1988 in Seoul: Deutsche Schiedsrichter schreiben Geschichte
Die Südkoreanerinnen jubeln über ihren Olympiasieg. -Foto: Imago Images / WEREK
24.06.2021 Verband

1988 in Seoul: Deutsche Schiedsrichter schreiben Geschichte

Große DHB-Olympiaserie mit Fokus auf das letzte Turnier vor der Wiedervereinigung. Nur ein deutsches Team am Start, Gastgeber im Medaillenrausch

Nach zwölf Jahren und den Olympiaboykotten von Moskau und Los Angeles standen 1988 in Seoul erstmals wieder alle Weltklassemannschaften in den olympischen Handballturnieren auf dem Feld. Während die Männer auch weiterhin mit zwölf Mannschaften starteten, wurde das Feld des Frauenturniers erstmals auf acht Teilnehmer erhöht. Und in Seoul machte sich die jahrelange Aufbauarbeit der Gastgeber bezahlt: Die Frauen wurden erstmals Olympiasieger, die Männer erreichten mit der Silbermedaille das bisher beste Ergebnis bei Olympischen Spielen. 

Aus deutscher Sicht war Seoul 1988 nicht unbedingt der olympische Höhepunkt: Als Siebter der Männer-Weltmeisterschaft 1986 in der Schweiz, wo die DDR mit Bronze die letzte Medaille vor der Wiedervereinigung errang, verpasste die DHB-Auswahl die Qualifikation. Die DDR war nach einer starken Vorrunde mit drei Siegen und zwei Niederlagen hinter Gruppensieger Südkorea punktgleich mit Ungarn und der CSSR – hatte aber die schlechteste Tordifferenz. Statt des Bronzefinals ging es am Ende um Rang sieben. Und diese Partie gegen Island (inklusive des aktuellen Bundestrainers Alfred Gislason) schrieb Olympiageschichte – denn erstmals bei einem Handballspiel unter den fünf Ringen reichten nicht einmal zwei Verlängerungen, um den Sieger zu bestimmen: Die DDR gewann schließlich nach der Premiere des Siebenmeterwerfens 31:29. 

Souverän lag in der Parallelgruppe am Ende die Sowjetunion mit 10:0 Zählern drei Punkte vor dem zweitplatzierten Team aus Jugoslawien, das am Ende durch ein 27:23 über Ungarn Bronze gewann. Die Sowjetunion feierte schließlich durch den 32:25 (17:11)-Finalsieg über Korea ihr zweites Olympiagold – zum zweiten Mal unter Trainer Anatoli Yewtuschenko. In der Siegermannschaft standen weltbekannte Namen wie Alexander Tutschkin, Alexander Karschakevitsch oder Jury Schewtsow. Im Tor stand ein junger Mann namens Andrej Lawrow, der später Geschichte schreiben sollte – als bislang einziger Handballer, der dreimal Olympiasieger wurde. Hinter dem späteren Welthandballer Kim Jae-Won wurde DDR-Spieler Rückraumspieler Rüdiger Borchardt zweitbester Torschütze mit 42 Treffern. 

Bei den Frauen war erstmals in der Olympiageschichte keine deutsche Mannschaft am Start, und dies, obwohl die Anzahl der Teams von sechs auf acht erhöht worden war. Der DDR reichte nicht einmal der vierte Platz bei der WM 1986 für die Olympiaqualifikation. Dafür schrieben aber deutsche Schiedsrichter Geschichte: Niemals zuvor und niemals danach leiteten zwei deutsche Gespanne Olympiafinals: Manfred Prause und Erhard Hofmann aus Offenburg vertraten die BRD im Männer-Finale Sowjetunion gegen Südkorea, Peter Rauchfuß und Rudolf Buchta aus der DDR waren die Schiedsrichter des Frauenendspiels Südkorea gegen Norwegen. Während Prause später Schiedsrichterchef der EHF und IHF wurde, war Rauchfuß bis zu seinem Tod 2016 Schiedsrichterchef des Deutschen Handballbundes. 

Abschlussklassement Männer: 
Gold: Sowjetunion, Silber: Südkorea, Bronze: Jugoslawien – 4. Ungarn, 5. Schweden, 6. CSSR, 7. DDR, 8. Island, 9. Spanien, 10. Algerien, 11. Japan, 12. USA 

Kader DDR: Rüdiger Borchardt, Jens Fiedler, Mike Fuhrig, Matthias Hahn, Stephan Hauck, Peter Hofmann, Bernd Metzke, Andreas Neitzel, Peter Pysall, Wieland Schmidt, Holger Schneider, Frank-Michael Wahl, Holger Winselmann; Trainer: Paul Tiedemann 

Ergebnisse DDR: Vorrunde: 25:18 gegen Japan, 22:23 gegen Südkorea, 21:20 gegen Spanien, 24:21 gegen CSSR, 18:17 gegen Ungarn, Spiel um Platz sieben: 31:29 gegen Island nach zweifacher Verlängerung und Siebenmeterwerfen 

Abschlussklassement Frauen: 
Gold: Südkorea, Silber: Norwegen, Bronze: Sowjetunion, 4. Jugoslawien, 5. CSSR, China, 8. USA, 8. Elfenbeinküste 

(BP) 

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