Alles nur Kopfsache: HSG Konstanz knackt Junglöwen in zweiter Halbzeit
Alles nur Kopfsache: HSG Konstanz knackt Junglöwen in zweiter Halbzeit
Nach zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten konnte sich die HSG Konstanz vor 500 Zuschauern am Ende noch deutlich gegen den bisherigen Tabellendritten SG Kronau/Östringen II mit 24:18 (10:10) durchsetzen und rangiert nach dem fünften Sieg im siebten Heimspiel nun auf Platz sieben der 3. Liga – mit lediglich einem Zähler Rückstand auf Platz drei.
Handball kann schon verrückt sein. Völlig verrückt sogar. Man stelle sich vor, es stehen sich der Tabellenneunte und -dritte gegenüber. Über 23 Minuten sind bereits gespielt und dem neuntplatzierten Gastgeber gelingt in dieser langen, dieser quälend langen Zeit, so muss man sagen, nur ein einziges Törchen aus dem Spiel heraus. Man könnte Schlimmes befürchten für dieses Team. Ein drohendes Debakel, eine Demontage durch wie entfesselt aufspielende Junglöwen. Diesen Wirklichkeit gewordenen Albtraum musste die HSG Konstanz tatsächlich durchleben. Die Anzeigetafeln verkündeten zu diesem Zeitpunkt ein 9:4 für die Bundesligareserve der Rhein-Neckar Löwen. Nur, muss man hinzufügen.
Nur mit fünf Toren lag Konstanz im Hintertreffen, als man endlich schweißgebadet in einer Auszeit von HSG-Cheftrainer Daniel Eblen aus dem Albtraum geweckt wurde. Dass trotzdem noch alles möglich war, hatte drei Gründe. Neben dem einen einzigen erzielten Feldtor bewies Paul Kaletsch von der Siebenmetermarke wieder, dass er beim Strafwurf Nerven wie Drahtseile hat und sorgte mit drei verwandelten Siebenmetern bei drei Versuchen dafür, dass die HSG in den ersten 23 Minuten immerhin vier eigene Tore erzielt hatte. Zudem präsentierte sich die Defensive der Konstanzer erneut in guter Verfassung und hielt das Team mit lediglich neun Gegentoren im Spiel. Schließlich hatten es die Gastgeber aber auch einem blutjungen Löwen-Team zu verdanken, dass die Vorentscheidung noch nicht gefallen war.
Wie die HSG machte auch der Bundesliga-Nachwuchs der Löwen viele, viele technische Fehler und konnte die Schwächephase der HSG nicht noch konsequenter für sich ausnutzen, auch wenn das Glück nicht gerade auf Konstanzer Seite war. In der Offensive misslang unter anderem ein Gegenstoß-Versuch knapp am etwas zu langen Pass, zwei weitere blieben am starken SG-Schlussmann Marco Bitz hängen, ein weiterer Versuch von Benjamin Schweda sprang vom Innenpfosten wieder heraus. In der Defensive hatte Konstanz nicht weniger Pech. Hier sprang der Ball vom Pfosten an den Rücken von HSG-Torhüter Max Folchert und von dort in das Tor oder der Abpraller landete bei der HSG, nur um Sekunden später doch wieder in den Händen von Kronau-Östringen zu landen. Am Nikolaustag hatte Knecht Ruprecht wahrlich keine schönen Geschenke für die Hausherren mitgebracht.
Ohne die verletzten Matthias Stocker (Fingerbruch) und Alexander Lauber (Handbruch) hatte Konstanz von Beginn an vor allem enorme Probleme gegen die unbequeme offensive Abwehr der Gäste. HSG-Torwart Max Folchert stellte fest, dass die HSG „sich enorm schwer getan hat und wir leider an die Abschlussschwäche aus dem Leutershausen-Spiel angeknüpft haben.“ Zerfahren, hektisch und zu ineffizient, so beschrieb Kai Mittendorf die ersten 23 Horror-Minuten für seine Mannschaft: „Die offensive Abwehr der SG hat das gut gemacht, indem sie uns immer wieder den Schwung genommen hat und wir uns dadurch im Eins-gegen-Eins festgerannt haben. Es hat anfangs nur das Spiel über den Kreis funktioniert, bis wir uns besser auf das Spiel eingestellt hatten.“
Daniel Eblen musste nach 23 Minuten die Notbremse ziehen und konnte seiner Mannschaft neue Impulse mit auf den Weg geben. „Wir haben uns selbst das Loch gegraben, vergeben reihenweise freie Chancen und Gegenstöße und machen dazu wirklich komische Fehler und fangen uns dadurch selbst blöde Gegenstoßtore ein“, erläutert der HSG-Cheftrainer, „wir haben damit gerechnet, dass Kronau aggressiver gegen den Ballführenden verteidigt, stattdessen haben sie antizipativ gespielt und die Lücke da, wo der Ball hin sollte, sehr schnell zugemacht. Das hat uns wohl etwas verunsichert.“ Zumindest so lange, bis er sein Team neu geordnet hatte. Alles nur Kopfsache. Der Schalter war umgelegt, die Lösung für das von der SG gestellte Rätsel gefunden. Die letzten acht Minuten des ersten Durchgangs konnte Konstanz mit einem beeindruckenden Zwischenspurt nämlich noch dazu nutzen, aus einem 4:9 ein 10:10 zu machen. Insbesondere die letzten 22 Sekunden gaben der Heimmannschaft noch einmal einen richtigen Schub zur rechten Zeit. Erst Sebastian Groh und dann Fabian Schlaich stellten mit zwei schnellen Toren nach knapp 20 Minuten in Rückstand erstmals wieder den Gleichstand her.
