Bann gebrochen: HSG Konstanz kämpft Heilbronn nieder und holt sich ersten Sieg
Bann gebrochen: HSG Konstanz kämpft Heilbronn nieder und holt sich ersten Sieg
Der Bann ist gebrochen: Mit einer wieder richtig gut arbeitenden Abwehrformation und großem Kampf holte sich die HSG Konstanz vor 500 begeisterten Zuschauern gegen den TSB Heilbronn/Horkeim mit einem 22:20 (13:9)-Erfolg den ersten Saisonsieg. „Ich bin überglücklich, dass wir uns heute endlich für die harte Trainingsarbeit belohnen konnten“, sprudelte es aus dem insgesamt elfmal erfolgreichen Paul Kaletsch heraus, „da hat uns die Halle heute auch richtig gepusht. Es konnte heute gar nicht schief gehen, wir waren heute einfach reif für den ersten Sieg und haben nun endlich auch mal wieder etwas zu feiern.“
Die Felsbrocken, die allen Konstanzern nach dem Schlusspfiff vom Herzen gefallen sind, waren wohl bis ans Horkheimer Stauwehr zu hören. Zentnerlasten schienen von den Schultern der HSG-Spieler abgefallen, als die Schlusssirene ertönt war. Der erste Saisonsieg war endlich Realität geworden, die Erleichterung darüber förmlich greifbar und riesengroß. „Wir sind total erleichtert, dass es heute endlich geklappt hat, auch wenn es am Ende noch einmal richtig eng wurde. Das macht die Freude jetzt nur noch umso intensiver“, stellte HSG-Torhüter Max Folchert freudestrahlend fest. Das, was die Freude über den ersten Erfolg der Saison noch größer machte, waren wieder erstaunliche Parallelen zur letzten Saison. Die Zutaten für ein dramatisches, wenn auch nicht immer frei von Fehlern gewesenes Match: Vor allem ein Abwehrverbund, der von der ersten Minute an im Zusammenspiel mit einem großartig auftrumpfenden Max Folchert dem sehr offensivstarken Kontrahenten aus Heilbronn/Horkheim so gut wie keine Luft zur Entfaltung bot. Dazu eine konzentriertere Leistung in der Offensive als zuletzt mit viel Wucht und Kraft und schließlich doch noch einmal großes Zittern nach einem vermeintlich beruhigenden Vorsprung, bevor in einem wahren Herzschlagfinale der Sieg auf spektakuläre Art und Weise sichergestellt werden konnte.
Dabei waren die Anspannung und die Nervosität auf Seiten der Gastgeber nach den letzten Negativerlebnissen schon vor dem Duell mit dem Spitzenteam aus Heilbronn groß. Größer waren jedoch die Entschlossenheit und der Wille, es besser als zuletzt zu machen. Wie schon in der vergangenen Spielzeit, als die HSG den TSB nach einem ähnlichen Krimi in einer wahren Abwehrschlacht mit 23:20 besiegt hatte, deuteten auch dieses Mal schon die ersten Minuten auf einen ähnlichen Verlauf der Partie hin. Mit der gewohnten Präsenz und Kompromisslosigkeit in der Deckung ließ es Konstanz gar nicht zu, dass Heilbronn/Horkheim sein zweifellos vorhandenes großes Offensiv-Potenzial auch nur annähernd hätte ausspielen können. Von Beginn an konnte die HSG somit immer vorlegen, nach knapp elf Minuten beim Zwischenstand von 6:2 schon mit vier Toren. Das ohne ihren verletzten Mannschaftskapitän Matthias Faißt sehr junge Team der HSG zwang Jochen Zürn auf der Bank der Gäste zur frühen Auszeit. Die Halle tobte schon jetzt. Auch die Zuschauer spürten, wie wichtig ein guter Start für das Nervenkostüm der HSG sein würde.
