Heute vor 50 Jahren: Das Ende der Feldhandball-Ära beim DHB

Heute vor 50 Jahren: Das Ende der Feldhandball-Ära beim DHB

10.08.2025 | Verband

 

TSG Haßloch wird „ewiger“ Deutscher Meister gegen TuS Nettelstedt 

 

Vor genau 50 Jahren endet die Ära des Feldhandballs im Deutschen Handballbund (DHB): Im letzten Finale um die Deutsche Meisterschaft gewinnt die TSG Haßloch (Landkreises Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz) völlig überraschend gegen den hochfavorisierten TuS Nettelstedt (heute TuS N-Lübbecke) mit 15:14 (7:8) seinen ersten Titel in der Vereinsgeschichte und gleichzeitig den letzten, den der DHB für diese Spielform des Handballs vergibt. 

Wir schreiben Sonntag, den 10. August 1975, sind im Stadion an der Obernfelder Allee in Lübbecke (heute Mühlenkreis Minden-Lübbecke in Ostwestfalen), wo insgesamt 6.000 Zuschauer – so schreibt die Deutsche Handballwoche später – bei idealem Sommerwetter um 10.45 Uhr den Anpfiff von Schiedsrichter Hans-Werner Reimer (Hamburg) erwarten. Die meisten rechnen mit einem klaren Sieg des TuS Nettelstedt, der mit seinem Star Milan Lazarevic (heute 77) aus dem Hallen-Olympia-Siegerteam Jugoslawiens von München 1972 antritt.  

Doch der Spielverlauf gestaltet sich etwas anders. Am Ende gehen die Spieler der TSG Haßloch knapp mit einem Tor Vorsprung als strahlende Sieger vom Platz: „Die Enttäuschung über die Niederlage saß zwar tief, wurde aber für uns zum Ansporn, denn im Jahr danach sind wir in der Halle in die erste Bundesliga aufgestiegen“, erinnert sich Nettelstedts-Kapitän Herbert Lübking (83), damals auch Rekord-Nationalspieler des DHB und erster Spieler mit über 100 Einsätzen im DHB-Trikot.     

Die beiden Großfeld-Finalsten hatten sich jeweils im Halbfinale aus den fünf Regionalligameistern qualifiziert: Nettelstedt besiegte dabei die Reinickendorfer Füchse mit 22:15 und Haßloch bezwang den TSV 1895 Oftersheim aus der Nähe von Heidelberg mit 14:13. Die sieben Spielzeiten der Feldhandball-Bundesliga von 1967 bis 1973 waren da schon längst abgeschlossen. Das schleichende Ende vom Handball draußen auf dem Fußballfeld hatte sich schon im Jahre 1972 angekündigt: Wegen Olympia in München wurde kein Deutschen Meister, sondern mit dem TV Hochdorf (Landkreis Esslingen in Baden-Württemberg) nur ein „Deutscher Pokalmeister“ ermittelt. 

Auf dem Jahnplatz in Haßloch hat man dem Meisterteam von 1975 mit einer eindrucksvollen Bronze-Skulptur (Titel: „Der Feldhandballer“) ein ehrwürdiges Denkmal gesetzt. Die feierliche Einweihung der Kunstfigur, die in einer dynamischen Pose mit einem Ball in der Hand die Ausholbewegung eines Linkshänders zum Torwurf zeigt, fand am 23. April 2024 in Anwesenheit der Meister-Akteure von damals und zahlreichen Gästen statt.  

Die ewigen Deutschen Meister 1975 der TSG Haßloch auf Großfeld sind: Dieter Boos (Tor), Klaus Bachofner (1), Gerd Leidig, Jürgen Unruh, Horst Stahler (1), Wilhelm Leibl (2), Hans Jung, Peter Frisch (2), Heiner Würth (2), Gundolf Porr (4), Karl-Heinz Hubach (2), Richard Schüle (1); Trainer war Franz Hutter (86). 

Zum ewigen Vizemeister-Team des TuS Nettelstedt von 1975 gehören: Willi Möhle und Heinz Becker (Tor), Horst Selle, Rainer Gosewinkel (2), Herbert Nottmeier, Helmut Hucke, Erwin Heuer, Günther Rubin, Jürgen Glombek, Herbert Lübking (1), Hans-Jürgen Schulenburg (4), Thomas Falkenthal, Milan Lazarevic (6), Hans Schnepel, Heiner Möller (1); Trainer war Erich Klose (1926-2019). 

Um die Geschichte des Feldhandballs im DHB beziehungsweise in Deutschland kurz zu Ende zu erzählen: Das erste DHB-Großfeld-Finale gewann der THW Kiel am 2. Juli 1950 gegen SV Polizei Hamburg (10:9) vor 22.000 Zuschauern im Kieler Holstein-Stadion. Bei den Frauen gab es solche Endspiele von 1950 (Sieger: VfL München) bis 1968 mit dem 1. FC Nürnberg als „ewiger“ Deutscher Frauen-Meister und Rekord-Halter mit insgesamt vier Titeln. Danach wurden bei den Frauen bis 1973 Deutsche Meisterschaften auf Kleinfeld ausgetragen. 

In der DDR ging die Großfeldzeit schon viel früher zu Ende: 1967 mit dem SC Leipzig bei den Frauen und dem SC Magdeburg bei den Männern als „letzte“ Meister. Als weltbeste Vereinsmannschaft in der Geschichte des DHB auf Großfeld gilt der TSV Grün-Weiß Dankersen (heute GWD Minden) mit drei nationalen Titeln (1967, 1970 und 1971) sowie dem dreimaligen Gewinn des Europapokals der Landesmeister (1968, 1969 und 1970), dem einzigen Wettbewerb der IHF im Feldhandball, der allerdings auch nur dreimal ausgespielt wurde. 

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann