Mehr Austausch für mehr Sichtbarkeit
Teamsport Deutschland: Grijseels und Schwabe über Sichtbarkeit von Frauensport
Manchmal hilft der Blick nach links und rechts, um aus einem Gefühl eine Evidenz zu machen. Die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen erstreckt sich in verschiedener Ausprägung über alle Sportarten. Beim Austausch zwischen Hockey-Nationalspielerin Sophia Schwabe und Alina Grijseels, Spielmacherin der deutschen Handball-Nationalmannschaft, in der Geschäftsstelle des Deutschen Handballbundes (DHB) in Dortmund, berichten beide davon, wie sehr ihre Sportart mehr Aufmerksamkeit braucht.
Eine harte Währung im Profisport ist Sichtbarkeit. Denn die beeinflusst alles. Über Aufmerksamkeit kommen Zuschauerinteresse, Sponsoren-Partnerschaften sowie Förderungen und die bringen finanzielle Mittel. Damit kann man den Sport weiterentwickeln und attraktiver gestalten, was wiederum zu mehr Sichtbarkeit führen kann.
Das große Problem: Die Männer bekommen nahezu immer die größere Bühne als die Frauen. Im Hockey waren die Männer früher erfolgreicher, da sei das berechtigt gewesen, findet Schwabe. „Vor allem in den letzten Jahren hat sich super viel entwickelt im Frauenhockey, athletisch, technisch, hockeymäßig. Wir sind da mittlerweile auf einem Top-Niveau.“ In der Logik Erfolg führt automatisch zu Aufmerksamkeit, müsste also über das Frauen-Hockey ähnlich ausführlich berichtet werden wie über Männer-Hockey. Ist aber nicht so. „Ich würde mir schon wünschen, dass die Frauen mehr gesehen werden“, sagt Schwabe. Das gilt genauso für den Handball. Aus Sicht von Grijseels muss man aber einen Schritt vorher ansetzen. „Erst einmal muss die Leistung, die Frauen erbringen, genauso respektiert werden wie die der Männer“, sagt die 29-Jährige. „Wir betreiben genau den gleichen Aufwand, um die Sportart auszuüben.“
Männersport ist genetisch bedingt kraftvoller, im Frauenhandball wird dafür ein größerer Fokus auf die spielerische Komponente gelegt. „Es gibt Unterschiede, die aber den Sport nicht abwerten“, sagt Grijseels. „Jede Sportart hat ihre Vorteile und Punkte, die gefallen können.“ Und dann kommt die Rückraumspielerin von Borussia Dortmund zum entscheidenden Punkt: Die Vergleiche zwischen Männer- und Frauensport sind sinnlos und kontraproduktiv. Grijseels nennt als Beispiel die Diskussion rund um die deutliche Testspiel-Niederlage der Schweizer Fußball-Nationalmannschaft vor der Frauen-EM gegen ein männliches U15-Team. Es hagelte Häme. „Hört auf das zu vergleichen“, fordert Grijseels. „Es gibt hier komplett andere körperliche Voraussetzungen. Nur weil der Sport anders betrieben wird, ist er nicht weniger interessant.“ Das riesige Faninteresse an der EM im Anschluss stützt diese These vollumfänglich.
Die Fußballerinnen haben es also geschafft. Volle Stadion, enorme Einschaltquoten der TV-Zuschauer, die mediale Aufmerksamkeit war groß. Hockey und Handball wollen diesen Weg ebenfalls gehen. BVB-Spielerin Grijseels sieht die Bewegung Hands up for more als wichtigen Schritt in diese Richtung. „Dadurch wird viel getan, um den Frauenhandball nachhaltig positiv zu gestalten“, erklärt die 29-Jährige. „Und es sorgt dafür, dass man sich mehr Gedanken über Themen macht, die sonst nicht so im Vordergrund sind wie Familienplanung.“
Die Vereinbarkeit von Schwangerschaft und Profisport, Bezahlung, professionelle Rahmenbedingungen: Es sind Themen, die Frauen-Sportarten aber auch alle anderen gesellschaftlichen Bereiche betreffen. Und überall werden sie zu wenig behandelt. Da hilft es, wenn man sich zusammentut. Hockeyspielerin Schwabe sagt: „Ich glaube, dieser Austausch ist ganz, ganz wichtig für eine gewisse Reichweite.“ Die Initiative Teamsport Deutschland soll genau diesen Austausch fördern, sodass am Ende alle Sportarten im Allgemeinen und die Frauen in diesen Sportarten im Besonderen voneinander profitieren.