„Das war unglaublich wichtig, dass wir vor der Halbzeit noch einmal zurückgekommen sind und mit der Halbzeitsirene den Ausgleich geschafft haben. Das hat uns natürlich gepusht. Wir sind nach dem Time-out wieder mehr mit Volldampf in die Räume gegangen und haben dann in der zweiten Halbzeit den Schlüssel gefunden“, meinte Daniel Eblen, der den psychologischen Vorteil des Spielverlaufs nicht unterschätzen wollte. Tatsächlich konnte Kronau-Östringen nur noch bis zum 13:13 (37.) mithalten, dann ging das Rezept des HSG-Coaches langsam aber sicher endgültig auf. Fast zehn Minuten blieben die Junglöwen torlos, während die HSG nun auch in der Offensive immer besser zu ihrem Spiel fand. 17:13 (46.) war die logische Konsequenz, die Daniel Eblen vor allem an einer Umstellung festmachte: „Wir haben einiges probieren müssen, aber als wir Paul Kaletsch auf die Mitte beordert hatten, wurde unser Spiel unberechenbarer, da Paul ständige Torgefahr ausgestrahlt hat und es für seine bis dahin nach außen gepressten Nebenleute dadurch einfacher wurde. Die SG konnte dann so nicht weiterspielen und musste neue Lösungen finden.“
Eine davon war ein zusätzlicher Feldspieler. Allerdings nur noch beim 19:17 (52.) waren die Gäste, bei denen Ex-HSG-Jugendspieler Adam Soos zweimal erfolgreich war, in Reichweite. Doch erneut stellte Konstanz mit vier Toren in Folge zum 23:17 (58.) einen am Ende ungefährdeten Heimsieg sicher, bevor der mit sechs Treffern beste Feldtorschütze der Partie, HSG-Kreisläufer Sebastian Groh, als Rechtshänder von Rechtsaußen mit einem wunderbaren Zauber-Tor den Schlusspunkt zum deutlichen 24:18-Erfolg setzen konnte.
„Zwar haben wir heute nicht so gut wie letzte Woche gespielt, dafür haben wir heute die beiden Punkte geholt. Das war wichtig und darüber kann ich mich mindestens genauso freuen“, zog Daniel Eblen anschließend ein zufriedenes Resümee. Er wusste genau, wo sein Team angesichts von nur 18 Gegentoren gegen einen als sehr offensivstark bekannten Gegner heute wieder einmal überzeugt hatte: „Die Abwehr und Max Folchert haben vor allem in der zweiten Halbzeit mit nur acht Gegentoren natürlich ein riesen Spiel gemacht.“ Einer, der großen Anteil an der phänomenalen Abwehrleistung hatte, war Kai Mittendorf: „Dass sich Kronau gezwungenermaßen etwas in der Abwehr zurückziehen musste, hat uns geholfen. Wir waren dann konzentrierter und haben den Ball besser laufen lassen. Ich bin froh, dass wir im letzten Heimspiel des Jahres einen positiven Abschluss geschafft und wieder ein positives Punktverhältnis erreicht haben.“
Dieses soll auch im letzten Spiel des Jahres am kommenden Samstag in Kornwestheim vor dem Bundesliga-Superball am 10.1.2015 Bestand haben. „Kornwestheim ist spielerisch gut und hat sich im Vergleich zum Vorjahr noch einmal verstärkt. Es wird schwer, da sie sehr angriffsstark sind und die unterschiedlichsten Abwehrsysteme beherrschen. Man kann dort nie so recht wissen, was auf einen zukommt, deshalb müssen wir mental auf der Höhe sein“, warnt Daniel Eblen vor der letzten Aufgabe vor der kurzen Spielpause.
HSG Konstanz: Wolf, Folchert (Tor); Kaletsch (9/7), Schlaich (2), Schweda, Groh (6), Riedel (1), Hafner, Mittendorf, Flockerzie (2), Faißt (4), Muturi, Krüger, Bruderhofer.
Zuschauer: 500.