Georg Clarke: ,, Das junge Engagement begeistern''.
Die Jugend muss den Handball mitgestalten und leben
Wenn am Samstag in Hamburg die Delegierten des Bundesjugendtages zusammenkommen, ist es für Georg Clarke nach 17 Jahren das letzte Mal als Vorsitzender der Jugendkommission. Seit 2008 hat der 62-Jährige dieses Amt inne, seitdem ist viel passiert im Handball im Allgemeinen und im deutschen Handball im Besonderen. Im Interview blickt der Präsident des Bayerischen Handballverbands auf diese Zeit zurück und erklärt, was er sich für seine Nachfolger wünscht.
Herr Clarke, wie kamen Sie zu Ihrem Amt als Vorsitzender der Jugend-Kommission?
Georg Clarke: Das war etwas kurios. Ich war damals der Vizepräsident Jugend im Bayerischen Handballverband und damit Mitglied des damaligen Bundesjugendtages. Weil Eberhard Kilian, der DHB-Vizepräsident Jugend, so hieß das Amt des heutigen Vorsitzenden der Jugend-Kommission damals, nach 18 Jahren nicht mehr antreten wollte, wurde eine Findungskommission einberufen. Es sollte ein neuer Kandidat gefunden werden und ich wurde in diese Kommission aufgenommen. Und am Ende bin ich aus dieser Kommission als Kandidat hervorgegangen.
In welcher Situation befand sich das Thema Jugend im deutschen Handball, als Sie 2008 als Vorsitzender der Jugend-Kommission Ihr Amt antraten?
Georg Clarke: Ich habe einen DHB vorgefunden, der eigentlich nur ein Thema hatte: Leistungssport. Das war die Aufgabe des DHB. Und der größte Schwerpunkt war die A-Nationalmannschaft der Männer. Mit mehr Themen hat sich der DHB nicht beschäftigt. Themen wie Mitgliederentwicklung oder Nachwuchs waren nicht präsent. Im Umkehrschluss waren die Landesverbände auf sich alleine gestellt und waren in manchen Themen weiter und professioneller als der DHB.
Was hat sich dann in den nächsten Jahren verändert?
Georg Clarke: Es hat sich viel zum Positiven entwickelt. Das hat Fahrt aufgenommen mit der Installation einer Strategie-Kommission 2011 unter der Leitung von Bernhard Bauer, der dann 2013 bis 2015 DHB-Präsident war. Daraus entstand, dass neben dem Leistungssport die Mitgliederentwicklung und damit der Jugendbereich als zweite Säule aufgenommen wurde. Später kam als dritte Säule das Thema Image und Außenwirkung noch dazu. Das waren Themen, die vor 2013 vom DHB nicht bespielt wurden.
Und was war die Entwicklung im Bereich Jugend?
Georg Clarke: Der Jugendbereich hat sich darauf spezialisiert, dass wir für das junge Engagement Leute begeistern und überhaupt junge Leute für Handball begeistern. Wir wollen junge Menschen sensibilisieren mitzuarbeiten, mitzugestalten und auch Verantwortung zu übernehmen.
Was sind dann die konkreten Aufgaben des jungen Engagements, um diese Ziele zu erreichen?
Georg Clarke: Wir hören in unsere Mitglieder und vor allem in die jungen Mitglieder rein. Wie wird Handball wahrgenommen? Wie sollte der Handball aus deren Sicht sein? Was ist positiv, was ist negativ? Und dann geht es darum, diese Strömungen und Meinungen weiterzuverbreiten, dass sie in den Gremien des DHB landen. Damit nicht nur alte Leute wie ich sagen sollen, wie der Handball aussehen soll. Die Jugend muss den Handball mitgestalten und leben. Das macht der DHB mittlerweile ausgezeichnet, junge Leute für die Mitarbeit im Ehrenamt, im Verband und im Verein zu begeistern. Das hat sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich verändert.
Was für einen Handball wollen junge Menschen heutzutage?
Georg Clarke: Junge Leute brauchen Projekte, zeitlich begrenzte Räume und Freiraum. Ämter wie Schriftführer oder Kassenwart sind keine Ressorts für die Jugend von heute. Sie wollen sich lieber außerhalb von festen Strukturen bewegen. Aber sie wollen trotzdem mitgestalten. Es ist wichtig, dass man auch frei spinnen darf, um zu überlegen, wie man den Handball verbessern und entwickeln kann.
Was waren in 17 Jahren Ihre Highlights als Vorsitzender der Jugend-Kommission?
Georg Clarke: Ich hatte angelehnt an das Deutsche Turnfest den Traum und die Vision, ein Event zu schaffen, bei dem Menschen, die sich für Handball begeistern, zusammenkommen, Spaß haben, in Bewegung sind und über Handball reden. Zusammen mit Martin Goepfert (Vorstand Mitglieder, Anm. d. Red.) haben wir das Engagementfestival geschaffen, das ist eines der persönlichen Highlights in meiner Amtszeit. Da kommen über 200 Leute zusammen, die teilweise schon Funktionen oder Ämter haben, aber auch solche, die einfach handballbegeistert sind. Und die tauschen sich in Workshops aus, wie der Handball der Zukunft aussehen soll, spielen aber auch Handball, Beach-Handball oder Five-a-Side-Handball. So eine Veranstaltung ist in der deutschen Sportlandschaft einzigartig.
Beim diesjährigen Bundesjugendtag kandidieren Sie nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden der Jugend-Kommission. Was sind die Beweggründe dafür?
Georg Clarke: Das ist relativ einfach: Es gibt vier, fünf Leute in der Jugendkommission im Alter von 25 bis 35 Jahren. Ich bin der Meinung, die können den Handball deutlich besser gestalten als ich mit meinen 62 Jahren. Man darf es nicht versäumen, den Staffelstab rechtzeitig zu übergeben, wenn es junge Engagierte wie Josefine Gorka (kandidiert für das Amt der Vorsitzenden der Jugendkommission, Anm. d. Red.) gibt, die Verantwortung übernehmen wollen. Außerdem ist es auch für die Außenwirkung besser, wenn der Vorsitzender der Jugendkommission auch jung ist.
Was wünschen Sie sich für Ihren Nachfolger?
Georg Clarke: Dass er oder sie mit hoher Kreativität und viel Freiraum für die Mitarbeit an Themen der Mitgliederentwicklung arbeitet. Und dass der Fokus tatsächlich bei den Mitgliedern an der Basis ist und dass derjenige sich nicht so sehr von den Zwängen eines Spitzensportverbands treiben lässt.