Frankfurter HC legt MTV Altlandsberg lahm
Frankfurter HC legt MTV Altlandsberg lahm
Was war denn das? „Weiß ich nicht“, sagte Sylvia Kalina nach dem 22:29 (8:14) beim Frankfurter HC. Altlandsbergs verdienstvolle Kreisläuferin fand dann doch noch eine passende Antwort: „Totalversagen.“ Kurz. Knackig. Alles drin.
Klingt ziemlich brutal. Ist aber auch nötig nach 42 Ballverlusten (14 technische Fehler, 28 Fehlwürfe) in 60 Minuten. Selbstkritisch sind sie jedenfalls, die Drittliga-Damen in Grün-Weiß. Und dass sie nicht gekämpft hätten, kann man ihnen auch nicht vorwerfen. Sophie Lütke wurde sogar 39 Sekunden vor Schluss nach einem Durchbruchversuch zum Tor gefoult. Rot für die betreffende FHC-Spielerin. Und die Befürchtung, dass es dem MTV-Kapitän so ergehen könnte, wie ein Jahr zuvor in der Brandenburg-Halle. Damals musste die Torjägerin nach dem Crash mit einer Altlandsberger Teamkameradin sogar mit einem Schleudertrauma in die Klinik und dort drei Tage verbleiben. Das wurde Lütke diesmal erspart.
Das war es dann aber schon mit den guten Nachrichten. Die schlechten begannen sich schon vor dem Anpfiff zu verbreiten. Marion Priemer wird definitiv monatelang ausfallen. Die Kreis-Allrounderin, die vorrangig auf Rechtsaußen eingesetzt wird: „Meine Knorpelverletzung im Knie wird Ende des Monats operiert.“
Auch Christiane Wiechert wurde vermisst. Die Rückraumspielerin muss wegen einer Erkrankung ein Antibiotikum schlucken. Und Kathrin Wiehle plagt sich mit starken Achillessehnenbeschwerden herum. „Das alles kann aber keine Entschuldigung dafür sein, dass die verbliebenen Spielerinnen eine so schwache Vorstellung geboten haben“, sagte Altlandsbergs Trainer Fabian Lüdke und fragte sich, wie er sein Team schnellstens wieder auf Kurs bringen kann.
In Frankfurt ging gar nichts. 3:9 in der 20. Minute. Das erste Drittel ging völlig in die Hose. Keine Inspiration, kein Selbstvertrauen, kein durchgängiges Tempo. Dafür jede Menge Würfe in die gut gestaffelte und bewegliche Frankfurter Abwehr, jede Menge technische Fehler. So dass die vom MTV stammende FHC-Torhüterin Yana Silva Alfonso eher einen gemütlichen Nachmittag hatte, während den MTV-Keeperinnen die Bälle um die Ohren flogen.
Beim 11:20 (40.) drohte die Sache peinliche Züge anzunehmen. Dass es dann wieder etwas erträglicher wurde, lag daran, dass der FHC immer mehr Spielerinnen aus der zweite Leistungsreihe brachte. Und dass die eingewechselte Jenny Hass im Altlandsberger Tor ein paar schöne Paraden zeigte. „An meinem gehaltenem Siebenmeter habe ich mich hochgezogen“, meinte die 20-Jährige später.
Was ist zum Gesamtkonstrukt dieser Partie zu sagen? Frankfurts Achse Rückraum-Mitte/Kreis-Mitte funktionierte perfekt. Michele Dürrwald (zehn Tore) machte nicht nur im Rückraum das Treiben verrückt. Sie sorgte für Treffer von allen Positionen und aus allen Lagen. Das war sehenswert, so wie das gesamte Spiel der Gastgeberinnen. Frisch, geistig und körperlich beweglich. Das sah man schon beim Kampf um am Boden liegende Bälle, den der MTV immer wieder verlor. „Unsere zum Saisonstart neu formierte Mannschaft hat sich in allen Belangen weiterentwickelt“, freut sich FHC-Trainer Dietmar Schmidt, der Ex-Kreisläufer und Olympiasieger von 1980.
Der schleicht sich mit seinem Team langsam aber zielstrebig aus der Abstiegszone weg. Während sich die beiden anderen Teams der Region, der MTV und der TSC Berlin, dort unten immer mehr in die Klemme kommen. Die vor der Saison personell hoch aufgerüsteten Berlinerinnen verloren am Sonnabend sogar zu Hause 19:29 gegen Harrislee.
Natürlich leidet man beim MTV und seinen Fans. Es gibt zu wenig Highlights, wie zuletzt gegen die Top-Teams Bremen oder Wismar, gegen die man drei Punkte holte. Das gelingt aber nur, wenn Frauen, wie Kathrin Wiehle im Tor oder Sophie Lütke als Torjägerin über sich hinauswachsen und sich die anderen daran hochziehen. Klappt das nicht, gibt es Spiele, wie in Frankfurt.
Spiel vorbei. Aber es bleiben jede Menge Fragen. Zum Beispiel: Wie wird sich der MTV am kommenden Sonnabend (19 Uhr) in eigener Halle gegen die HSG Kropp-Tetenhusen präsentieren? Ein Team aus dem oberen Tabellendrittel. Steigert sich der MTV nicht enorm, reicht es für die im Norden aus, wenn sie ihre B-Jugend schicken.
Es fragt sich auch dringend: Wie können Vorstand, Verein, Sponsoren und Fans dem angeschlagenen Team helfen? Da muss sich im Hinblick auf die Zukunft dringend und schnell etwas tun. Ansonsten besteht allergrößte Gefahr, dass der leistungssportlich orientierte Handball ganz schnell in Altlandsberg vorbei ist. Es schrillt Alarmstufe ORANGE im Abstiegs- und Überlebenskampf. Klingt noch ganz niedlich. Ist aber bedrohlich. Sehr bedrohlich.
Frankfurter HC: Alfonso, Schneider; Hamann 2, J. Riedel 1/1, Förster 1, A. Riedel, Heinicke, Groke 2, Weier 3/3, Dürrwald 10, Kelm 3, Bartholomé, Winkowski 1, Müller 6.
MTV Altlandsberg: Kathrin Wiehle, Jenny Haß; Manja Berger 3, Sophie Lütke 3, Viktória Várkonyi 4, Lisa Schönfelder 2, Sylvia Kalina 2, Annika Fleck 6/6; Linda Mandelkow 2, Jasmin Weise.