Neben dem massiven 6:0-Block waren auch die sich nun häufenden Fehlwürfe der Gäste mitverantwortlich dafür, dass auf Konstanzer Seite nun fast alles funktionierte und jegliche Unsicherheit verfolgen schien. So sorgte ein ganz frech aufspielender Benjamin Schweda als Ersatz für den angeschlagenen Matthias Stocker, der unter der Woche kaum hatte trainieren können, auf der Spielmacherposition für Schwung und den Treffer zum 9:4. Eigentlich, denn er wurde nicht anerkannt. Auch davon ließ sich die HSG jetzt allerdings nicht entmutigen und nutze den ihr zugesprochenen Freiwurf zu einem Pass auf Fabian Schlaich, der dann auch tatsächlich das 9:4 markieren konnte (19.). Der 13:5-Zwischenstand nach 25 Minuten schien Konstanz die nötige Sicherheit und den Glauben an die eigene Stärke zurückgebracht zu haben und – so wie es das junge HSG-Team zuletzt mehrmals hatte am eigenen Leib leidvoll erfahren müssen – die ebenfalls sehr junge Heilbronner Mannschaft geriet in einen gefährlichen Abwärtssog. Die „Horkheim Hunters“, wie sich das Team selbst nennt, verlor nun die zuvor in dieser Saison gezeigte Souveränität und hatte offensichtlich nun ebenso mit den eigenen Nerven zu kämpfen. So schnell können sich die Rollen verändern, kann der Jäger zum Gejagten werden und sich das Momentum in die genau entgegengesetzte Richtung verändern. Nun, zum ersten Mal in dieser Saison, zu Gunsten der Konstanzer. Die Folge: Das Glück war zurück bei der HSG, denn bei einigen Würfen des TSB war auch der Pfosten bzw. die Latte auf Seiten der Konstanzer. So wie es zuletzt auf Seiten der Gegner gewesen war, als es einfach nicht laufen wollte. Allen voran war es aber ein wieder hervorragendes Zusammenspiel zwischen Abwehr und Torhüter, das eines der bis dato treffsichersten Teams entnervt, verunsichert und zu vielen Fehlern gezwungen hatte.
Nun lief es nicht bei Heilbronn, das Pech kam dazu und Konstanz schien unaufhaltsam zu enteilen. Dass frisch wiedererlangtes Selbstvertrauen mitunter ein fragiles Gebilde sein kann, zeigte sich jedoch schnell. In den letzten fünf Minuten der ersten Halbzeit sollte Konstanz nämlich kein einziges Tor mehr gelingen und die Gäste aus dem Unterland konnten beim Stand von nur noch 13:9 zur Halbzeit neue Hoffnung schöpfen und waren unverhofft wieder komplett zurück im Spiel. Die HSG hingegen begann zu Wanken, beging wieder einige technische Fehler schloss zu schnell und überhastet ab.
Zunächst konnte sich Konstanz der Angriffe der Gäste noch erfolgreich erwehren und die Aufholjagd der Gäste etwas ausbremsen. Bis zur 45. Minute hielt der Drei-Tore-Vorsprung (17:14), dann machte sich die Umstellung des TSB auf eine 5:1-Abwehr langsam bezahlt. Tor um Tor schmolz der Vorsprung dahin, schließlich war der Ausgleich für Heilbronn geschafft: 19:19 nach 55 Minuten. Zuvor hatte Stefan Bruderhofer nach einem unglücklichen Zusammenprall die direkte rote Karte gesehen. Eine harte, eine zu harte Entscheidung der Unparteiischen. Nun entwickelte sich ein wahrer Krimi. Schon wieder. Negative Erinnerungen an das vor Wochenfrist verlorene Südbaden-Derby wurden wach, als die flatternden Nerven ebenfalls auf der Zielgeraden einen Erfolg verhindert hatten. Es drohte eine Wiederholung der Geschichte. Doch, wie schon Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker bemerkte, „wiederholt sich Geschichte nicht, aber sie wiederholt ihre Lehren.“ So zumindest an diesem Abend. Paul Kaletsch war es, der eben nicht die Nerven verlor, sondern auch Siebenmeter sieben und acht zum 20:19 und 22:20 eiskalt versenkte und die Halle toben ließ, bevor Max Folchert mit der Abwehr des letzten TSB-Siebenmeters Sekunden vor dem Ende für ein Tollhaus Schänzle-Sporthalle Konstanz sorgte. „Ich habe unter der Woche mit meiner Mutter telefoniert. Sie hat mir gesagt, dass ich locker bleiben und mir keinen Stress machen soll. Sie meinte, ich soll dem Gegner entgegen lächeln und ihn auffressen“, erkläre Max Folchert lächelnd seine Nervenstärke. Insgesamt hatte er zwei Siebenmeter parieren können und bei zwei weiteren Versuchen die Heilbronner Schützen zu zwei weiteren Fehlwürfen gezwungen. Dann war Schluss und alle Dämme brachen. Jubelnd und schreiend lagen sich die Konstanzer in den Armen und durften sich darüber freuen, dass es dieses Mal sie waren, die die Nerven behielten und den kleinen Vorteil in der Schlussphase für sich nutzen konnten, während Heilbronn die Zeit davonlief und unter Zeitdruck die entscheidenden Fehler beging.
„20 Gegentore gegen diese Mannschaft, einfach genial, Hut ab, Respekt an das Team. Einfach brutal geile kämpferische Leistung. Wenn wir uns vertrauen und uns die Zeit lassen, sieht man auch, dass wir eine geile Truppe sind“, zeigte sich der zuletzt unter Schulterproblemen leidende Paul Kaletsch beeindruckt von der Trotzreaktion seiner Mannschaft in einer schwierigen Situation, die er auch gar nicht verhehlen wollte. „Auch ich habe mir zu viel den Kopf zerbrochen, wollte mich aber heute frei davon machen.“ Mit Erfolg, denn er erlaubte sich keinen Fehlwurf bei acht Versuchen von der Siebenmetermarke. „Der Schlusspunkt war natürlich genial“, so Max Folchert etwas erschöpft, „man sieht die Freude in allen Gesichtern. Wir haben uns für einen großen Kampf belohnt, jetzt ist da nur noch pures Glück.“ HSG-Cheftrainer Daniel Eblen war „einfach nur erleichtert“ nach dem sehnlichst erhofften ersten Saisonsieg. „Es war ein etwas konfuses Spiel und wir haben etwas Glück gebraucht, als wir den Faden verloren haben. Benjamin Schweda hat rotzfrech gespielt, hat Bewegung in unser Angriffsspiel und den Glauben an unsere Siegchance gebracht“, benennt er einige Gründe für den Erfolg und fügt an, „entscheidend war aber sicherlich die Abwehr, die heute wieder hervorragend funktioniert hat und wie Max Folchert richtig stark agiert hat. Zum Schluss haben wir dann die Big Points landen können.“ Die Frage, ob der Knoten damit geplatzt sei, wollte er erst nach einer erholsamen Nacht beantworten. Dies müssen ohnehin die nächsten Spiele zeigen, so wie das nächste Spiel am kommenden Samstag um 20 Uhr, wieder zu Hause in der Schänzlehalle, dann gegen den Aufsteiger TSV Neuhausen/Filder. Nach dem ersten Heimsieg wird der Konstanzer Übungsleiter aber – wie seine Spieler – wieder viel ruhigeren und erholsameren Schlaf finden.
HSG Konstanz: Sieck, Folchert (Tor); Kaletsch (11/8), Schlaich (2), Schweda (1), Groh (3), Riedel (2), Hafner (1), Mittendorf, Flockerzie (1), Stocker (1), Krüger, Lauber, Bruderhofer.
Zuschauer: 500.