level an Härte in der Abwehr mitgegangen sind. 

Was sind die Lehren aus so einem Spiel?
Golla: Leider haben wir da nicht genug aus der letzten Länderspielwoche im März und auch aus der WM im Januar gelernt. Wir dürfen Gegner, die von ihrer Qualität vielleicht nicht mit uns auf gleicher Augenhöhe sind, nicht über Kampf ins Spiel kommen lassen. Wir müssen einfach das Niveau an Intensität mitgehen und dürfen uns da nicht von der Härte des beeindrucken lassen. Und wir sagen immer, dass wir daraus lernen müssen. Eigentlich sind wir zu gut, so etwas zuzulassen. In Zürich haben wir uns selbst in eine sehr knifflige Situation gebracht und am Ende einen glücklichen Punkt geholt.

Jetzt geht es gegen die Türkei.
Golla: Das Spiel wollen wir besser gestalten, denn anschließend sehen wir uns ganz lange nicht. Wir wollen uns am Sonntag mit einem guten Gefühl bis Oktober voneinander verabschieden.

Auch gegen die Türkei wird die deutsche Handball-Nationalmannschaft mit sehr vielen sehr jungen Spielern auflaufen. Was bedeutet das für deine Aufgaben als Kapitän?
Golla: In dieser Woche sind natürlich mehr Rückfragen gekommen. Es ist immer etwas Neues, weil neue Spieler erstmal in das System eingearbeitet werden müssen. Das Gute für die Jungs ist, dass sie sich bereits gut kennen. Da kommt niemand in eine völlig neue Gruppe, sondern es gibt viele Kontakte aus den Vereinen oder der Junioren-Nationalmannschaft. Die Jungs zu integrieren, ist deshalb keine große Herausforderung. Und man merkt immer wieder deren riesigen Einsatz und große Freude. Das zu sehen, macht viel Spaß.

Und die sportliche Qualität?
Golla: Die ist unglaublich groß. Die neuen Jungs können auf jeden Fall mithalten. Sie haben die Trainingseinheiten gut genutzt. Und wenn ich an Mathis Häseler denke – der hat ein überragendes Spiel gemacht. Es ist sehr schön, dass Spieler dieser Qualität nachkommen.

(Interview: Tim Oliver Kalle)