Schulze: „Wir wissen, was wir können“
V.l.n.r.: Die Nationalspielerinnen Jenny Behrend, Shenia Minevskaja und Luisa Schulze - Foto: Marco Wolf
27.11.2019 A-Frauen

Schulze: „Wir wissen, was wir können“

Vor dem WM-Start in Japan sprechen die beiden deutschen Spielerinnen mit den meisten WM-Partien über Chancen und Risiken: Shenia Minevskaja und Luisa Schulze

Im deutschen WM-Kader für Japan hat niemand mehr Spiele bei Weltmeisterschaften absolviert als Kreisläuferin Luisa Schulze (29, SG BBM Bietigheim) und Rückraumspielerin Shenia Minevskaja (27, Brest Handball). Beide lachen beim Begriff „Mütter der Kompanie“, beiden wollen aber auch ihre Erfahrung in die Waagschale werfen, um das große Ziel Olympia-Qualifikationsturnier zu erreichen. In diesem Interview berichten sie auch über den Übergang vom Klub zum Nationalteam, nachdem Minevskaja und Schulze in der Champions League in dieser Saison bereits zweimal gegeneinander spielten.

Shenia Minevskaja, sechs Siege aus sechs Gruppenspielen in der Königsklasse, darunter zwei gegen Bietigheim – hatten Sie damit gerechnet, bevor Sie nach Brest gewechselt waren?

Shenia Minevskaja: Niemals, das kam richtig überraschend, das hätte ich nicht für möglich gehalten.

Sorgen solche Erfolge für ein deutliches Plus an Selbstvertrauen, jetzt auch fürs Nationalteam?

Shenia Minevskaja: Es tut definitiv gut, diese Siege im Rücken zu haben, generell tat mir mein Wechsel gut. Es war eine Luftveränderung, nicht nur, weil ich jetzt Seeluft am Atlantik atme. Ich bin einfach einmal raus, und das macht Spaß und läuft gut.

Luisa Schulze, einer der Leidtragenden von Brests Höhenflug war Bietigheim. Hat das Aus in der Champions League die Bietigheimer Spielerinnen belastet, als sie vor eineinhalb Woche zum Nationalteam kamen?

Luisa Schulze: Anfangs mussten wir das erstmal verdauen, das ist richtig. Wir hatten andere Ziele gehabt, sind international aber an unsere Grenzen gestoßen. Es ist schon etwas anderes, Woche für Woche auf internationalem Topniveau zu spielen. Es hat leider nicht gereicht, aber als wir uns mit dem Nationalteam trafen, habe ich schnell den Schalter umlegen können. Jetzt bin ich heiß darauf, dass die WM am Samstag endlich losgeht. Wir haben alle gemeinsam ein großes Ziel mit dem Ticket für ein Olympia-Qualifikationsturnier.

Keine aktuelle DHB-Nationalspielerin hat mehr WM-Spiele als Sie beide…

Shenia Minevskaja: Echt? Das habe ich nicht gewusst. Du?

Luisa Schulze: Nö, interessant, aber dazu habe ich mir auch noch keinen Kopf gemacht.

Sehen Sie sich somit als die Mütter der Kompanie?

Luisa Schulze: (lacht) Ich will versuchen, meine Erfahrung weiterzugeben und der Mannschaft zu helfen. Aber im Endeffekt ist es egal, wer wie viele Spiele absolviert hat. Wir alle spielen für ein Team, wir wollen in zwei Woche mit diesem Ticket zur Olympiaquali wieder nach Hause fliegen.

Shenia Minevskaja: Man hat natürlich andere Aufgaben heute. Als wir Frischlinge waren, mussten wir die Bälle tragen, das machen heute andere. Ich habe mir auch nicht so viel Gedanken gemacht, wer wie viel Erfahrung hat, alle sind heiß, egal, wie viele Länderspiele sie haben.

Luisa Schulze: Und wenn du einmal eine EM gespielt hast, weißt du ja auch in etwa wie eine WM läuft, Turnier ist eben Turnier. Allerdings ist es schon was anderes, wenn es außerhalb Europas ist. Ich war 2011 in Brasilien dabei, als wir diesen President‘s Cup gewonnen hatten, ich war auch 2010 in Südkorea mit den Juniorinnen – daher wusste ich, dass es außerhalb Europas schon etwas anders läuft.

Brasilien ist am Samstag der erste Gegner – ist es wirklich so, dass Sie alle nur ans erste Spiel und noch nicht darüber hinausdenken?

Luisa Schulze: Genauso ist es. Auch wenn es sich platt anhört: Wir denken von Spiel zu Spiel. Wir wissen, dass Brasilien alles von uns abverlangen wird, wir wissen aber auch, was wir können. Es macht auch keinen Sinn, im Voraus so viel zu rechnen und zu denken, was wäre, wenn.

Shenia Minevskaja: Wir sind immer gut damit gefahren, den Fokus auf uns zu haben und unser Spiel auf die Platte zu bringen. Natürlich muss man sich mit dem jeweiligen Gegner befassen, aber erst einmal geht es um uns.

Im Vergleich zur EM 2018 sind Kim Naidzinavicius und Sie wieder dabei, dafür fehlt Xenia Smits – wie sind die Rollen im Rückraum verteilt?

Shenia Minevskaja: So wie der Trainer uns aufstellt. Wir haben viele Alternativen, und jede Spielerin ist professionell genug zu wissen, was sie machen soll und wie sie am besten für das Team spielt. Und wir wissen genau, wie wir gegenseitig von uns profitieren können.

Am Kreis hat Deutschland drei völlig unterschiedliche Spielerinnen zur Verfügung…

Luisa Schulze: Genau, unser Trio passt wirklich super zusammen, vielleicht weil wir gerade so unterschiedlich sind. Wir haben bei der EM vor einem Jahr schon gesehen, dass wir uns toll ergänzen und dass jede von uns andere Stärken hat. Es macht Spaß, sich so zu unterstützen. Wir helfen und pushen uns gegenseitig.

(BP)

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