7aac6faf61baec6.jpg

Pleite, Pech und Panne: HSG Konstanz verliert in Herrenberg äußerst unglücklich

10.11.2014
10.11.2014 · 3. Liga, Männer 3. Liga, Staffel Süd · Von: pm verein

Pleite, Pech und Panne: HSG Konstanz verliert in Herrenberg äußerst unglücklich

Eine hauchdünne 30:31 (15:16)-Pleite in Herrenberg, viel, sehr viel Pech und zum Abschluss eines unglücklichen Abends auch noch eine Panne mit einem der Mannschaftsbusse, der seinen Dienst auf der Rückfahrt noch in Herrenberg verweigerte. Es war schlicht ein richtig gebrauchter Tag für die HSG Konstanz, die trotz großen Kampfgeistes in Herrenberg und zwischenzeitlicher 23:20- (45.) bzw. 26:24-Führung (51.) und zweier großer Chancen in Unterzahl zum Ausgleich in den letzten Sekunden der dramatischen Partie das Spielfeld dennoch als Verlierer verlassen musste.

Da saßen sie nun. Der Blick minutenlang irgendwo ins Nichts gerichtet, mit versteinerter Miene scheinbar nicht mehr an diesem Ort. Einem Ort, der für die Spieler der HSG Konstanz in diesem Moment etwas Surreales haben musste. Ein Ort, von dem sie am liebsten so schnell wie möglich verschwunden wären. Einfach weg vom Ort des Geschehens einer unfassbar bitteren Pleite in Herrenberg. Leer, fassungslos und voller Enttäuschung waren die Konstanzer nach der Schlusssirene wie nasse Säcke zu Boden gesunken, während um sie herum alle Dämme brachen und Spieler und Betreuer des Gastgebers auf das Spielfeld gestürmt waren, um ihrem Torhüter, dem Ex-Konstanzer Marco Azevedo-Marques, um den Hals zu fallen und ihn unter sich zu begraben. Tanzend, hüpfend, schreiend ließen sie ihrer Freude über einen glücklichen Erfolg freien Lauf und konnten ihr Glück kaum fassen. Die Jubeltraube wollte sich gar nicht mehr auflösen, nachdem die SG mit dem fünften Sieg im sechsten Heimspiel auf Platz vier geklettert war.

Es musste etwas Außergewöhnliches passiert sein. Etwas Besonderes. Die 500 Zuschauer in Herrenberg, darunter der Fanclub und eine kleine, aber laustarke Fangruppe der HSG Konstanz, hatten „Werbung für den Handball“ erleben dürfen, so der Hallensprecher der Gastgeber. Sie wurden Zeuge eines rasanten, dramatischen und hochemotionalen Duells, das sich bis zum großen Finale immer weiter zugespitzt hatte.

Vorhang auf. Erster Akt. Schon in den ersten Minuten der Begegnung wurde klar: Es wird ein Spiel auf Biegen und Brechen. Ausgestattet mit viel Selbstvertrauen durch einen 6:2- der SG und gar eines 8:2-Laufs der HSG legten beide Mannschaften ein enorm hohes Tempo vor, auch wenn daraus der ein oder andere Fehler resultierte. Nachdem zunächst Konstanz mit dem 2:1 (4.) vorgelegt hatte, drehte Herrenberg den Spieß um und ging durch einen Doppelschlag des überragenden und insgesamt zehnmal erfolgreichen frischgebackenen Junioren-Nationalspielers Jona Schoch mit 3:2 in Führung (5.). Doch erneut schlug Konstanz zurück und ging nach 18 Minuten durch einen verwandelten Siebenmeter des an diesem Abend kaum zu stoppenden dreizehnfachen Torschützen Fabian Schlaich in Front. Bereits jetzt machte allerdings Azevedo-Marques im SG-Kasten durch tolle Paraden und gehaltene Siebenmeter auf sich aufmerksam. Insgesamt dreimal scheiterte die HSG beim Siebenmeter.

Erneut der bärenstrake Jona Schoch war es, der seine Mannschaft durch zwei Tore in Folge mit zwei Toren in Führung warf (11:9, 22.) bevor Konstanz sich ohne die nach wie vor verletzten Matthias Faißt, Marc Hafner und Stefan Bruderhofer kurz vor der Pause den wichtigen 15:16-Anschlusstreffer durch Simon Flockerzie erkämpfte.

Vorhang zu, kurze Pause vor dem zweiten Akt und dem großen Finale. Dem Spannungsbogen eines guten Theaterstücks entsprechend, hatte die zweite Halbzeit noch einmal mehr Intensität, Leidenschaft, Kampf und Drama zu bieten. Gelungene Spielzüge wechselten sich mit vielen wuchtigen Treffern aus dem Rückraum, aber auch immer wieder mit einigen technischen Fehlern auf beiden Seiten ab. Ein tolles, schnelles Spiel schien nach 43 Minuten in genau die Richtung zu Laufen, die sich HSG-Cheftrainer Daniel Eblen erhofft hatte. Ein Zwei-Tore-Rückstand wurde binnen weniger Minuten zu einer 22:19-Führung für Konstanz.

Doch aus einem 23:20 wurde ein 23:22, bevor sich die Schlüsselszene für die Konstanzer ereignete. Die 47. Minute wurde zum verhängnisvollen Wendepunkt, als der seit Wochen in Top-Form agierende Paul Kaletsch, nachdem er zuvor beim Treffer zum 23:20 in Unterzahl noch zwei sich an ihm festklammernde Gegenspieler abgeschüttelt hatte, mit einer roten Karte disqualifiziert wurde. Bis dato ohne jede Zeitstrafe ausgekommen, wollte er in Unterzahl und unter großem Zeitdruck, da bereits Zeitspiel angezeigt war, einen Freiwurf direkt ausführen – und traf einen Gegenspieler im Gesicht. Die nicht immer glücklich agierenden Schiedsrichter unterstellten ihm Absicht und schickten ihn vom Spielfeld.

Spätestens jetzt, im zweiten Akt, wurde es ein ganz heißes, emotionales Match, in dem beide Teams insgesamt sechs Zeitstrafen verkraften mussten. Geschockt durch den Verlust eines wichtigen Spielers wirkte die HSG fortan immer wieder etwas kopflos und zu hektisch. „Herrenberg hat am Ende kühleren Kopf bewahrt. Wir konnten die rote Karte für Paul nicht so einfach kompensieren, da er eine wichtige Rolle gespielt hat. Es war dann ganz schwierig für uns“, stellte Daniel Eblen bei der Pressekonferenz fest, nicht jedoch ohne unter großem Applaus der zahlreichen Zuhörer anzumerken, dass „es kein unfaires Spiel war“, welches derart viele Zeitstrafen benötigt hätte.

Trotzdem versuchte sein Team alles und kämpfte verbissen um die Chance auf 10:2 Punkte in Folge und den Sprung auf Platz vier. 26:24 nach 51 Minuten, dann 27:26 sieben Minuten vor dem Ende – der Coup in Herrenberg schien trotz aller Rückschläge immer noch möglich. Doch Herrenberg drehte das Spiel erneut und das Drama und Horror-Finale für die Gäste nahm ihren Lauf. Zuerst das 28:27 für die SG, dann scheiterte die HSG mit einem Siebenmeter, und lief dem Ein-Tor-Rückstand erneut verzweifelt und unter immer größerem Zeitdruck hinterher. „Wir haben uns schwer getan wieder eine klare Linie zu finden und sind immer mehr in Hektik verfallen“, beschrieb Daniel Eblen die emotionale Schlussphase, in der sein Team nach einer Zeitstrafe in der 58. Minute fast bis zum Schlusspfiff mit einem Mann weniger agieren musste.

Und dennoch schien bis zuletzt alles möglich. Dritter Akt, das große Finale. Konstanz hatte nach einem schnellen Gegenstoß zum 30:31-Anschluss und einem Fehlwurf der Herrenberger den letzten Angriff. 28 Sekunden blieben der HSG nach einer letzten Auszeit von Daniel Eblen. Zweimal war sie da, die große Chance zum Ausgleich und Happy End. Im ersten Versuch scheiterte mit einem zusätzlichen Feldspieler ausgerechnet der so stark spielende Fabian Schlaich von Linksaußen an Azevedo-Marques. Der Ball donnerte von seinem Bein jedoch an die Hallendecke. Freiwurf, noch sechs Sekunden. Erneut bekommt Fabian Schlaich den Ball, erneut wird er abgeblockt, dieses Mal von einem Abwehrspieler.

Leere auf der einen, leidenschaftliche Freude auf der anderen Seite brechen sich Bahn. Ein tolles Handballspiel mit dramatischem Drehbuch und untröstlichen Verlierern sowie überglücklichen Gewinnern war beendet. „Es war klar, dass es gegen Konstanz ein extrem schweres Spiel werden würde, wir hatten auch großen Respekt, vor allem vor dem Kreisspiel der HSG, was unglaublich schwer zu verteidigen ist. Wir sind trotzdem bei unserer 3:2:1-Abwehr geblieben und freuen uns jetzt richtig über die Punkte. Wir sind sicherlich ein glücklicher Sieger und hätten uns auch über einen Punkt nach diesem schnellen und emotionalen Duell gefreut“, so Herrenbergs Trainer Nico Kiener.

Am kommenden Samstag empfängt die HSG Konstanz in heimischer Schänzle-Sporthalle nun den drittplatzierten TSV Rödelsee, eines der besten Auswärtsteams der Liga. Gelegenheit, das Drehbuch neu zu schreiben und das Finale mit anderem Ausgang zu gestalten. „Es ist in jedem Spiel etwas drin, man kann aber auch schnell verlieren. Es geht verdammt eng zu in dieser Liga, da muss man jedes Spiel mental richtig angehen. Es gibt kaum Spiele in der Liga, die nicht auf Biegen und Brechen ablaufen“, blickt Daniel Eblen respektvoll aber auch zuversichtlich auf die nächste Aufgabe voraus, in der er dem Spiel wieder seinen Stempel aufdrücken möchte – und auf die Rückkehr von etwas Glück nach der bereits dritten hauchdünnen Niederlage in dieser Saison hofft.

HSG Konstanz: Wolf, Folchert (Tor); Kaletsch (4/1), Schlaich (13/4), Schweda (2), Groh (2), Riedel (6), Oesterle, Mittendorf, Flockerzie (1), Stocker, Oehler, Krüger, Lauber (2).

Zuschauer: 500.